# taz.de -- Ermittlungen wegen „Frauenmarsch“: Grüne stellen sich hinter Bayram
       
       > Zu den Vorwürfen gegen Canan Bayram geben sich die Grünen gelassen. Doch
       > die Staatsanwälte haben weitere Politiker im Visier.
       
 (IMG) Bild: Was ist jetzt normal: sich Rechten gegenüberstellen, oder dafür als Politiker belangt zu werden?
       
       BERLIN taz | Die Fraktionsspitze der Grünen wird sich nicht dagegen wehren,
       dass der Kreuzberger Abgeordneten Canan Bayram [1][die Immunität aberkannt
       wird]. „Es ist der Normalfall, dass wir die Immunität von Abgeordneten
       nicht wiederherstellen, damit Vorwürfe in einem rechtsstaatlichen Verfahren
       geklärt werden können“, sagte Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann
       am Mittwoch der taz. „Anders würden wir nur bei Missbrauch des
       Strafverfahrens handeln.“
       
       Die Berliner Staatsanwaltschaft will gegen Bayram wegen eines möglichen
       Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz ermitteln. Bayram, die das
       Direktmandat in dem Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gewonnen hat,
       protestierte im Februar 2018 gegen einen rechten „Frauenmarsch“ in Berlin.
       Laut Staatsanwaltschaft soll sich die Grüne an einer Blockade von mehr als
       1.000 Menschen auf einer Straßenkreuzung beteiligt haben.
       
       „Durch gemeinsames enges Zusammenstehen“ habe die Grüne mit anderen den
       „Frauenmarsch“ für Stunden aufgehalten, was schließlich zu dessen Abbruch
       geführt habe – was Bayram und die anderen GegendemonstrantInnen „auch
       bezweckt haben sollen“. So begründet die Staatsanwaltschaft in einem
       Schreiben, das die taz einsehen konnte, ihre Ermittlungen.
       
       Bei den Grünen gibt man sich angesichts des Falles gelassen. „Ich gehe
       davon aus, dass die Berliner Justiz dieses Verfahren ordnungsgemäß und
       zeitnah bearbeitet, und glaube, dass sich die Vorwürfe gegen Frau Bayram
       schnell entkräften“, sagte Haßelmann weiter. Bayram selbst hatte die
       Vorwürfe als „befremdlich“ bezeichnet. Sie habe sich damals in ihrem
       Wahlkreis im Austausch mit Bürgern befunden.
       
       Der Grünen-Abgeordnete Sven-Christian Kindler übte Kritik an der
       Staatsanwaltschaft. „Für mich ist klar, dass friedliche Aktionen zivilen
       Ungehorsams gegen rechtsradikale Aufmärsche sinnvoll und notwendig sind“,
       sagte Kindler der taz. Die vielen Ermittlungsverfahren gegen friedliche
       DemonstrantenInnen wirkten so, als werde hier mit Kanonen auf Spatzen
       geschossen. Kindler betonte: „Friedlicher Protest gegen rechte Hetze ist
       kein Verbrechen, sondern legitim und wünschenswert.“
       
       Bei den Protesten im Februar waren auch Berliner Landespolitiker vor Ort.
       Nach taz-Informationen haben vier von ihnen ebenfalls Post von der
       Staatsanwaltschaft bekommen: die drei Grünen-Abgeordneten Katrin
       Schmidberger, Fatoṣ Topaç und Georg Kössler sowie Hakan Taş, der für die
       Linkspartei im Abgeordnetenhaus sitzt.
       
       „Wir haben großes Vertrauen in die Justiz, dass sie die Vorwürfe aufklären
       wird“, sagte Schmidberger. Bei möglichen Ermittlungen dazu werde man sich
       „natürlich nicht querstellen“. Sie und ihre Fraktionskollegen seien als
       parlamentarische Beobachter vor Ort gewesen. „Es war wichtig, dass es
       friedlichen Protest gab gegen diesen angeblichen Frauenmarsch, auf dem in
       Wirklichkeit nur gehetzt wurde“, sagte sie.
       
       „Ich bin oft als parlamentarischer Beobachter bei Demonstrationen und habe
       bislang durchweg gute Erfahrungen gemacht, auch mit der Polizei vor Ort“,
       sagte Georg Kössler. Davon möchte er sich durch die aktuellen Ereignisse
       auch nicht abbringen lassen: Kössler, bei den Berliner Grünen zuständig für
       Klima- und Umweltschutz, will auch bei den für Ende Oktober geplanten
       Protesten des Bündnisses „Ende Gelände“ im Hambacher Forst vor Ort sein.
       
       Dass Abgeordnete bei Protesten als parlamentarische Beobachter vor Ort
       sind, um das Geschehen zu dokumentieren und gegebenfalls zwischen Polizei
       und Aktivisten zu vermitteln, ist langjährige Praxis. Eine eigene
       juristische Kategorie gibt es für diese Tätigkeit allerdings nicht.
       
       10 Oct 2018
       
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