# taz.de -- Kommentar Arbeiten in Deutschland: Schöne neue Jobwelt
       
       > Unterbezahlte Handwerker, Postmitarbeiter unter Drückebergerverdacht –
       > und ausgerechnet Wolfgang Clement soll den Schlichter geben.
       
 (IMG) Bild: Die Anfahrt zur Baustelle wird nicht bezahlt: Bauarbeiter haben allen Grund, sauer zu sein
       
       Im Radio diskutiert man am Montagmorgen, schon bevor das Frühstücksei des
       Autors fertig ist, über das Geschäftsgebaren der Deutschen Post. Der
       Logistikkonzern bietet befristet beschäftigten Briefträgern in vielen
       Fällen nur dann eine Festanstellung an, wenn diese sich in den vergangenen
       Jahren weniger als sechsmal krankgemeldet, nicht zu viele Unfälle
       verursacht und nicht zu lang für ihre Touren gebraucht haben. „Man hat als
       Arbeitgeber ein gutes Gefühl dafür, ob jemand von seiner Arbeitseinstellung
       dazu neigt, Krankheit anzumelden, obwohl man weiß, dass der kerngesund
       ist“, sagt der Konzernsprecher dazu.
       
       Weiter im Programm geht es mit dem Tarifstreit im Baugewerbe. Dort arbeiten
       800.000 Menschen. Die Gewerkschaften fordern 6 Prozent mehr Lohn. Dabei
       wird nicht einmal verhandelt, ab wann der eigentlich gezahlt wird. Während
       die Baufirmen sich Anfahrtszeiten zur Baustelle entlohnen lassen, gehen die
       Arbeitnehmer leer aus, auch wenn „Hin- und Rückfahrt schon durchaus mal
       zwei Stunden dauern können“, wie die Reporterin sagt.
       
       Schlichter in dem Streit zwischen Gewerkschaften und Unternehmern ist
       übrigens der ehemalige SPD-Arbeitsminister Wolfgang Clement. Unter dessen
       Ägide veröffentlichte das Arbeitsministerium einst eine Broschüre, in der
       Erwerbslose als „Parasiten“ bezeichnet wurden. Clement selbst forderte
       damals „unnachgiebige Konsequenz gegenüber jenen ‚schwarzen Schafen‘, die
       sich Leistungen erschleichen wollen“. Clement ist mittlerweile als Lobbyist
       für Unternehmerverbände tätig.
       
       Das ist also die schöne neue Arbeitswelt. Die einen fahren morgens um sechs
       eine Stunde lang unbezahlt zur Baustelle, während die Bauwirtschaft im
       vergangenen Jahr 117 Milliarden Euro umsetzte. Sozialbetrüger-Jäger
       Wolfgang Clement wird als Vermittler in Tarifstreitigkeiten herangezogen –
       und bei der Post sucht man derweil intern nach Mitarbeitern, die sich zu
       lang krank melden.
       
       Da bleibt einem das Frühstücksei im Hals stecken.
       
       8 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jörg Wimalasena
       
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