# taz.de -- Fragen und Antworten zum Dieselkonzept: Autobauer wollen nicht nachrüsten
       
       > Schon kurz nach dem Start wackelt das Dieselkonzept der Regierung. Die
       > Autokonzerne wollen für die Nachrüstung der Diesel-Pkw kein Geld
       > bereitstellen.
       
 (IMG) Bild: Demonstration in Stuttgart für saubere Luft
       
       BERLIN taz | Direkt nach seiner Verkündung steht das [1][„Konzept für
       saubere Luft“ der Bundesregierung] schon auf der Kippe. Denn für die
       wirksamste Maßnahme für saubere Luft in den Städten, die Nachrüstung der
       Diesel-Pkws mit SCR-Katalysatoren, wollen die Autokonzerne kein Geld
       bereitstellen. BMW lehne das ab, erklärte CSU-Verkehrsminister Andreas
       Scheuer, Daimler zögere. Auch Opel und Renault wollen sich nicht
       beteiligen. VW habe zugesagt, aber unter der Bedingung, dass alle
       mitmachen.
       
       Damit ist fraglich, wie die „Hardware-Nachrüstung auf Kosten der
       Industrie“, wie es Verbraucherschützer und SPD-Umweltministerin Svenja
       Schulze gefordert hatten, funktionieren kann. Im Beschluss der Regierung
       „erwartet“ der Bund „vom jeweiligen Automobilhersteller, dass er die Kosten
       einschließlich des Einbaus übernimmt“. Genaueres soll Scheuer mit der
       Industrie verhandeln. Der Minister hat aber immer wieder deutlich gemacht,
       dass er von der Nachrüstung nichts hält.
       
       Was hat die Regierung beschlossen? 
       
       Das „Konzept für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität
       in unseren Städten“, [2][auf das sich die Koalition nach langem Streit am
       Dienstag geeinigt hat,] ist für den Verkehrsminister ein „sehr großer
       Schritt“ zur Lösung der „Dieselkrise. Im „Bundesimmissionsschutzgesetz“
       will die Regierung Fahrverbote für Städte ermöglichen, deren Luftbelastung
       über 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegen. Für die Städte, die darunter
       liegen, sollen die bisherigen Maßnahmen (wie zum Beispiel Software-Updates)
       und neue Förderprogramme für Filter bei Bussen und Müllwagen sowie die
       Umrüstung von Handwerker-Fahrzeugen die Werte unter den Grenzwert von 40
       Mikrogramm drücken.
       
       Für die etwa 1,5 Millionen Dieselfahrer in den 14 hoch belasteten Städten
       (München, Stuttgart, Köln, Reutlingen, Düren, Hamburg, Limburg, Düsseldorf,
       Kiel, Heilbronn, Backnang, Darmstadt, Bochum und Ludwigsburg) gilt: Wer
       dort wohnt, aus dem Umland pendelt oder beruflich dort zu tun hat, kann
       seinen Diesel der Schadstoffklasse 4 oder 5 eintauschen oder ihn nachrüsten
       lassen. Die Regierung schafft dafür die rechtlichen Grundlagen.
       
       Gibt es eine [3][Obergrenze für dicke Luft?]
       
       In diese 14 „Intensivstädte“ dürfen nur Autos, die weniger als 270
       Milligramm Stickoxid (NOx) pro Kilometer ausstoßen. Diesen Wert sollen
       nachgerüstete Pkws erreichen. Zufahrtsberechtigt sind auch Diesel der
       Klasse 6, die die Kunden erwerben können und dabei eine Tausch-Prämie für
       ihren Alt-Diesel erhalten. Dieses Modell bevorzugt die Industrie, damit sie
       ihre Produkte absetzen kann. Sie hat ihre Prämien erhöht: Laut Scheuer sind
       das 6.000 Euro (BMW), 5.000 Euro (Daimler) und 4.000–8.000 Euro (VW).
       
       Was kostet das? 
       
       Für die Industrie werden Kosten von etwa 4 Milliarden Euro geschätzt.
       Steuergeld soll es nicht geben – mit einer Ausnahme: Die Förderung der
       Nachrüstung von Kommunalfahrzeugen und Handwerker-Autos fördert der Staat
       zu 80 Prozent. Die Haftung für die Katalysatoren soll bei den Zulieferern
       liegen.
       
       Wird die Luft sauberer? 
       
       „Die Luft wird sauberer, die Industrie gewinnt das Vertrauen zurück“, hofft
       Umweltministerin Svenja Schulze (SPD). Ob die Luft so schnell sauberer
       wird, dass die Gerichte in den nächsten Urteilen von Fahrverboten absehen,
       ist die große Frage. Auch wenn Kunden massenhaft ihre alten 4er und 5er in
       neue 6er Diesel umtauschen, sind sie nicht sauber: Bis auf wenige Modelle
       stoßen sogar die 6er-Diesel laut Umweltbundesamt etwa 500 Milligramm NOx
       aus – fast das Doppelte des neuen Grenzwerts von 270 Milligramm.
       
       Wie wird das Fahrverbot überwacht? 
       
       Schulze hat [4][die „blaue Plakette“ für 6er-Diesel, die ihr Haus lange
       gefordert hat,] beerdigt. Wie die Beschränkungen kontrolliert werden
       sollen, ist unklar. Bei parkenden Autos müssten die Kennzeichen mit dem
       Register in Flensburg abgeglichen werden – ein immenser Aufwand für die
       Städte. Möglicherweise sind die Fahrverbote praktisch nicht zu überwachen.
       
       Was sagen die Kritiker? 
       
       Der ADAC lobt, endlich gebe es eine Grundlage für Nachrüstungen. Der
       Städtetag moniert, es sei unklar, ob das Konzept umsetzbar sei, Und die
       Deutsche Umwelthilfe spricht von einer „doppelten Nulllösung“, weil weder
       saubere neue Autos auf die Straßen kämen noch die alten nachgerüstet
       würden.
       
       4 Oct 2018
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
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