# taz.de -- Die Linke im Zwist: „Hass in der Fraktion“
       
       > Auf einer Sitzung eskaliert der Streit in der Linkspartei. Der
       > Abgeordnete Alexander Ulrich spricht von „Mobbing“ gegen Sahra
       > Wagenknecht.
       
 (IMG) Bild: Der Flügelstreit bei der Linkspartei geht weiter – im Zentrum: Sahra Wagenknecht
       
       BERLIN taz | Der Führungsstreit in der Linkspartei erreicht eine neue
       Stufe. Auf einer Fraktionssitzung am Dienstag kam es zu heftigen
       Auseinandersetzungen zwischen der Fraktionsmehrheit um Sahra Wagenknecht
       und Dietmar Bartsch sowie den Autoren eines Briefes gegen Sahra
       Wagenknecht, der vor vier Wochen von 25 Abgeordneten unterzeichnet worden
       war. Der Abgeordnete Alexander Ulrich, der dem Mehrheitslager angehört,
       schrieb anschließend in einer Mail an alle Linken-Abgeordneten, in der
       Fraktion herrsche „der pure Hass“. Die Mail liegt der taz vor.
       
       „In bin jetzt im 13. Jahr in der Fraktion. Zu keinem Zeitpunkt war die
       Stimmung so schlecht“, schreibt der rheinland-pfälzische Abgeordnete
       weiter. „Meines Erachtens liegt die Grundlage darin, dass die
       Parteivorsitzende (Anmerkung: Katja Kipping) immer wieder aufs Neue mit
       ihrem Umfeld versucht, Sahra Wagenknecht direkt und indirekt zum Rückzug zu
       zwingen.“ Gegen Wagenknecht laufe „Mobbing“. Er sei nicht bereit, die
       Erfolge der Partei in Frage zu stellen, „nur weil eine Parteivorsitzende
       ihre egoistischen Karrierepläne über die Interessen der Partei stellt“.
       
       Die 25 Abgeordneten aus dem Kipping-Lager, darunter Lorenz Gösta Beutin,
       Christine Buchholz, Sabine Leidig, Niema Movassat und Tobias Pflüger,
       hatten in dem Schreiben Wagenknechts Positionierung gegen „Offene Grenzen“
       kritisiert und ihre Kritik an Kipping und ihrem Co-Chef Bernd Riexinger in
       einem Zeitungsinterview angegriffen. Die Fraktionsführung habe einen „nicht
       integrativen Führungsstil“, schreiben sie.
       
       ## Mehr Gebrüll als Zuhören
       
       Man sei in einer Situation, „in der man sich mehr anbrüllt als zuhört“,
       sagte der saarländische Abgeordnete Thomas Lutze, der auch zur
       Fraktionsmehrheit zählt, der taz. Er gibt den Vorwurf der fehlenden
       Integration an die Parteiführung zurück. „Die Parteivorsitzenden müssen
       integrieren, das tun beide im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu wenig.“
       
       Für Ärger sorgt bei den Wagenknecht-Anhängern, dass ihre Gegner in den
       Fraktionsvorstand gewählt wurden, umgekehrt aber das Wagenknecht-Lager im
       engeren Parteivorstand nicht berücksichtigt ist: „Der geschäftsführende
       Bundesvorstand um Katja Kipping und Bernd Riexinger ist im Gegensatz zum
       Fraktionsvorstand nicht pluralistisch besetzt. Und die Vorschläge für den
       nächsten Vorstand, die bisher auf dem Tisch liegen, würden das
       verschärfen“, kritisiert die Abgeordnete Katrin Werner, die wie Ulrich aus
       Rheinland-Pfalz kommt.
       
       Als neuer Bundesgeschäftsführer kandidiert auf dem Leipziger Parteitag Jörg
       Schindler, der Redakteur bei Kippings Zeitschrift „Prager Frühling“ ist.
       Der frühere Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn, der als Vermittler
       zwischen den Lagern galt, hatte im vergangenen Herbst sein Amt
       niedergelegt.
       
       ## Konflikt um die Flüchtlingspolitik
       
       Dennoch hoffen viele aus dem Wagenknecht-Lager auf die Vorstandswahlen auf
       dem Leipziger Parteitag. Bisher ist aber niemand bekannt, der dort gegen
       die Parteivorsitzenden antreten oder sich auch nur um einen
       Stellvertreterposten bemühen würde. Der Leitantrag gibt in der
       Flüchtlingsfrage nur die Positionen der Parteispitze wieder, spricht sich
       also für offene Grenzen aus.
       
       „In der Linkspartei wird es auch in Zukunft beim Thema Flüchtlingspolitik
       unterschiedliche Meinungen geben. Selbst wenn ein entsprechender Antrag 56
       Prozent der Stimmen erhält, werden die anderen 44 Prozent nicht ihre
       Ansicht ändern, sagt Lutze.
       
       Aus den Reihen der Wagenknecht-Kritiker wollte sich niemand zu dem Streit
       in der Fraktionssitzung äußern: „Dazu gebe ich keinen Kommentar. Alle
       Seiten haben vereinbart, den Konflikt in der Fraktion zu klären. Daran
       halte ich mich“, sagte Lorenz Gösta Beutin der taz. Am nächsten Dienstag
       geht der Streit weiter – dann ist wieder Fraktionssitzung. Weil am
       vergangenen Dienstag nicht alle zu Wort kamen, die sich gemeldet hatten,
       steht das Thema „Brief der 25 und Wagenknecht-Kritik“ erneut auf der
       Tagesordnung.
       
       20 Apr 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Reeh
       
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