# taz.de -- Prominenter Auschwitzleugner gestorben: Als der Damm brach
       
       > Der Wortführer des französischen Negationismus, Robert Faurisson, ist
       > tot. Jeder durfte ihn gerichtsfest einen „Geschichtsfälscher“ nennen.
       
 (IMG) Bild: Antisemitismus hat auch in Frankreich eine lange Tradition
       
       Louis Darquier de Pellepoix (1897-1980), einer der drei wichtigsten
       französischen Beamten, die unter dem Vichy-Regime ab 1942 mit der
       Verhaftung und Deportation der in Frankreich lebenden und nach Frankreich
       geflohenen Juden beschäftigt war, sagte in einem Interview mit dem Express
       vom 28. Oktober 1978: „In Auschwitz hat man nur Läuse vergast.“ Der
       ehemalige „Vorsitzende des Kommissariats für Judenfragen“ lebte damals, von
       Faschisten vor der Auslieferung geschützt, im spanischen Exil.
       
       Dass der Express das Interview gefahrlos drucken konnte, war der Beginn der
       medialen Karriere des 1929 geborenen Literaturwissenschaftlers Robert
       Faurisson, der ab 1973 an der Universität Lyon II lehrte, obwohl ihm die
       Qualifikation dafür von namhaften Kollegen abgesprochen worden war.
       
       Noch vor dem skandalösen Interview Darquiers versuchte Faurisson im Juni
       1978 vergeblich, Le Monde einen Artikel zu verkaufen unter dem Titel „Das
       Problem der Gaskammern oder das Gerücht von Auschwitz“. Aber nach dem
       Interview des radikalen Antisemiten Darquier war in Frankreich der Damm
       gebrochen. Im November 1978 gelang es Faurisson, im Matin einen Artikel zum
       Thema „ Die Gaskammern existierten nicht“ unterzubringen.
       
       Die Universität Lyon II suspendierte zwar Faurisson für ein paar Wochen,
       aber aus Nachsicht für persönliche Attacken auf ihn entschloss sich Le
       Monde, eine etwas mildere Version des Artikels Faurissons „Über das Problem
       der Gaskammern und das Gerücht von Auschwitz“ sowie Repliken dazu von
       namhaften Historikern wie Pierre Vidal-Naquet zu publizieren.
       
       ## Chomsky tat auch mit
       
       1980 veröffentlichte Faurisson im Verlag „La vieille Taupe“, bei dem
       zeitweise auch vernagelte Libertäre wie Jean Gabriel Cohn-Bendit
       mitwirkten, sein Buch unterzubringen: „Verteidigung gegen jene, die mich
       anklagen, die Geschichte zu verfälschen“. Das Buch wurde zum Erfolg wegen
       des Vorworts von Noam Chomsky, der das schlichte Machwerk im Namen der
       Presse- und Meinungsfreiheit verteidigte.
       
       1990 schied Faurisson aus dem Staatsdienst aus, wurde zehn Jahr später
       wegen „Leugnung des Holocaust“ verurteilt und scheiterte in allen Instanzen
       zur Revision des Urteils wie auch in neun weiteren Verfahren. Ab 2008 trat
       er mehrmals mit dem antisemitischen Rapper Dieudonné M’bala M’bala auf, der
       ihm einen „Orden für Nonkonformisten“ verlieh und damit Faurissons Ruin
       einleitete, der damit endete, dass ihm ein französisches Gericht den selten
       vergebenen Titel verlieh, ein „Geschichtsfälscher“ zu sein.
       
       Der Wortführer des französischen Negationismus, wie die Auschwitz-Leugnung
       in Frankreich genannt wird, starb am 21. Oktober in Vichy, wo der
       französische Antisemitismus zwar nicht begann, aber seinen brutalen
       Höhepunkt erreichte.
       
       26 Oct 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Walther
       
       ## TAGS
       
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