# taz.de -- Männermode im Sommer: Erotik der Wade
       
       > Die meisten Männer haben Angst vor kurzen Hosen. Dabei trug der der Mann
       > einmal gerne kurze Hosen und sogar Wadenpolster.
       
 (IMG) Bild: Fashionlike und alltagstauglich. Die Shorts erlebt in Hipsterkreisen ein Revival
       
       Waden sind Schicksal. Aus einer dünnen Wade kann auch mit viel Training
       kaum eine opulente werden. Nun fragen Sie sich, wer will schon opulente
       Waden haben. – Männer wollen das. Und bloß weil aus einer dünnen Wade auch
       mit viel Training keine dicke Wade wird, haben sie ihren Opulenzwahn auf
       den Bizeps verlegt. Und während sie es geschafft haben, tatsächlich den
       Bizeps als Schönheitsmerkmal zu etablieren, sind sie in ihrer Ablehnung von
       kurzen Hosen noch voll 18. Jahrhundert. Denn sie fürchten sich noch immer
       vor dünnen Beinen in kurzen Hosen. Über diese männliche Problemzone als
       stilbildende Ressource wird viel zu wenig geredet.
       
       Im 18. Jahrhundert galt Fülligkeit als schick. Klar, wir erinnern uns,
       Marie Antoinette fiel beim Thema Brot auch nur Kuchen ein. Und während die
       Frauen der feinen Gesellschaft sich Korkkugeln in den Mund steckten, damit
       ihr Gesicht fülliger wirkte, trugen die Männer Polster in ihren Strümpfen.
       Und Kniehose!
       
       So viel Fake und Spiel ist heute nicht mehr, zumindest nicht in der
       Männermode, was als großer Verlust beklagt werden muss. Überhaupt war man
       im Ancien Régime, was Geschlechterdifferenz anbelangt, weiter als heute.
       Travestie und Transgenderverkleidungen waren Alltag. Kurz vor der
       Französischen Revolution lag in Frankreich die wadenfreie Herrenhose
       besonders eng an und war manchmal gar aus transparentem Stoff.
       
       Erst das 19. Jahrhundert, Bürgertum und Klerus, machte aus diesem
       erotischen Spiel den Sittenverfall. Zweckmäßigkeit und Nüchternheit
       verdrängten Lust, Spiel und Luxus. Das Bürgertum idealisierte in seiner
       Lebensführung den männlichen arbeitenden Bürger, Leistung und Aktivität
       wurden identitätsstiftend, das Travestiehafte des Adel abgewertet zum
       Weiberhaften.
       
       Aus kurzen Hosen wurden lange und die Frauen um ihre Aussicht gebracht.
       Denn was die Fessel bei der Frau, ist die Wade beim Mann: ein erotischer
       Körperteil, den man sehen will. Und zwar ohne Stoff- oder Muskelpolster!
       Denn was ihr noch immer nicht verstanden hat, liebe Männer: Je femininer
       eure Waden, desto schöner.
       
       8 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tania Martini
       
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