# taz.de -- Linken-Politikerin zu Ellwangen: „Die Politik hat versagt“
       
       > Die migrationspolitische Sprecherin der Linken Gökay Akbulut verteidigt
       > die Reaktion der Geflüchteten in Ellwagen. Sie würden kriminalisiert.
       
 (IMG) Bild: Ellwangen: Nach der gescheiterten Abschiebung eines Togolesen wurde die Einrichtung durchsucht und mehrere Männer in Gewahrsam genommen
       
       taz: Frau Akbulut, nach den [1][Ereignissen in Ellwangen] wird vor allem in
       konservativen und rechten Kreisen der Ruf nach konsequenteren Abschiebungen
       und einem starken Staat lauter. Von der Linken hört man wenig. Sind Sie
       selbst auch erschüttert über die Eskalation der Ereignisse? 
       
       Gökay Akbulut: Auch von uns wird es eine Presseerklärung geben. Es ist
       wirklich erstaunlich zu sehen, wie dieser Vorfall skandalisiert wird.
       Gewalt gegen Polizisten ist nicht in Ordnung, das ist klar. Aber hier
       werden Flüchtlinge, die sich in erster Linie solidarisch zeigen wollten,
       kriminalisiert.
       
       Die Polizei hat legal gehandelt als sie den Togolesen festnehmen wollte.
       Dürfen sich Geflüchtete über geltendes Recht stellen? 
       
       Ich glaube nicht, dass diese Menschen generell ein Problem mit dem
       Rechtsstaat haben. Sie haben sich aus ihrer konkreten Lage heraus gegen
       eine Abschiebung gewehrt, deshalb werden sie kriminalisiert und man spricht
       von rechtsfreien Räumen.
       
       Aber so war es doch, oder? Die Polizei ist zunächst mit dem Versuch
       gescheitert, den Mann aus Togo mitzunehmen. 
       
       Gescheitert ist vor allem das Dublin-System, wonach Geflüchtete in das
       EU-Land, in das sie zuerst eingereist sind, zurück geschoben werden können.
       Das haben uns neulich erst die Experten in der Anhörung des
       Innenausschusses zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystems erläutert und das
       hat nun auch die Praxis gezeigt. Die Geflüchteten und die Polizei müssen
       dieses Versagen der Politik ausbaden.
       
       Halten Sie die Reaktion der Geflüchteten also für legitim? 
       
       Jede Form von Solidarität, die gewaltfrei verläuft, ist legitim. Was in
       Ellwangen passiert, ist doch auch in anderen Städten längst der Fall: da
       werden Telefonketten und Bündnisse organisiert, die vor Abschiebungen
       warnen. Dass die Lage so eskaliert ist und Menschen verletzt wurden,
       bedaure ich. Aber wie gesagt, es handelt sich vor allem um ein Versagen der
       Politik.
       
       Sie kommen selbst aus Baden-Württemberg, was würden Sie sagen: ist dieser
       Fall exemplarisch oder handelt es sich um einen Einzelfall? 
       
       Nach Bayern ist Baden-Württemberg das Land, das die meisten Menschen
       abschiebt. Sogar nach Afghanistan und geplant ist sogar nach Syrien. Aber
       in dieser Härte sind uns Abschiebungen bisher nicht bekannt. Das ist bisher
       ein Einzelfall. Mit der Skandalisierung solcher Fälle wird die AfD bedient.
       
       Als Konsequenz aus den Vorfällen wird nun vor allem der Ruf nach
       konsequenteren Abschiebungen und einem härteren Eingreifen der Polizei
       laut. Was setzen Sie als Linke dagegen? 
       
       Als Linke bin ich generell gegen Abschiebungen. Es ist inhuman, Familien um
       drei Uhr nachts aus der Wohnung zu treiben, Menschen werden in die
       Illegalität getrieben, wenn sie versuchen, vorher unterzutauchen. Wer in
       ein andere EU-Land abgeschoben wurde, versucht erneut wieder einzureisen.
       Es ist ein Teufelskreis.
       
       Was ist die Alternative – alle die abgelehnt wurden, dürfen dennoch
       bleiben? 
       
       Genau. Wir als Linke sind für ein Bleiberecht für alle.
       
       Der neue Innenminister Horst Seehofer möchte hingegen [2][Ankerzentren
       einrichten], wo Menschen ohne Bleibeperspektive zusammengefasst und
       leichter abgeschoben werden können. Was können Sie tun, außer dagegen zu
       protestieren? 
       
       Was Seehofer im Innenausschuss vorgetragen hat, ist fatal. In den
       Ankerzentren werden Menschen eingesperrt und sind völlig von der Umwelt
       isoliert. Dass auch Kinder und Jugendliche dort untergebracht sind, halten
       wir für rechtlich problematisch. Es verstößt gegen die
       Kinderrechtskonvention, die auch Deutschland unterzeichnet hat. Wir werden
       gegen die Zentren klagen.
       
       4 May 2018
       
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