# taz.de -- Löw bleibt Bundestrainer: Die Ohnmachtserklärung des DFB
       
       > Trotz der historischen WM-Pleite bleibt beim DFB alles beim Alten. Jogi
       > Löw macht als Bundestrainer weiter – denn dem Verband fehlt Plan B.
       
 (IMG) Bild: Macht trotz deutlicher Schieflage weiter: Jogi Löw
       
       MOSKAU taz | Es war die Nachricht des Tages: Löw hat sich entschieden. Ein
       Satz aus vier Worten, der als Ohnmachtserklärung des Deutschen
       Fußball-Bundes gelesen werden muss. Wo gibt es das denn sonst, dass ein
       Trainer nach einem historischen Negativrekord, dem erstmaligen Scheitern
       bereits in der Vorrunde, entscheidet, wie es weitergeht? Und welcher
       Verband legt sein Schicksal in die Hände eines Trainers, bevor der seine
       Analyse zum verpatzten WM-Auftritt vorgelegt hat?
       
       Nach sieben Tagen Bedenkzeit, die sich Bundestrainer Joachim Löw erbeten
       hatte, gab er nun bekannt, dass er weitermachen wird. Der Weltmeistercoach
       von 2014 mag seine ansonsten hoch verdienstvolle und bemerkenswerte Arbeit
       beim Deutschen Fußball-Bund nicht mit dem düsteren Kapitel von Kasan
       beenden. Gemeinsam mit Jürgen Klinsmann hatte er vor der WM 2006 damit
       begonnen, den deutschen Fußball zu revolutionieren.
       
       Aus dem Team der verhöhnten Rumpelfußballer wurde eines, das aufgrund
       seiner Kreativität und Kombinationssicherheit weltweit viele Bewunderer
       fand. Auch eines, das aufgrund seiner multikulturellen Wurzeln für ein
       offenes Deutschland stand, worauf der DFB in seinen Marketingkampagnen
       stolz verwies.
       
       Nun ist dieser glanzvolle Palast, dessen Risse im Gemäuer keiner wirklich
       wahrhaben wollte, in Rekordzeit eingestürzt. Man kann zwar viele Steine
       wiederverwenden. Ein paar Mauern stehen auch noch. Und menschlich ist es
       mehr als verständlich, dass sich der Architekt Löw an den Aufbauarbeiten
       beteiligen möchte.
       
       Es wäre auch falsch zu sagen, dass da in Russland wieder das alte Rumpeln
       auf dem Rasen zu sehen gewesen wäre. Das Problem ist eher, [1][dass sich
       das deutsche Team in seiner Selbstsicherheit so leicht überrumpeln ließ].
       Und in den eigenen Reihen war zumindest viel Holpern und Stolpern dabei,
       weil der einzige Plan, den Löw hatte, nicht funktionierte. Und es wurde
       wieder darüber gesprochen, ob deutsche Nationalspieler vielleicht nicht
       deutsch genug sind. Unglaublich viel Kredit haben der DFB und sein Team in
       kürzester Zeit verspielt.
       
       ## Angekratzte Autorität
       
       Der Deutsche Fußball-Bund will nun unbedingt wieder in sein altes Schloss
       zurück. Und das soll ihnen Löw mit der einen oder anderen Variation
       wiederaufbauen. Man will sich trotzig dem harten Wind entgegenstellen, der
       unweigerlich aufkommen wird, sollten sich nicht in kürzester Zeit
       Verbesserungen ausmachen lassen. Sicherlich werden die Veränderungspläne,
       die der alte und neue Bundestrainer nun zwangsläufig vorlegen muss, mit
       großem Argwohn begleitet. Die Autorität von Joachim Löw ist mächtig
       angekratzt.
       
       Doch wie sollen die anstehenden großen Investitionen in die Zukunft
       gelingen, wenn kaum noch Kredit da ist? Der Führungsriege um DFB-Chef
       Reinhard Grindel geht es wie Löw. Es fehlt ihnen an einem Plan B. Und diese
       Notlage verbindet alle miteinander mehr als es für den deutschen Fußball
       gut ist. Man hält derart kräftig aneinander fest, dass sich die
       Sauerstoffarmut kaum vermeiden lässt. Das Mantra von Löw, sich durch nichts
       beirren zu lassen, hat den ganzen Verband erfasst.
       
       Sie ist aber längst zu einem hohlen Erfolgsrezept geworden. Gegen Schweden
       konnte Joachim Löw mit seiner Ansage in der Halbzeitpause, die Spielweise
       bloß beizubehalten, noch die späte Wende erklären. Gegen Südkorea erklärten
       die fehlenden Variationsfähigkeiten dann das Scheitern.
       
       Wenn man den namentlich nicht genannten Maulwürfen aus dem DFB-Team glaubt,
       welche die Frankfurter Allgemeine Zeitung just in der Ausgabe vom Dienstag
       zu Wort kommen ließ, dann ist Löw gar nun Opfer seines eigenen Mantras
       geworden. Eigentlich habe Löw, so werden die Worte der Insider
       paraphrasiert, letzten Mittwoch in Kasan schon seinen Rücktritt erklären
       wollen. Der DFB habe ihn jedoch bedrängt, dies nicht zu tun. Sollte das
       stimmen, muss einem Joachim Löw fast schon leid tun. Das grenzt ja fast
       schon an Nötigung.
       
       Es wäre auch im Sinne von Löw und im Sinne der Wertschätzung seines
       reichhaltigen Erbes gewesen, jemand anderen mit dieser Aufgabe des
       Neuaufbaus zu betrauen. Aufgrund der Fantasielosigkeit des DFB mangelt es
       indes wohl an anderen Möglichkeiten. Weil die beiden anderen großen
       deutschen Trainer Thomas Tuchel und Jürgen Klopp derzeit eh nicht zu haben
       sind, erscheint dem Verband das Festhalten an Löw alternativlos zu sein.
       Und ein ausländischer Trainer, das muss wohl irgendwo in den DFB-Statuten
       stehen, darf ein deutsches Team nicht trainieren.
       
       Die Belgier sind mit ihrem spanischen Trainer Roberto Martinez am Montag
       übrigens gerade ins WM-Viertelfinale eingezogen.
       
       3 Jul 2018
       
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