# taz.de -- Kolumne Liebeserklärung: Ein gnadenloser Algorithmus
       
       > Facebook stuft einen Auszug aus der amerikanischen
       > Unabhängigkeitserklärung als „hate speech“ ein. Dummer Algorithmus?
       > Schlauer Algorithmus!
       
 (IMG) Bild: Kann man Computer lieben?
       
       Algorithmen sind unbeliebt. Sie schicken personalisierte Werbung, berechnen
       unser Nutzerverhalten, treffen unsichtbar im Hintergrund Entscheidungen.
       Niemand kann ihnen in den sozialen Medien entkommen. Die Transparenz des
       Users ist zu einem Geschäft geworden, und der Algorithmus ist der
       Sündenbock. Manchmal aber sind die Algorithmen sogar klüger als wir
       Menschen, wie [1][eine Facebook-Panne am US-amerikanischen
       Unabhängigkeitstag] gezeigt hat.
       
       Anlässlich des 4th of July hatte die texanische Zeitung The Vindicator auf
       ihrer Facebook-Seite die Unabhängigkeitserklärung der USA gepostet. Der
       Facebook-Algorithmus allerdings stufte den historischen Text als Hassrede
       ein und sperrte den Post. Wieso? Weil die „Declaration of Independence“ von
       „gnadenlosen Indianerwilden“ spricht, die „alle ohne Rücksicht auf Alter,
       Geschlecht und Stand“ vernichten.
       
       Facebook setzt im Kampf gegen die Verbreitung von Hass verstärkt auf
       automatisierte Software. Da Menschen unmöglich die Flut an Posts sichten
       können, sortiert und sichtet Filtersoftware – nach nackten Brüsten, Gewalt
       und Hassrede.
       
       Man muss sich einen Texaner vorstellen, der am 4. Juli mit Stolz die
       US-Flagge hisst und seine in Rot-Weiß-Blau gehaltenen Badeshorts aus der
       hintersten Ecke seines Schrankes hervorholt – und der sich dann von einer
       Maschine erzählen lassen muss, dass das Gründungsdokument seiner geliebten
       Nation Menschenverachtung und Hass in die Welt getragen hat.
       
       ## Algorithmen sind vielleicht schlauer als Menschen
       
       Facebook hat den Post einen Tag später samt Entschuldigung wieder
       freigegeben. Die über 200 Jahre alte Unabhängigkeitserklärung unter dem
       relativ neuen Begriff „hate speech“ einzuordnen ist schließlich absurd.
       Oder?
       
       Vielleicht ist das aber bloß unsere Menschendenkweise. Hass und
       Fremdenfeindlichkeit sind nicht neu, dafür reicht ein kurzer Blick in die
       Geschichte. Die meisten US-Amerikanerinnen aber würden bei Thomas
       Jeffersons Hetze gegen die Ureinwohner wohl ein Auge zudrücken. Die
       gnadenlosen Algorithmen hingegen unterscheiden nicht zwischen historischem
       und gegenwärtigem, zwischen patriotischem und nicht patriotischem Hass. Für
       sie ist Hass einfach Hass. Vielleicht macht sie das sogar schlauer als die
       Menschen.
       
       6 Jul 2018
       
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 (DIR) Vanessa Prattes
       
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