# taz.de -- #unteilbar-Demo in Berlin: Aufstand vor der Bayern-Wahl
       
       > Der Protest am Samstag in Berlin könnte zum Höhepunkt der Demos gegen den
       > Rechtsruck werden. Die Linkspartei ist bei der Mobilisierung gespalten.
       
 (IMG) Bild: Noch kein offizielles Straßenschild
       
       BERLIN taz | Man kann es so auslegen, wie Sahra Wagenknecht, aber eben nur,
       wenn man den Streit auf die Spitze treiben will. „Wir lassen nicht zu, dass
       Sozialstaat, Flucht und Migration gegeneinander ausgespielt werden“, heißt
       es im Aufruf zur „#unteilbar“-Demo am Samstag in Berlin, zu der die
       VeranstalterInnen 40.000 Menschen erwarten. Der Aufruf endet mit den
       Formulierungen „Solidarität kennt keine Grenzen“ sowie „Für das Recht auf
       Schutz und Asyl – Gegen die Abschottung Europas!“.
       
       Fast 9.000 Personen und Organisationen haben im Internet unterschrieben,
       seit Wochen läuft bei Twitter ein Nominierungs-Pingpong, um möglichst viele
       Menschen am Vortag der Bayern-Wahl auf die Straße zu bringen. Es könnte der
       Höhepunkt einer ganzen Reihe von Großdemonstrationen gegen den Rechtsruck
       in den letzten vier Monaten werden. Natürlich geht es um die Politik
       Seehofers, es geht um das Mittelmeer ,und es geht um die soziale Frage.
       
       Aber heißt das gleich „offene Grenzen für alle“?
       
       [1][Das behauptet die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht] – und grätscht
       damit mitten in die heiße Phase der #unteilbar-Mobilisierung, die auch von
       ihrer eigenen Partei betrieben wird.
       
       Schon der Aufruf sei problematisch, so Wagenknecht bei einer
       Diskussionsveranstaltung der Linken am Dienstag, – weil „die Position
       ‚offene Grenzen für alle‘ als einzige bestimmende Position“ auftauche.
       Damit grenze man Leute aus, die gegen offene Grenzen, aber dennoch gegen
       Rassismus seien. Tatsächlich findet sich die Forderung nach „offenen
       Grenzen für alle“ gar nicht in dem Aufruf.
       
       ## „Unzulässige“ Deutung
       
       Beim #unteilbar-Bündnis war man sich zuerst unsicher, ob man überhaupt
       reagieren wollte. „Wir werden uns jetzt sicher nicht groß auf Wagenknecht
       einlassen“, sagte ein Vertreter des Bündnisses am Mittwochmorgen. Etwas
       später äußerte #unteilbar-Sprecherin Anna Spangenberg sich dann doch – und
       wies Wagenknechts Deutung zurück: „Dass wir für offene Grenzen sind, steht
       mit keinem Wort im Aufruf“, sagte sie. Das sei Wagenknechts „sehr eigene“
       und „unzulässige“ Deutung. #unteilbar sei ein großes Bündnis, entsprechend
       sei in dieser Frage eine Diskussion geführt worden und an deren Ende stehe
       die Formulierung des Aufrufs: Sozialstaat und Migration nicht gegeneinander
       ausspielen, keine Abschottung – nicht mehr, nicht weniger. „Und dazu können
       wir uns alle bekennen“, sagte Spangenberg.
       
       Die Demo wird von einer Reihe von Organisationen mitgetragen, die „offene
       Grenzen“ sofort unterschreiben würden, etwa der Interventionistischen
       Linken. Doch um für genau jene anschlussfähig zu bleiben, die „gegen offene
       Grenzen, aber dennoch gegen Rassismus“ sind, wie Wagenknecht es formuliert
       hat, ist der Aufruf ohne die „Offene Grenzen“-Forderung formuliert worden.
       
       Wagenknechts deshalb ins Leere laufender Vorwurf wurde am Mittwoch von der
       AfD aufgenommen: „Erfreulich ist, dass es selbst bei den Linken noch eine
       mutige Stimme der Vernunft gibt: Sarah Wagenknecht“, schrieb der
       AfD-Vorsitzende Alexander Gauland. „Leider“ sei Wagenknecht „innerhalb
       ihrer Partei in der Minderheit und wird sich nicht durchsetzen können.“
       
       In der Tat sieht der Rest von Wagenknechts Partei die Sache anders als sie:
       Die beiden Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger haben den
       Aufruf unterschrieben, es gibt am Samstag Busse der Linkspartei zur Demo,
       ebenso wie es einen eigenen Linke-Block geben soll.
       
       ## DGB ist dabei
       
       Eine der Organisationen, die das #unteilbar-Bündnis gern im Boot haben
       wollte, waren die Gewerkschaften. Der DGB war zunächst zögerlich, entschied
       sich aber nun doch, mitzuziehen: „Ja, wir unterstützen die Demo am
       Samstag“, sagte DGB-Sprecherin Marion Knappe der taz. DGB-Vorstandsmitglied
       Stefan Körzell wird bei der Auftaktkundgebung sprechen, Isabell Senff von
       der Verdi-Jugend wird moderieren.
       
       Unter den fast 9.000 Mobilisierenden finden sich indes nicht nur
       Linken-Politiker oder Grüne wie Anton Hofreiter, sondern auch
       SPD-PolitikerInnen wie die Abgeordnete Eva Högl, viele KünstlerInnen wie
       die Schauspielerin Maria Furtwängler oder Jan Böhmermann. Herbert
       Grönemeyer wird bei der Abschlusskundgebung an der Siegessäule in Berlin
       auftreten.
       
       Bei einer Pressekonferenz am Mittwoch bemühten sich die VeranstalterInnen,
       ihre Demo nicht als rein migrationspolitische Aktion verstanden zu wissen,
       und betonten soziale Anliegen. Die Sozialwissenschaftlerin Naika Foroutan
       sprach von einem Klima der Menschenverachtung, das die rechtspopulistischen
       Parteien in ganz Europa geschaffen haben und das sich gegen jegliche Form
       pluralen Lebens richte. „Es geht nicht nur gegen Migranten und gegen den
       Islam, es geht gegen Europa als pluralen Raum.“ Ursache sei eine
       Ungleichheit in der Gesellschaft, wie es sie zuletzt vor über 100 Jahren
       gegeben habe, obwohl die „Norm der Gleichheit“ im Grundgesetz
       festgeschrieben sei. Offenbar mit Bezug auf den Gastbeitrag, den der
       AfD-Vorsitzende Alexander Gauland in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
       veröffentlicht hatte, sagte Foroutan. die „Bewegung auch gegen die
       sogenannten kosmopolitischen Eliten“ habe „antisemitische Züge“.
       
       Ulrich Schneider, der Vorsitzende des Paritätischen, sagte: „Wir wehren uns
       gegen jede Ideologie der Ungleichwertigkeit“. Menschen hätten Angst um ihre
       soziale Sicherheit, Rechtsradikale würden sich diese zunutze machen.
       „Plötzlich werden Krankheit und Behinderung auf eine Stufe gestellt,
       Mitgliedsorganisationen des Paritätischen werden bedroht“, sagte Schneider.
       
       Auch der Schauspieler Benno Fürmann verwies auf die soziale Frage: „Wir
       haben eine Ungerechtigkeit wie nie zuvor“ sagte Fürman, und es werde „nach
       unten getreten, anstatt nach oben zu schauen“. Er sei dagegen, dass
       „Abstiegsängste als Konflikt zwischen In- und Ausländern gespielt werden“.
       
       10 Oct 2018
       
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