# taz.de -- taz-Serie zum Datenschutz in der EU: Kein Fun Factor, aber innovativ
       
       > Deutschlands oberste Datenschützerin Andrea Voßhoff spricht mit der taz
       > über Monsterbehörden und die Gefahr, dass Daten zur Ware werden können.
       
 (IMG) Bild: „Die Digitalisierung bringt große Herausforderungen mit sich. Es geht immer um den Menschen.“
       
       Die Daten von rund 500 Millionen Europäer*innen stehen ab 25. Mai unter
       besonderem Schutz. Dann gilt die EU-Datenschutzgrundverordnung – kurz
       DSGVO. Sie gilt als Meilenstein und Zeitenwende im europäischen
       Datenschutzrecht und soll auch Google, Facebook und Co. bändigen. Während
       Verbraucherschützer*innen jubeln, ärgern sich Blogger*innen, Vereinsleute
       oder Kleinunternehmer*innen über das bürokratische Ungetüm. Die taz
       beleuchtet in einer Serie die verschiedenen Aspekte der DSGVO – das
       Interview mit Deutschlands oberster Datenschützerin ist der Auftakt. 
       
       taz: Frau Voßhoff, wie gefährlich ist Facebook? 
       
       Andrea Voßhoff: Das Geschäftsmodell von vielen sozialen Netzwerken ist das
       kommerzielle Verwerten von Daten. Datenhandel und Mikrotargeting sind in
       der heutigen Zeit ein boomendes Geschäft. Problematisch dabei ist, dass der
       Mensch hierbei zur Ware wird. Das ist kein Grund, ein Unternehmen als
       gefährlich einzustufen. Es macht aber deutlich, wie wichtig es ist, diesen
       Bereich datenschutzrechtlich streng zu regulieren und zu kontrollieren.
       
       Nachdem die Datenaffäre mit Cambridge Analytica ans Licht kam, verlor
       Facebook kurzfristig Milliarden an der Börse. Aber wirklich abgeschreckt
       sind Anleger und auch die User nicht. Wieso? 
       
       Zum einen haben es soziale Netzwerke geschafft, unsere Kommunikation so
       maßgeblich zu beeinflussen, das keiner mehr darauf verzichten will. Zum
       anderen ist die Datenverwertung für den einzelnen Nutzer nicht hinreichend
       greifbar. Das ist anders als beispielsweise bei einem Lebensmittelskandal,
       weil man oftmals die Auswirkungen gar nicht oder erst sehr viel später
       spürt. Deshalb ist es die Pflicht der Politik, hier regulierend zum Schutz
       der Betroffenen einzugreifen.
       
       Wie? 
       
       Die Datenschutzgrundverordnung ist hier schon ein erster guter Schritt. Sie
       gibt den Aufsichtsbehörden Instrumente an die Hand, besser auf Vorfälle wie
       den Facebook-Skandal reagieren zu können. Zudem besteht die Hoffnung, dass
       die höheren Bußgelder dazu führen, dass Unternehmen das Thema Datenschutz
       künftig ernster nehmen. Aber das allein wird nicht ausreichen. Es muss auch
       Regelungen im Kartell- oder Wettbewerbsrecht geben, um solche
       Geschäftsmodelle stärker zu regulieren.
       
       Sogar Facebook lobt die DSGVO in höchsten Tönen. Ist sie wirklich ein
       scharfes Schwert? 
       
       Sie ist tatsächlich ein Meilenstein und läutet einen Zeitenwechsel ein. Ihr
       entscheidender Vorteil ist, dass sie die Betroffenenrechte stärkt und auch
       den Aufsichtsbehörden mehr Befugnisse gibt. Aber sie ist erst ein Anfang.
       
       Inwiefern? 
       
       Wir brauchen eine gesellschaftliche Debatte über die technologischen
       Entwicklungen, die unseren Alltag prägen. Etwa zum Einsatz von Algorithmen
       oder von künstlicher Intelligenz. Es geht dabei nicht nur um
       datenschutzrechtliche, sondern auch um ethische, wirtschaftliche oder
       soziale Fragen. Wollen wir diese Entwicklung? Was bedeutet sie für unsere
       Gesellschaft? All diese Aspekte sollten diskutiert werden. Im
       Koalitionsvertrag wird eine Ethikkommission vorgeschlagen. Ein solches
       Gremium könnte ein passender Ort dafür sein.
       
       Daten sind das Rohöl des 21. Jahrhunderts, heißt es. Sind Daten eine Ware
       wie jede andere? 
       
       Es spricht grundsätzlich nichts dagegen, Daten auch wirtschaftlich
       auszuwerten. Aber die alleinige ökonomische Betrachtung degradiert den
       Menschen zur Ware. Das darf nicht passieren. Datenschutz ist ein Grundrecht
       und wird gerade in unserer immer stärker durch die Digitalisierung
       geprägten Welt wichtiger denn je. Babys, deren Fotos direkt aus dem
       Kreißsaal per Messengerdienst an die Familie geschickt werden, haben
       bereits ab Geburt eine digitale Akte.
       
       Dennoch jammern gerade Unternehmer viel über die Umsetzung der
       Datenschutzgrundverordnung. Ist diese Kritik berechtigt? 
       
       Es ist sicherlich richtig, dass das Datenschutzrecht sperrig ist und ihm
       der Fun-Faktor fehlt. Aber Datenschutz ist kein Innovationshemmnis. Ganz im
       Gegenteil. Richtig eingesetzt, wird Datenschutz zum Qualitätsmerkmal. Neues
       Recht heißt auch immer neue Rechtsunsicherheit. Allerdings unterstützen
       Aufsichtsbehörden, Unternehmen, Vereine und Verbände mit Handreichungen und
       individueller Beratung. Insofern ist die DSGVO-Umsetzung sicherlich kein
       unlösbares Problem. Wenn es ein neues Steuerrecht gibt, müssen sich die
       Unternehmen auch darauf einstellen.
       
       Nichtsdestotrotz klagen auch Firmen, Vereine, Nichtregierungsorganisationen
       über hohe Investitionen in den Datenschutz durch die DSGVO. 
       
       Die Digitalisierung bringt große Herausforderungen mit sich. Nicht nur was
       den Datenschutz betrifft, sondern auch die Sicherheit der Anwendungen.
       Plattformen müssen vor Hackern geschützt werden und sich den rechtlichen
       Anforderungen stellen. Bei Daten geht es nicht um ein beliebiges Produkt,
       das man ökonomisch betrachten muss. Es geht immer um den Menschen.
       
       Um Verstöße gegen das Datenschutzrecht in den zuständigen Behörden
       nachzuweisen, brauchen wir Geld und Fachleute. 
       
       Da besteht sowohl bei den Kollegen in den Ländern als auch auf Bundesebene
       noch Bedarf. Die verantwortlichen Haushaltsgesetzgeber werden das aber
       hoffentlich im Blick haben. Man muss keine Monsterbehörden schaffen, aber
       Datenschutz bedarf der Kontrolle und Aufsicht. Starke Aufsichtsbehörden
       schaffen Vertrauen beim Bürger.
       
       Mit der DSGVO werden neue Institutionen auf EU-Ebene geschaffen. Welche
       Macht haben sie? 
       
       Die Datenschutzbeauftragten der Mitgliedsstaaten bilden künftig den
       sogenannten Europäischen Datenschutzausschuss. Die Arbeit dieses Gremiums
       wird ganz maßgeblich zum Gelingen der Datenschutzgrundverordnung beitragen.
       Der Ausschuss kann beispielsweise bei strittigen Fragen eine Entscheidung
       fällen, die dann für die Aufsichtsbehörden der Mitgliedsstaaten bindend ist
       und umgesetzt werden muss.
       
       Das Interview führte Tanja Tricarico. 
       
       ***
       
       Teil 1 unserer Datenschutz-Serie: [1][Interview mit der
       Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff] 
       
       Teil 2 unserer Datenschutz-Serie: [2][Was steht drin im DSGVO?] 
       
       Teil 3 unserer Datenschutz-Serie: [3][Auch kleine Firmen beklagen die
       Rechtsunsicherheit des neuen Gesetzes] 
       
       Teil 4 unserer Datenschutz-Serie: [4][Interview mit dem Verbraucherschützer
       Christian Gollner] 
       
       Teil 5 unserer Datenschutz-Serie: [5][Porträt des grünen Vordenkers der
       neuen Datenschutzgesetze Jan Philipp Albrecht] 
       
       Teil 6 unserer Datenschutz-Serie: [6][Das Recht auf Vergessenwerden] 
       
       Teil 7 unserer Datenschutz-Serie: [7][Ein Vereinsvorsitzender und eine
       Bloggerin sprechen über Nachteile des EU-Datenschutzgesetzes] 
       
       Teil 8 unserer Datenschutz-Serie: [8][Kommentar zur digitalen Zeitenwende]
       
       18 May 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /taz-Serie-zum-Datenschutz-in-der-EU/!5504988
 (DIR) [2] /taz-Serie-Datenschutz-in-der-EU/!5506516
 (DIR) [3] /taz-Serie-zum-Datenschutz-in-der-EU/!5506515
 (DIR) [4] /taz-Serie-Datenschutz-in-der-EU/!5506519
 (DIR) [5] /taz-Serie-Datenschutz-in-der-EU/!5506517
 (DIR) [6] /taz-Serie-Datenschutz-in-der-EU/!5506518
 (DIR) [7] /taz-Serie-Datenschutz-in-der-EU/!5506520
 (DIR) [8] /taz-Serie-Datenschutz-in-der-EU/!5504095
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tanja Tricarico
       
       ## TAGS
       
 (DIR) DSGVO
 (DIR) Datenschutzgrundverordnung
 (DIR) Datenschutz
 (DIR) EU
 (DIR) Datenschutz
 (DIR) Soziale Medien
 (DIR) personenbezogene Daten
 (DIR) Mark Zuckerberg
 (DIR) DSGVO
 (DIR) DSGVO
 (DIR) DSGVO
 (DIR) Datenschutz
 (DIR) Schweiß
 (DIR) Schwerpunkt Facebook
 (DIR) Österreich
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Google Maps wird aktualisiert: Street View nicht mehr nur Street
       
       Seit heute fahren die Google-Autos mit Kamera auf dem Dach durch
       Deutschland. Straßen sind längst nicht mehr das einzige, das abgelichtet
       wird.
       
 (DIR) Soziale Medien bei Bundestagswahl: Wie rechte Trollarmeen hetzten
       
       In den USA löschen soziale Netzwerke Hunderte Accounts aus dem Iran und
       Russland. Doch auch bei uns wird online politisch gezielt desinformiert.
       
 (DIR) Datenhändler im Netz sollen zahlen: Merkel will die Datensteuer
       
       Die Kanzlerin möchte eine Reform vorantreiben, um mehr Abgaben von
       IT-Konzernen an den Fiskus einzutreiben. Wissenschaftler sind skeptisch.
       
 (DIR) EU-Politiker zur Zuckerberg-Anhörung: „Sonst machen wir nicht mit“
       
       Er ist Europas größter Facebook-Dompteur – und heute Abend trifft er den
       Löwen. Wie bändigt Jan Philipp Albrecht den Facebook-Chef?
       
 (DIR) taz-Serie Datenschutz in der EU: Er hat's erfunden
       
       Jan Philipp Albrecht ist der Vordenker der neuen Datenschutzgesetze in
       Europa. Jetzt wird der grüne Überflieger Minister in Schleswig-Holstein.
       
 (DIR) taz-Serie Datenschutz in der EU: „Datenschutz dient uns allen“
       
       So wirkt Europas neues Regelwerk für das Internet: Verbraucherschützer
       Christian Gollner über die gewonnene Macht von Verbraucher*innen.
       
 (DIR) taz-Serie zum Datenschutz in der EU: Ein Schreckgespenst geht um
       
       Verbraucherschützer jubeln. Aber viele Unternehmen ächzen über die neuen
       Datenregeln. Sie sind vor allem ratlos, wie was umgesetzt wird.
       
 (DIR) Geschäft mit Nutzerdaten: Mehr als nur Facebook
       
       Alle reden über den Datenhandel bei Facebook. Dabei verkaufen auch
       Adresshändler wie die Post Millionen Datensätze.
       
 (DIR) Schweiz und EU-Datenschutzverordnung: Europafeinde lauern schon
       
       An der Frage, wie die Schweiz mit EU-Datenschutzregeln umgeht, entzündet
       sich Streit: Soll man sich von Brüssel etwas sagen lassen?
       
 (DIR) Zuckerberg auf Entwicklerkonferenz F8: Neue Töne vom alten Facebook
       
       Mark Zuckerberg kündigt Konkurrenz für Dating-Apps an – und versucht nach
       dem jüngsten Datenskandal die Wogen zu glätten.
       
 (DIR) Österreich lockert Datenschutz: Wien tanzt aus der Reihe
       
       Der Nationalrat beschließt weitgehende Straffreiheit für die
       Datenweitergabe. Und Konzerne sollen auf vertrauliche Gesundheitsinfos
       zugreifen dürfen.