# taz.de -- Kritik an Atomgesetz: Zu viel Geld für AKW-Betreiber
       
       > Experten halten die Entschädigungen für AKW-Betreiber für zu hoch. Es
       > gibt Forderungen, die Stromübertragung an norddeutsche Reaktoren zu
       > verbieten.
       
 (IMG) Bild: Obwohl hier 34 Jahre lang Strom produziert wurde, soll es auch für die Stilllegung des AKW Brunsbüttel eine Entschädigung geben
       
       BERLIN taz | Das geplante [1][Gesetz] zur Entschädigung der AKW-Betreiber
       ist bei einer Anhörung im Bundestag auf Kritik gestoßen – und zwar nicht
       nur bei Experten, die von der Opposition nominiert worden waren, sondern
       auch bei jenen der SPD. Das Gesetz soll die Betreiber Vattenfall und RWE
       dafür entschädigen, dass die durch den schwarz-gelben Atomausstieg von 2011
       schlechter gestellt werden als durch den rot-grünen von 2002, weil sie
       nicht alle damals zugesagten Strommengen tatsächlich produzieren können.
       
       Diese Entschädigung fällt nach Einschätzung mehrerer Juristen aber höher
       aus als vom Bundesverfassungsgericht in einem Urteil von 2016 gefordert. So
       sei im Gesetz eine Zahlung auch für das 2011 abgeschaltete AKW Brunsbüttel
       vorgesehen, obwohl dies damals schon seit 34 Jahren am Netz war und das
       Gericht keinen Anspruch vorgesehen hatte. Darum sei für diesen Reaktor
       „eine Verpflichtung zu Kompensation nicht zwingend“, sagte Olaf Däuper von
       der auf Energierecht spezialisierten Kanzlei Becker Büttner Held.
       
       Zudem würden die Betreiber für nicht produzierten AKW-Strom vollständig
       entschädigt, obwohl das Gericht das nicht für erforderlich hielt. Darum
       sollte auf die berechneten Zahlungen ein Abschlag „jedenfalls in einer Höhe
       von 10 bis 15 Prozent“ erfolgen, forderte der Berliner Juraprofessor
       Christoph Möllers. Daneben sollte eine Höchstgrenze für die Entschädigung
       festgelegt werden.
       
       Unterstützung gab es bei der Anhörung für die Forderung von Grünen und
       Umweltverbänden, im Rahmen der Neuregelung eine Übertragung von
       Reststrommengen auf AKWs in Norddeutschland [2][zu verbieten]. Ein solches
       Verbot würde dazu führen, dass die Reaktoren Brokdorf und Emsland früher
       vom Netz gehen müssten. Weil die Stromnetze im Norden ohnehin überlastet
       sind und darum regelmäßig Windräder abgeschaltet werden müssen, halten dies
       viele Experten für sinnvoll. Auch der Bundesrat hatte sich kürzlich hinter
       diese Forderung gestellt.
       
       ## Bundesrat muss nicht zustimmen
       
       Aus verfassungsrechtlicher Sicht gebe es dagegen „keine grundlegenden
       Einwände“, erklärte Prof. Georg Hermes von der Frankurter
       Goethe-Universität bei der Anhörung. Auch Prof. Möllers hielt dies für
       möglich, verwies aber darauf, dass dann die Entschädigungen höher
       ausfielen. Im Gegenzug, erklärte Thorben Becker vom Umweltverband BUND,
       würden dann aber auch die Entschädigungen sinken, die derzeit für die
       Abregelung von Windkraftwerken im Norden gezahlt werden müssen.
       
       Ob es in Folgen der Anhörungen noch zu Änderungen am Gesetz kommt, ist
       offen. Die Abstimmung im Bundestag ist für Ende Juni geplant; dann läuft
       die vom Verfassungsgericht gesetzte Frist aus. Zustimmungspflicht im
       Bundesrat besteht nicht.
       
       13 Jun 2018
       
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