# taz.de -- Rücktritte in der Schwedischen Akademie: Da waren's nur noch elf
       
       > Mit einem „Sandkasten, in dem sich Fünfjährige kloppen“ wird die
       > Literaturnobelpreis-Akademie verglichen. Nach sexuellen Übergriffen
       > eskaliert der Streit.
       
 (IMG) Bild: Sara Danius tritt nicht freiwillig zurück
       
       STOCKHOLM taz | Die [1][Krise in der Schwedischen Akademie] hat einen neuen
       Höhepunkt erreicht. Nach einer verlorenen Vertrauensabstimmung teilte deren
       Vorsitzende Sara Danius am Donnerstagabend mit, sie werde neben dem Vorsitz
       auch ihren Sitz in der Akademie räumen. Kurz darauf kündigte die Lyrikerin
       Kristina Frostenson an, auch sie werde aus der Akademie ausscheiden.
       Angesichts vorangegangener Rücktritte hat die ursprünglich 18-köpfige
       Akademie nur noch 11 Mitglieder. Nach geltenden Statuten braucht sie aber
       mindestens 12, um neue Mitglieder wählen zu können. Wie es mit dem Gremium,
       das alljährlich über die [2][Vergabe des Literaturnobelpreises]
       entscheidet, nun weitergehen soll, steht erst einmal in den Sternen.
       
       Danius stellte klar, dass sie gegen ihren Willen gehe: „Das ist der Wille
       der Akademie. Ich hätte gerne weitergemacht.“ Von einem „Palast-Coup“ und
       einem bislang einmaligen Vorgang in der 232-jährigen Geschichte der
       Akademie sprach ein TV-Kommentator. Und die meisten schwedischen Medien
       sind sich einig, dass sich die Akademie nun in ihrer historisch mit Abstand
       schwersten Krise befinde. Hinter dem Votum gegen Danius sollen dieselben
       acht Mitglieder gestanden haben, die vor einer Woche den Antrag auf
       Ausschluss eines Mitglieds und Stellung einer Strafanzeige wegen
       finanzieller Unregelmäßigkeiten blockiert hatten. Was damals zum Rücktritt
       von drei Mitgliedern geführt hatte.
       
       Schon seit Monaten dreht sich der Streit in der Akademie darum, wie das
       Gremium in der Vergangenheit mit sexuellen Übergriffen und Belästigungen
       und mit offenbar fragwürdigen finanziellen Subventionen umgegangen ist und
       welche Folgerungen man nun daraus ziehen soll. Die Mehrheit der Akademie
       war offenbar der Meinung, die Vergangenheit solle man auf sich beruhen
       lassen. Auch Korruptionsvorwürfe sollten nicht weiter verfolgt werden. Im
       Mittelpunkt der Vorwürfe soll Jean-Claude Arnault, der Ehemann des
       Akademiemitglieds Katarina Frostenson stehen, dem auch vorgeworfen wird,
       mehrere NobelpreisträgerInnen vorab an Medien durchgestochen zu haben.
       Frostenson, die vor einer Woche noch einen Rücktritt verweigert hatte,
       begründete ihren jetzigen Rückzug damit, sie „hoffe, dass diese Institution
       überleben kann“.
       
       Das scheint zumindest in der gegenwärtigen personellen Zusammensetzung
       schwer vorstellbar. Sara Danius, die 2015 gewählte erste weiblich
       Vorsitzende in der Geschichte der Akademie, war von Horace Engdahl,
       Akademiemitglied und einer ihrer Vorgänger in diesem Amt, in einem
       Zeitungsbeitrag beschimpft worden, sie sei diejenige, die „diese Aufgabe
       seit 1786 am schlechtesten ausgeführt hat“. Worauf Kjell Espmark, der vor
       einer Woche die Akademie verlassen hatte, reagierte: Das sei „das
       Verkehrteste und Schändlichste das ich in meinem Leben gelesen habe“. Und
       er warf Engdahl vor: „Im Körper dieses Mannes gibt es keine Ehre mehr.“
       
       ## Verbal-Gefechte
       
       Weitere verbale Gefechte veranlassten den Schriftsteller Jan Guillou dazu,
       die Akademie mit einem „Sandkasten, in dem sich Fünfjährige kloppen“ zu
       vergleichen. Und er befürchtet, dass auch der Literaturnobelpreis Schaden
       nimmt: „Wenn die Akademiemitglieder sich lächerlich machen, dann kann
       dieser Schein des Lächerlichen früher oder später auch auf den Preis
       fallen.“ Der Verleger Svante Weyler vermutet: So wie einige agieren, könne
       man nur den Schluss ziehen, „dass die Krise explodieren soll“. Womöglich
       hofften sie auf einen Neustart mit einer Akademie „aus der die kritischen
       Stimmen verschwunden sind“.
       
       13 Apr 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Skandal-an-der-Schwedischen-Akademie/!5496760
 (DIR) [2] /Kommentar-Literaturnobelpreis/!5452794
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Nobelpreis für Literatur
 (DIR) Stockholm
 (DIR) Nobelpreis
 (DIR) Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2023
 (DIR) Schwerpunkt #metoo
 (DIR) Nobelpreis für Literatur
 (DIR) Nobelpreis für Literatur
 (DIR) Nobelpreis
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Krise der schwedischen Nobel-Akademie: Haftstrafe wegen Vergewaltigung
       
       Der Leiter einer Kultureinrichtung wird verurteilt. Er steht im Mittelpunkt
       des Skandals um die Akademie, die den Literaturnobelpreis vergibt.
       
 (DIR) Kommentar Kein Literaturnobelpreis 2018: Eine tragische Krise
       
       Es ist richtig, dass der Preis in diesem Jahr nicht vergeben wird. Eine
       Auszeichnung durch diese diskreditierte Jury hätte jeden Preisträger
       beschädigt.
       
 (DIR) Krise der Schwedischen Akademie: Kein Literaturnobelpreis 2018
       
       Der Literaturnobelpreis 2018 wird auf 2019 verschoben. Grund sind
       Diskussionen um Korruption und sexuellen Missbrauch.
       
 (DIR) Skandal an der Schwedischen Akademie: Vakante Stühle
       
       Beim Literatur-Nobelpreis-Gremium in Stockholm rumort es heftig. Es fehlt
       nicht viel, und sechs der achtzehn Stühle könnten bald leer sein.
       
 (DIR) Kommentar Literaturnobelpreis: Ishiguro? Für die Literatur das Beste
       
       Ist es eine faire Entscheidung? Das Literaturnobelpreis-Jury schert das
       nicht, sie tut, was sie muss: gut und gerne lesen. Dafür steht auch Kazuo
       Ishiguro.
       
 (DIR) Literaturnobelpreis für Kazuo Ishiguro: Was sie ihm geben mussten
       
       Der Brite Kazuo Ishiguro erhält den Literatur-Nobelpreis. Der in Japan
       geborene 62-Jährige ist vor allem für seinen Roman „Was vom Tage
       übrigblieb“ bekannt.