# taz.de -- Kolumne Eier: Gekommen, um zu bleiben
       
       > Dieses MeToo-Ding mit dem „#“, vor dem sich Männer fürchten – was ist
       > das? Eine Bewegung, eine Revolution? Das entscheidet sich jetzt.
       
 (IMG) Bild: Der Fall Sigi Maurer: Sind die Grenzen von #MeToo erreicht?
       
       Lassen Sie mich ehrlich sein: Als das vor einem Jahr losging mit #MeToo, da
       dachte ich, dass das bald wieder vorbei sein wird. Diese Kolumne wäre
       damals, Ende Oktober 2017, der ideale Platz gewesen, um eine mutige
       Behauptung aufzustellen: Dass #MeToo der Moment des frühen 21. Jahrhunderts
       sein würde, der einen weiteren Aspekt der männlichen Herrschaft demontiert.
       Das also, was 1968 der [1][Tomatenwurf von Sigrid Rüger] war, oder [2][die
       Konferenz von Seneca Falls] in den USA gut hundert Jahre zuvor.
       
       Damals fehlte mir für so eine These der Mut. Zu viel war in den sozialen
       Medien aufgebrandet und wieder versandet. Jetzt, ein Jahr später, ist es
       anders. #MeToo ist geblieben, ist nicht mehr wegzukriegen, dafür sind zu
       viele prominente Täter enttarnt worden.
       
       Was hingegen weiterhin nicht klar ist: Was ist das eigentlich, dieses
       #MeToo? In den meisten Texten hat sich der etwas müde Begriff „Debatte“
       durchgesetzt. Wikipedia spricht erst mal von einem „Hashtag“ – was #metoo
       ja auch ist, aber ein Hashtag an sich ist erst einmal nichts Besonderes.
       
       Ist es eine „Bewegung“, oder gar eine „Revolution“? Dynamischer sind diese
       Wörter definitiv – aber ist dafür nicht letztlich doch zu viel beim Alten
       geblieben? Gerade [3][die jüngsten Ereignisse] machen ein bisschen mutlos.
       Die Geschichte um den US-Richter Kavanaugh zeigt, dass auch ein Jahr nach
       #MeToo eher das Ansehen und die Karriere derjenigen in Gefahr sind, die
       beschuldigen, als derjenigen, die beschuldigt werden. Der Fall der
       österreichischen Grünen-Politikerin Sigi Maurer ist ein Signal, dass
       Frauen, die sich gegen Belästigung wehren, mit gewaltigen finanziellen
       Schäden rechnen müssen. Andererseits hat Maurer [4][gerade innerhalb von
       zwei Tagen über 100.000 Euro an Spenden für einen geplanten
       Rechtshilfefonds erhalten].
       
       Also doch Bewegung?
       
       Spätestens mit diesen Fällen ist #MeToo an einem Punkt angelangt, wo die
       Utopie auf die Realität prallt. Wo klar wird, dass das Hashtag erst mal
       erleichtert hat, sexualisierte Gewalt zu benennen, ein Bild des Problems zu
       zeichnen, das haften bleibt. Wo klar wird, dass damit nicht automatisch
       Gerechtigkeit eintritt oder die Gewalt verschwindet.
       
       Die Debatte – die Bewegung, vielleicht die Revolution – ist an einem Punkt,
       an dem die Anfangsenergie etwas verflogen ist. An dem sie aber weiterhin
       für alle, die sich dem Thema nicht beharrlich verwehren, eine Belastung
       ist. Für die Opfer, die nach wie vor Opfer sind, wie für alle anderen, die
       plötzlich mit ihrer eigenen Komplizenschaft im System konfrontiert sind.
       
       Ein Jahr nach Beginn muss #MeToo jenseits prominenter Gesichter so weit in
       unser Bewusstsein eingedrungen sein, dass die Veränderungen auf allen
       Ebenen von alleine weitergehen. Wenn das klappt, dann ist es eine
       Revolution.
       
       Und dieses Mal wage ich eine Prognose: Es sieht gut aus.
       
       21 Oct 2018
       
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 (DIR) [3] /Starke-Frauen-gegen-das-Patriarchat/!5542114
 (DIR) [4] https://twitter.com/sigi_maurer/status/1052320075431186435
       
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