# taz.de -- EU-Debatte um die Vergiftung Skripals: Bedingte Solidarität mit London
       
       > Die EU-Außenminister stellen sich hinter Großbritannien. Nur Athen mahnt
       > zur Vorsicht. Eine Schuldzuweisung an Russland bleibt gänzlich aus.
       
 (IMG) Bild: Ein Polizeiwagen neben dem Grab von Alexander Skripal, dem Sohn von Sergej Skripal, in London
       
       BRÜSSEL taz | Uneingeschränkte Solidarität mit Großbritannien, aber keine
       eindeutige Schuldzuweisung an Russland: Die EU-Außenminister haben sich im
       Fall des Giftanschlags von Salisbury für einen Mittelweg entschieden. Bei
       einem Treffen in Brüssel sprachen sie sich auch für eine unabhängige
       Untersuchung aus.
       
       „Die EU begrüßt die Bereitschaft Großbritanniens, eng mit der Organisation
       für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) zusammenzuarbeiten“, heißt es in
       einer Minister-Erklärung. Russland wird gleichzeitig „dringend“
       aufgefordert, die von der britischen Regierung aufgeworfenen Fragen zu
       klären und mit der OPCW zu kooperieren.
       
       Die in Den Haag ansässige Organisation hatte im September vergangenen
       Jahres offiziell festgestellt, dass Russland seine Bestände an Giftgas
       vollständig vernichtet habe. OPCW-Generaldirektor Ahmet Üzümcü hatte
       Russland damals sogar öffentlich gratuliert. Doch das wird nun von der EU
       infrage gestellt.
       
       Russland müsse gegenüber der OPCW sofort sein Programm des Nervengifts
       Novichok offenlegen, heißt es im Statement der Außenminister. Der russische
       Ex-Spion Sergej Skripal und seine Tochter Yulia waren nach britischen
       Angaben mit Novichok angegriffen worden. Das Nervengift war in der früheren
       Sowjetunion entwickelt worden; Die Fabrik befand sich auf dem Gebiet des
       heutigen Usbekistan.
       
       ## Experten sollen die Herkunft des Nervengifts klären
       
       Nach dem Zerfall der Sowjetunion könnte der Kampfstoff auch in anderen
       Ex-Republiken wie Kasachstan gelandet sein. Die genaue Herkunft sollen nun
       Experten der OPCW klären, die am Montag in Großbritannien erwartet wurden.
       Nach Angaben des Außenministeriums in London dürften die Ergebnisse
       frühestens in zwei Wochen vorliegen.
       
       Großbritannien, Deutschland und Frankreich haben sich dennoch bereits
       festgelegt. Alle Informationen deuteten darauf hin, „dass es keine
       alternative plausible Erklärung dafür gibt, dass hier auch eine
       Mitverantwortung der russischen Seite besteht“, sagte Bundesaußenminister
       Heiko Maas (SPD) bei seinem ersten Besuch im neuen Amt in Brüssel.
       
       Demgegenüber mahnte Griechenland zu Zurückhaltung. Außenminister Nikos
       Kotzias habe sich „für eine Abschwächung der Erklärung eingesetzt“, sagte
       ein Diplomat. „Die überwiegende Mehrheit hat sich einen schärferen Text
       vorstellen können.“ Letztlich habe sich Griechenland aber zu einer
       möglichen Verantwortlichkeit Russlands bekannt.
       
       Die linksgeführte Regierung in Athen hat sich in der EU immer wieder auch
       für die Lockerung von Sanktionen gegen Moskau im Ukraine-Konflikt
       eingesetzt. Demgegenüber versucht die konservative Regierung in London,
       neue Strafmaßnahmen wegen des Giftangriffs auf den Weg zu bringen. Bei dem
       EU-Gipfel, der am Donnerstag in Brüssel beginnt, wird der Konflikt erneut
       zur Sprache kommen. Bis dahin dürfte der Druck auf Griechenland steigen,
       seine vorsichtige Haltung aufzugeben.
       
       19 Mar 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
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