# taz.de -- Frankreich vor dem WM-Finale: Jetzt schon Weltmeister
       
       > Mittelfeldspieler N’Golo Kanté ist der Größte. Als Markenzeichen des
       > Franzosen gilt ein ausgezeichnetes Stellungsspiel.
       
 (IMG) Bild: Drei, die Siegen wollen: Kanté, Mbappé und Pogba (v.l.)
       
       MOSKAU taz | Auf einer Position ist Frankreich in jedem Falle bereits
       weltmeisterlich aufgestellt. Vor zwei Jahren schon bescheinigte Frankreichs
       Trainer Didier Deschamps dem 1,68 Meter kleinen N’Golo Kanté kurz nach
       seinem Länderspieldebüt im defensiven Mittelfeld, einer der Größten zu
       sein. Während der Weltmeisterschaft hat der Coach seine Meinung geändert.
       „Er ist der beste Spieler der Welt auf seiner Position“, bekundete er
       jüngst.
       
       Deschamps wiederum kann man zu den größten Experten weltweit zählen, wenn
       es um eine derartige Einschätzung geht. Schließlich wurde Frankreich 1998
       auch deshalb Weltmeister, weil Deschamps als Kapitän im Mittelfeld mit
       seiner Giftigkeit alles abräumte, was an gefährlichen Bällen in seine Nähe
       kam.
       
       Wie Kanté heute wusste er damals durch sein ausgezeichnetes Stellungsspiel
       zu überzeugen. Und man schätzte an ihm ebenfalls sehr, wie er eine Partie
       beruhigen und kontrollieren konnte.
       
       Seine Leidenschaft fürs Kontrollieren und das defensive Mittelfeld pflegt
       Deschamps bis heute – [1][im Halbfinale gegen Belgien] gar exzessiv. Um die
       knappe Führung zu verteidigen, hatte er in den letzten Minuten nach zwei
       Einwechslungen vier defensive Mittelfeldspieler auf dem Platz stehen. Aber
       in solch einer Situation Kanté, den Garanten des französischen Erfolgs,
       auszuwechseln, und sei es auch in der letzten Minute, das liegt vermutlich
       außerhalb des Vorstellungsbereichs des 49-Jährigen.
       
       ## „Eine fast pathologische Beziehung zum Siegen“
       
       Der Autor Bernard Pascuito schrieb in seiner Deschamps-Biografie: „Er hat
       schon in seiner Kindheit eine fast pathologische Beziehung zum Siegen
       entwickelt.“ Man glaubt Deschamps’ Beteuerungen, wie sehr ihn das verlorene
       EM-Finale von 2016 gegen Portugal noch schmerzt, sofort. Der
       Defensivspezialist kann sich mit dieser Weltmeisterschaft bestätigt fühlen:
       Am sichersten gewinnt man mit defensiver Stabilität.
       
       Aber anders als früher kommt es heute nach der Balleroberung vor allem auf
       das möglichst schnelle Umschalten an. Erst recht für die Franzosen, die mit
       [2][Kylian Mbappé den weltweit schnellsten Stürmer] in den gegnerischen
       Strafraum schicken können. Und dazu benötigt man neben einem guten
       Stellungsspiel und Zweikampfstärke technische Beschlagenheit und selbst
       eine große Grundschnelligkeit. All diese Fähigkeiten kann man Spiel für
       Spiel bei dieser WM an N’Golo Kanté bestaunen.
       
       An Kanté und Deschamps lässt sich der rasche Wandel des modernen Fußballs
       gut nachvollziehen. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum der Trainer
       gerade wenig von historischen Bezügen hält, obwohl er nach dem
       Halbfinalerfolg auf einen möglichen persönlichen Geschichtseintrag
       hingewiesen wurde.
       
       Er könnte in einen erlesenen Zirkel aufsteigen und der Dritte nach Franz
       Beckenbauer und Mário Zagallo sein, der sowohl als Spieler als auch als
       Trainer einen WM-Titel gewann. Deschamps entgegnete: „Ich habe meine
       Geschichte meinen Spielern gegenüber nie erwähnt. Ich bin mit ihnen hier,
       um ein neues Kapitel zu schreiben.“
       
       ## Der kroatische Messi
       
       Im Finale gegen Kroatien wird auf Kanté die Aufgabe zukommen, die Kreise
       von Luka Modrić, dem kroatischen Messi, einzuengen. Dem wirklichen Messi
       hat der 27-Jährige im Achtelfinale das Fußballspielen verleidet und
       nebenbei seine Mitspieler in Szene gesetzt.
       
       Seine Uneigennützigkeit ist vor allem für die Spektakelkünstler im Sturm,
       Antoine Griezmann und Kylian Mbappé, von Nutzen. Er verrichtet aber seinen
       Dienst im Hintergrund so bestechend gut, dass er längst in den Vordergrund
       gerückt ist. Es sind schon zahlreiche Hymnen auf ihn bei dieser
       Weltmeisterschaft geschrieben worden. Das war bei Deschamps damals nicht
       anders.
       
       Aber anders als Deschamps scheut Kanté die Rolle des Wortführers. Dass er
       als Trainer ein Team kontrollieren wird, ist schwer vorstellbar. Die
       Gedanken von Kanté werden derzeit sowieso nicht über diesen Sonntagabend
       hinausgehen.
       
       14 Jul 2018
       
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