# taz.de -- Grüne nach „Frauenmarsch“ im Visier: Bayram soll Immunität verlieren
       
       > Weil sie einen rechten Aufmarsch blockiert haben soll, will die
       > Staatsanwaltschaft Berlin gegen die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram
       > ermitteln.
       
 (IMG) Bild: „Ich gehe davon aus, dass sich das aufklärt und von dem Vorwurf nichts übrig bleibt“, sagt Bayram
       
       Es war ein bunter Protest am 17. Februar 2018. Mehr als 1.500 Menschen
       standen damals im Berliner Stadtteil Kreuzberg auf der Straße, als sich
       [1][ein rechter „Frauenmarsch“ auf den Weg zum Kanzleramt machen wollte].
       Unter den GegendemonstrantInnen befanden sich auch PolitikerInnen. Für eine
       von ihnen hat das ein Nachspiel: die Grünen-Bundestagsabgeordnete Canan
       Bayram.
       
       Die Berliner Staatsanwaltschaft will gegen sie wegen eines möglichen
       Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz ermitteln, Bayrams Immunität soll
       aufgehoben werden. Im Bundestag hat eine Immunitätsaufhebung
       Seltenheitswert.
       
       Der rechte „Frauenmarsch“ kam damals nicht weit: Schon nach wenigen hundert
       Metern wurde er von den Gegendemonstranten blockiert. Die Veranstalter
       brachen schließlich ab. Die Berliner Staatsanwaltschaft wirft Bayram nun
       vor, sich an der Blockade von mehr als 1.000 Menschen auf einer
       Straßenkreuzung beteiligt zu haben.
       
       „Durch gemeinsames enges Zusammenstehen“ habe die Grüne mit anderen den
       „Frauenmarsch“ für Stunden aufgehalten, was schließlich zu dessen Abbruch
       geführt habe – was Bayram und die anderen GegendemonstrantInnen „auch
       bezweckt haben sollen“. So heißt es in einem Schreiben der
       Staatsanwaltschaft, das die taz einsehen konnte.
       
       ## „Befremdliche“ Vorwürfe der Staatsanwaltschaft
       
       Am Donnerstag soll deshalb der zuständige Ausschuss des Bundestags die
       Immunität von Bayram aufheben. Dass dies geschieht, ist eine Formsache.
       Auch die Grünen werden dem wohl nicht widersprechen, da sie die Sache
       klären wollen. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) wurde bereits
       von der Berliner Staatsanwaltschaft über die Vorwürfe informiert.
       
       Bayram sitzt seit Herbst 2017 im Bundestag, als direkt gewählte Abgeordnete
       des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, als Nachfolgerin von Grünen-Urgestein
       Christian Ströbele. Die Anwältin vertritt ihre Fraktion im Rechtsausschuss
       des Bundestags. Seit Jahren engagiert sie sich gegen rechte Umtriebe.
       
       Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft bezeichnete Bayram am Dienstag als
       „befremdlich“. Sie habe sich damals in ihrem Wahlkreis im Austausch mit
       Bürgern befunden. „Ich gehe davon aus, dass sich das aufklärt und von dem
       Vorwurf nichts übrig bleibt“, sagte sie der taz.
       
       Die Berliner Staatsanwaltschaft wollte sich zu dem Vorgang vorerst nicht
       äußern. Nach taz-Informationen geht der bisherige „Prüfvorgang“ auf mehrere
       Strafanzeigen gegen Bayram zurück, formale Ermittlungen sollen nun folgen.
       Offenbar betrifft dies auch mindestens drei Abgeordnete des Berliner
       Landesparlaments, die sich damals unter den GegendemonstrantInnen befanden.
       
       ## Erinnerungen an Neonazi-Großaufmarsch in Dresden
       
       Der rechte „Frauenmarsch“ im Februar richtete sich vorgeblich gegen Gewalt
       an Frauen, engte diese aber auf migrantische Täter ein. Veranstalterin war
       die kurdischstämmige AfD-Politikerin Leyla Bilge. 500 TeilnehmerInnen
       fanden sich zu dem Aufzug zusammen, darunter auch mehrere AfD-Abgeordnete.
       Auch Pegida-Anführer Lutz Bachmann reiste eigens an.
       
       Nach der Blockade wurde heftig über die GegendemonstrantInnen gewettert. Es
       sei „untragbar“, dass „linksextreme Randalierer“ unterstützt von
       Abgeordneten eine friedliche Demonstration „mit Gewalt“ verhindert hätten,
       schimpfte etwa der Berliner AfD-Fraktionschef Georg Pazderski. Seine
       Fraktion werde sich „mit allen parlamentarischen und rechtlichen Mitteln“
       für die Bestrafung der Täter einsetzen.
       
       Die Ermittlungen gegen Bayram und die Landespolitiker wecken Erinnerungen
       an einen Neonazi-Großaufmarsch in Dresden. Über Jahre waren in der
       sächsischen Landeshauptstadt Rechtsextreme aufmarschiert, um die
       Bombardierung Dresdens durch die Alliierten am Ende des Zweiten Weltkriegs
       zu instrumentalisieren.
       
       [2][2011 hielten Gegendemonstranten mit Sitzblockaden dagegen], darunter
       auch Abgeordnete. Daraufhin wurde etwa die Immunität der
       Linken-Bundestagsabgeordneten Caren Lay und Michael Leutert und des
       späteren Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) aufgehoben. Die
       Verfahren dauerten Jahre. Am Ende stellte die Staatsanwaltschaft Dresden
       sie wegen Geringfügigkeit ein.
       
       9 Oct 2018
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
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