# taz.de -- Kahlschlag im Hambacher Forst: Die Justiz ist wieder am Zug
       
       > 2017 hatte die Arnsberger Bezirksregierung die Rodungen für den
       > Braunkohlebau vorläufig gestoppt. Nun rudert sie wieder zurück – was
       > jetzt?
       
 (IMG) Bild: Hier wurde schon geholzt bevor die Bezirksregierung den Stopp verhängte
       
       AACHEN taz | „Braunkohleabbau in Hambach kann weitergehen“ – Diese
       Überschrift einer Agenturmeldung jagte vielen Umweltengagierten am
       Donnerstagmittag erst mal einen Schreck ein. Fahren die Bagger schon wieder
       los?
       
       Nein, die zuständige Bezirksregierung Arnsberg hat nur formal [1][den
       Hauptbetriebsplan für die Tagebaue in der rheinischen Bucht bei Köln bis
       2020 weiter genehmigt]. Sozusagen eine Grundsatzentscheidung, dass die
       Erlaubnis zum Weitergraben nicht offensichtlich rechtsfehlerhaft ist.
       
       Ab 1. April ist aus Naturschutzgründen ohnehin gesetzliches Rodungsverbot,
       die Bagger von RWE Power können erst ab Oktober die Anweisung bekommen:
       Schaufel frei, Sägen los, weg mit dem Wald.
       
       Die ersten Reaktionen waren erwartbar: Die [2][NRW-Grünen] sehen ein
       „fatales Zeichen“ für den Klimaschutz. [3][RWE Power] freut sich: „Damit
       können wir unseren wichtigen Beitrag für die Energieversorgung fortsetzen.“
       Was so viel bedeutet wie: mit der Steinzeittechnologie Braunkohle als
       größtem Feinstaub- und CO2-Verpester des Landes weitermachen.
       
       ## Der älteste Wald Nordrhein-Westfalens
       
       „Die Entscheidung der Bezirksregierung war auch nicht anders zu erwarten“,
       sagt der Aachener Waldpädagoge und Braunkohlegegner Michael Zobel, „alles
       andere wäre eine Sensation gewesen“. Die Bezirksregierung habe im Vorfeld
       schon gesagt, dass sie kein Gericht sei. Soll heißen: Man wisse in Arnsberg
       genau, dass der Ball für weitere Entscheidungen wieder bei der Justiz
       liegt. „Jetzt geht es auf der juristischen Schiene weiter.“ Die
       [4][Klage-Anträge des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland] beim
       Oberverwaltungsgericht Münster laufen schon. Für alle Initiativen gebe es
       jetzt „noch mehr Motivation für den Wald weiterzukämpfen“, meint Zobel.
       
       Naturrechtlich stellt sich die Frage, ob der älteste Wald
       Nordrhein-Westfalens in ein europäisches Netz von Schutzgebieten
       aufgenommen werden muss – also auf gut Fachdeutsch: ob das Vorgehen den
       europäischen [5][Flora-Fauna-Habitat-Kriterien] entspricht. Das hätte jede
       Landesregierung – mit oder ohne grüne Beteiligung – seit Jahrzehnten bei
       EU-Behörden prüfen lassen können. Die Landesregierungen taten nichts. Statt
       dessen schrieben sie lieber den politischen Willen zum Braunkohletagebau
       fort.
       
       Nachdem eben jene zweifelnde Arnsberger Bezirksregierung im November 2017
       für mindestens neun Monate einen Rodungsstopp ausgelöst hatte, blieb es im
       Hambacher Forst lange ruhig. UmweltaktivistInnen träumten schon vom
       endgültigen Aus aller Grabungen an der Südflanke des Tagesbaus. Erst als
       die Polizei im Februar bei der Räumung von Barrikaden im „Hambi“ [6][ein
       halbes Dutzend Waldbesetzer vorläufig festnahm] und erst nach fast zwei
       Monaten U-Haft vor zwei Wochen auf gerichtliche Verfügung hin wieder frei
       ließ, flammten die Debatten erneut auf.
       
       Seitdem rumort es im Forst. Wie zur Rache gab es umgehend neue Räumungen,
       neue Festnahmen, neue U-Haft für drei Personen. Sie hätten mit Pyros
       geworfen, so die Polizei. Der womöglich explosive Inhalt von
       „bombenähnlichen Gegenständen“, getarnt als Christbaumkugeln, die im
       November im Wald gefunden worden waren, ist bis heute nicht untersucht.
       
       Michael Zobel lädt am 15. April zum 48. Waldspaziergang in den Hambacher
       Forst; bislang nahmen mehr als 12.000 Menschen an seinen Führungen teil.
       
       29 Mar 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bezreg-arnsberg.nrw.de/presse/2018/03/063_18_03_29/index.php
 (DIR) [2] https://gruene-nrw.de/presse/bezirksregierung-hambacher-wald/
 (DIR) [3] https://news.rwe.com/zulassung-des-hauptbetriebsplans-hambach-2018-2020-ermoglicht-planmaige-entwicklung-des-tagebaus/
 (DIR) [4] https://www.bund-nrw.de/themen/braunkohle/hintergruende-und-publikationen/braunkohlentagebaue/hambach/bund-klage-gegen-hambach/
 (DIR) [5] http://www.fauna-flora-habitatrichtlinie.de/
 (DIR) [6] /Proteste-im-Hambacher-Forst/!5492067
       
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