# taz.de -- Kolumne Eier: Dieses ewige Alles-infrage-Stellen
       
       > Seine Männlichkeit neu zu justieren macht keinen Spaß, ist anstrengend
       > und verfolgt einen bis in den Schlaf. Tja, Pech, da müssen wir durch.
       
 (IMG) Bild: Ja, Mann-sein ist nicht immer schön und schon gar nicht einfach
       
       Neben mir schlägt die Kollegin theatralisch die Stirn auf die Tischplatte,
       was mich aus dem Konzept bringt. Gerade hatte ich der versammelten
       Belegschaft einen Vortrag gehalten über – habe ich vergessen, aber geredet
       habe ich. „Kannst du mal BITTE aufhören, von Dingen zu labern, von denen du
       nichts verstehst?“, sagt die Kollegin. „Und überhaupt, wie sitzt du
       eigentlich da?“ Ich gucke an mir runter und stelle fest, dass ich so
       breitbeinig sitze, dass es kein Manspreading mehr ist, sondern fast Yoga.
       Im selben Moment wird mir klar, dass ich seit mehreren Minuten ohne Inhalt
       vor mich hin monologisiere. Alle in der Runde starren jetzt auf meinen
       Schritt. Ich wache schweißgebadet auf.
       
       Seid ihr zufrieden, Netzfeminist*innen?, denke ich und ditsche mit dem
       Pikser ein Loch in mein Frühstücksei, bevor ich den Kocher auf „außen hart
       und innen ganz weich“ einstelle. Immerhin tu ich doch schon mein Bestes.
       Hey, ich schreibe eine Männerkolumne – und da werde ich gar noch im Schlaf
       von der Angst verfolgt, etwas falsch zu machen!
       
       Beim Neujustieren der Männlichkeit müssen wir Männer erst mal mit folgendem
       Gedanken klarkommen: „Alles, was ihr bisher für richtig haltet, ist
       möglicherweise falsch.“ Was wir bisher für hilfreiche Ratschläge hielten,
       könnte in Wahrheit Mansplaining sein. Selbstbewusstes Auftreten war
       womöglich Dominanzgehabe. Komplimente sind vielleicht Belästigung. Leistung
       entpuppt sich als Privileg. Und Handcreme als gar nicht mal so übel, guck
       mal, weißt du noch, wie rau meine Fingerkuppen früher waren?
       
       Kein Wunder, dass regelmäßig irgendwer irgendwo „Stopp jetzt mal“ ins
       Feuilleton schreit. Das macht nämlich überhaupt keinen Spaß, dieses ewige
       Alles-infrage-Stellen. Mehr noch, es verunsichert und verkriselt einen
       total – vor allem uns Herren des Bildungsbürgertums. Schließlich haben wir
       längst Etikette und korrektes Verhalten gegenüber Frauen eingebläut
       bekommen. Jetzt also noch mal alles von vorne? Komplett anders? Bisweilen
       widersprüchlich? Und obendrein bekomme ich keine Medaille, sondern
       allenfalls Albträume ob der kaltschweißenen Angst vorm feministischen
       Fettnapf? Ihr Männer, die ihr immer sagt, wie übertrieben dieser ganze
       Dauerfeminismus sei: Ihr habt recht. Er macht uns kaputt, verfolgt uns im
       Schlaf. Und bringt uns nichts.
       
       Außer natürlich denjenigen Männern, die auch unter Männlichkeit leiden,
       weil sie etwa schwul, schüchtern, schmächtig oder schwuchtelig sind. Oder
       denjenigen Männern, die sich ungern dröhnend den Raum nehmen. Oder denen,
       die Wert auf einvernehmliche statt erpresste Nähe legen. Und denen, die
       Töchter, Mütter, Schwestern und Enkelinnen haben, von denen sie wollen,
       dass es ihnen gut geht.
       
       Diese Männer müssen leider weiter schwitzen und mal schlecht schlafen,
       damit sich Männlichkeit verändert. Alle anderen: Ihr habt meine Erlaubnis,
       sofort mit dem ganzen Feminismusquatsch aufzuhören.
       
       11 Sep 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Peter Weissenburger
       
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