# taz.de -- Ministerpräsidentenwahl in Armenien: Landesweiter ziviler Ungehorsam
       
       > Die Proteste zur Unterstützung des Oppositionsführers Nikol Paschinjan
       > halten an. Er wurde am Dienstag nicht vom Parlament zum
       > Ministerpräsidenten gewählt.
       
 (IMG) Bild: Sie wollen den politischen Wechsel: Demonstrant*innen in Eriwan
       
       ERIWAN rtr | In Armenien dauern die Proteste zur Unterstützung von
       Oppositionsführer Nikol Paschinjan an. In mehreren Städten versperrten
       Demonstranten Straßen, wie lokale Medien am Mittwoch berichteten.
       Paschinjan wolle seine landesweite Kampagne zivilen Ungehorsams fortsetzen,
       sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. „Wir werden mit unseren Streik und
       unserem Widerstand weitermachen“, sagte er bei einer Demonstration in
       Eriwan.
       
       In der Hauptstadt versperrten Demonstranten alle Hauptstraßen mit
       Fahrzeugen und Mülltonnen. Auch die Straße zum Flughafen wurde blockiert.
       Der lokale Bahnverkehr wurde eingestellt. Die Polizei forderte ein Ende der
       Blockaden, schritt aber zunächst nicht ein. Paschinjan hatte zu Protesten
       aufgerufen, nachdem er am Dienstag [1][nicht zum Ministerpräsidenten
       gewählt worden war].
       
       Der armenische Präsident Armen Sargsjan und der vorläufige
       Ministerpräsident Karen Karapetjan forderten am Mittwoch weitere Gespräche,
       um die Regierungskrise zu entschärfen. Eine neue Abstimmung wird nach
       Angaben des Parlaments am 8. Mai stattfinden. Auf die Frage, ob Paschinjan
       ein zweites Mal kandidieren werde, antwortete er: „Wir werden darüber
       nachdenken und verhandeln.“ Scheitert der zweite Versuch des Parlaments,
       einen Ministerpräsident zu wählen, kommt es zu Neuwahlen.
       
       Ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin äußerte sich erleichtert, dass
       die Proteste und Demonstrationen friedlich geblieben seien. Zugleich rief
       er die Sicherheitskräfte und Demonstranten auf, „weiterhin Besonnenheit
       walten zu lassen“. Alle sollten einen Dialog suchen, um auf
       verfassungsmäßigem Weg eine neue Regierung zu bilden, die die Interessen
       aller Armenier vertrete.
       
       Die Regierungskrise [2][dauert bereits mehrere Wochen]. Der vorherige
       Ministerpräsident Sersch Sargsjan war im April [3][nach wochenlangen
       Protesten zurückgetreten]. Er war zuvor zehn Jahre als Präsident im Amt,
       erreichte aber das Limit der erlaubten Amtszeit. Daraufhin war er vom
       Parlament zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Zuvor waren viele
       Vollmachten des Präsidenten auf den Ministerpräsidenten übertragen worden.
       Nach dem Amtswechsel warfen Kritiker Sargsjan Machtgier vor, außerdem eine
       zu große Nähe zu Russland. Sie machen ihn und seine Getreuen auch für
       Korruption und Armut in dem rund drei Millionen Einwohner zählenden Land
       verantwortlich.
       
       Die Lage in Armenien wird von Russland aufmerksam verfolgt. In dem Land am
       Kaukasus sind russische Soldaten stationiert. Die Regierung in Moskau ist
       besorgt, dass eine ähnliche Situation wie in der Ukraine 2014 entstehen
       könnte. Damals hatte eine Volksbewegung zu einem Regierungswechsel und
       einem Bruch mit Russland geführt.
       
       2 May 2018
       
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