# taz.de -- Petition gegen Versuche an Nachtigallen: Es war der Vogelsänger, nicht der Müller
       
       > Rund 127.000 Menschen unterschreiben eine Petition, um Tierversuche an
       > Nachtigallen an der Freien Universität doch noch zu stoppen.
       
 (IMG) Bild: Ick hör dir trapsen – noch: Nachtigall bei ihrer schönsten Arbeit
       
       Fangen wir mit einem wilden Vergleich an: Der Gesang der Nachtigallen ist
       so beeindruckend wie die Zahl der Unterstützer einer [1][Onlinepetition
       gegen Versuche] an ebendiesen Vögeln. Wild ist auch die Geschichte
       dahinter.
       
       127.000 Menschen aus ganz Deutschland haben sich der Forderung des
       Tierschutzvereins für Berlin angeschlossen, einer renommierten
       Wissenschaftlerin an der Freien Universität (FU) Berlin Experimente mit bis
       zu 35 artgeschützten Nachtigallen zu untersagen. Am Dienstag wurden die
       Unterschriften einem Mitarbeiter des Regierenden Bürgermeisters Michael
       Müller (SPD) übergeben.
       
       Die Verhaltensbiologin Constance Scharff hatte im April 2017 beim Landesamt
       für Gesundheit und Soziales (Lageso) beantragt, für die Untersuchung der
       [2][„Neuronalen Grundlage des Duettgesanges von Nachtigallen“] Versuche an
       den lebenden Exemplaren durchführen zu dürfen. Belastungsgrad der Tiere:
       „mittelschwer“.
       
       Das Lageso erlaubte dies – unter der Auflage, dass dafür Tiere aus einer
       Zucht genommen werden. Dies erwies sich als schwierig, weswegen das
       FU-Forscherinnenteam darum bat, für die Zucht drei wild lebende
       Nachtigall-Männchen einfangen zu dürfen. In Berlin wurde das abgelehnt. Das
       in Brandenburg dafür zuständige Landesamt für Umwelt hingegen erlaubte es.
       Begründung: Der „Erhaltungszustand der Art“ sei sehr gut, zudem würden hohe
       Anforderungen an Fänger und Fangmethode gelten. Letztlich habe man den
       Antrag nicht ablehnen können, heißt es aus dem Amt.
       
       Es untersteht Brandenburgs SPD-Umweltminister – mit dem passenden Namen –
       Jörg Vogelsänger. Er wird in der Petition, unter anderem initiiert von der
       einstigen Berliner Grünen-Abgeordneten und renommierten
       Tierschutzrechtlerin Claudia Hämmerling, aufgefordert, „die Genehmigung für
       die Naturentnahme der Nachtigallen zurückzunehmen“.
       
       ## „Die Schädel aufbohren“
       
       Vielleicht, weil die Initiatoren diesen Weg als wenig erfolgreich
       einschätzen; vielleicht, weil sie ihrer Petition einen vielstimmigeren
       Klang verleihen wollen, wird auch Michael Müller ermahnt, den „geplanten
       grausamen Tierversuch ein für alle Mal zu stoppen!“ Denn, so die
       Tierschützer, die Forscherinnen wollen den Nachtigallen „die Schädel
       aufbohren und jedem Vogel eine Sonde ins Hirn implantieren“.
       
       Im Roten Rathaus hält man das Anliegen, vorsichtig formuliert, nicht für
       das drängendste. Aber das Anliegen werde vom Senat geprüft, verspricht ein
       Mitarbeiter der Senatskanzlei und verweist darauf, dass Tierschutz eine
       „hohe Priorität“ habe und Rot-Rot-Grün Alternativen für Tierversuche
       unterstütze. Ob die drei wilden Nachtigallen und ihre Nachkommen davon
       einst ein Liedchen singen können?
       
       18 Jul 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.change.org/p/nein-zu-tierversuchen-an-nachtigallen
 (DIR) [2] /Petition-gegen-Tierversuche/!5506499/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bert Schulz
       
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