# taz.de -- Debatte um Hochhaus: Überflüssiges Wahrzeichen
       
       > Bürgerschaft hört Experten zum Wolkenkratzer an den Elbbrücken. Die
       > Abgeordneten wollen ein Finanzdesaster wie bei der Elphi und eine
       > Investitionsruine verhindern
       
 (IMG) Bild: Wäre weithin zu sehen: das Hochhaus zwischen den Elbbrücken, Blick nach Süden, rechts davon die Hafencity.
       
       HAMBURG taz | Er könnte so etwas wie das optische Vermächtnis des
       ehemaligen Bürgermeisters Olaf Scholz (SPD) werden: der [1][Elbtower]
       zwischen den Elbbrücken. Der 235 Meter hohe Wolkenkratzer würde rund eine
       Milliarde Euro kosten – mehr als die Elbphilharmonie, allerdings privat
       finanziert. Bei einer Anhörung der Bürgerschaft haben Experten
       städtebauliche wie ökonomische Einwände vorgetragen. Die Abgeordneten
       wollen vermeiden, dass die Stadt am Ende mit einer prominenten und teuren
       Investitionsruine dasteht.
       
       Das Baugrundstück gehört der Stadt, das Parlament muss abschließend über
       den Verkauf entscheiden. Die Verträge über einen Verkauf für 122 Millionen
       Euro sind bereits ausgehandelt. Dem Zuschlag an den österreichischen
       Investor Signa Prime Selection ging ein einstufiges [2][Auswahlverfahren]
       voraus, das zum einen die architektonische Qualität bewertete und zum
       anderen die Realisierungssicherheit.
       
       Der Kaufpreis spielte dabei eine untergeordnete Rolle, was vom ersten
       Experten auch gleich moniert wurde. Das Grundstück werde um 37 Prozent
       billiger abgegeben als der östliche Teil der Hafencity, kritisierte der von
       der Linken aufgebotene Stadtplaner Mario Bloem, der schon als Kritiker der
       Bunkeraufstockung in der Feldstraße hervorgetreten ist.
       
       Bloem verwarf die Behauptung des Architekturbüros David Chipperfield, mit
       dem Elbtower entstehe ein neues Wahrzeichen. Ein solches müsse
       charakteristisch für einen Ort sein; dieser Turm könne jedoch überall
       stehen. Charakteristisch seien hingegen bereits die Elbbrücken, die ins
       Elbtal passten und den Ort auf hinreichende Weise akzentuierten. „Hier sind
       die Elbbrücken die Nummer eins“, sagte der Planer. Sie müssten nur etwas
       zugänglicher gemacht werden.
       
       ## Hochhaus allein kein städtebaulicher Schwerpunkt
       
       Volker Halbach von Blauraum Architekten erinnerte an den
       Hafencity-Masterplan, der mehrere Hochhäuser zwischen den Elbbrücken
       vorsah. „Wir brauchen einen Eckpunkt an der östlichen Seite der Hafencity“,
       sagte er.
       
       Halbach wehrte Bloems Kritik ab, das gläserne Gebäude könnte anders als auf
       den veröffentlichten Darstellungen dunkel werden: Das Hochhaus erhalte eine
       zum Sonnenschutz vorgehängte Fassade aus hell beschichteten
       Aluminium-Lamellen. Es sei allerdings wichtig, beim Bau und den Details so
       lange wie möglich mit dem Architekten Chipperfield zusammenzuarbeiten.
       
       Der zwischen Verkehrswegen eingeklemmte Ort lasse sich auch beleben, sofern
       es gelänge, die ersten sechs Stockwerke für die Öffentlichkeit zu öffnen.
       Alles darüber soll Büros vorbehalten sein. Ein Hochhaus allein schaffe noch
       keinen städtebaulichen Schwerpunkt, sagte dagegen Bloem, was er mit der
       Ödnis rund um das Empire State Building in Manhattan illustrierte. Ob sich
       mit einem Aquarium, wie es schon einmal in der Hafencity geplant war, einem
       House of Pop und einem E-Sports-Center genügend Menschen für die
       Publikumsflächen in den Sockelgeschossen anziehen ließen, sei fraglich.
       Eine von der Bürgerschaft gewünschte Aussichtsplattform sei im Vertrag
       nicht enthalten.
       
       Das könne nachverhandelt werden, versicherte Johannes Conradi von der
       Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, was bei der Opposition
       ungute Erinnerungen an die kostspieligen Nachträge bei der Elbphilharmonie
       weckte. Conradi hat den Senat bei der Vertragsgestaltung beraten und wurde
       von der SPD-Fraktion als Experte benannt. Damit gehöre er wohl eher auf die
       Senatsbank, bemerkte Heike Sudmann von der Linken.
       
       „Die Personen, die das planen, müssen sich überlegen, wie sie mit dem
       Gebäude Geld verdienen“, erinnerte Andreas Kleinau von Combine Consulting,
       ein weiterer Berater des Senats, der von der SPD nominiert wurde. Ein
       Hochhaus sei richtig, weil es eine Adresse schaffe und flexibel zu nutzen
       sei. Er sehe „für die öffentliche Hand keine wesentlichen Risiken“.
       
       Der von der CDU benannte Immobilienentwickler Henning Laubinger warnte
       dagegen, der Investor Signa Prime Selection habe noch nie ein Hochhaus
       entwickelt. Derzeit gebe es eine immmobilienwirtschaftliche
       Sonderkonjunktur. „Was passiert eigentlich, wenn sich die Rahmendaten
       ändern?“, fragte Laubinger.
       
       ## Absicherung für die Stadt schwierig
       
       „Die Schwelle dafür, dass ein Investor seine Meinung ändert, ist höher als
       ich bei jedem anderen Projekt in dieser Stadt gesehen habe“, versicherte
       Anwalt Conradi. Sich abzusichern sei für die Stadt schwierig, warnte
       Laubinger: „Es geht darum, dass einem Projekt von einem solchen Gewicht
       plötzlich eine Zwangssituation entsteht.“
       
       „Meine Horrorvorstellung ist die: Es sind 20 bis 30 Stockwerke gebaut und
       dann passiert was“, sagte Sudmann. In diesem Fall könne die Stadt in die
       Architekten- und Beraterverträge einsteigen, sagte Conradi. Für den Rohbau
       müsse sie nur zahlen, wenn sie diesen binnen zehn Jahren selbst nutzte oder
       weiterverkaufte.
       
       14 Sep 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://davidchipperfield.com/project/elbtower
 (DIR) [2] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
       
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