# taz.de -- Kolumne Nullen und Einsen: Der Aufstand gegen das Kommende
       
       > Die taz probiert ein neues internes Kommunikationstool aus. Macht es
       > alles einfacher oder nervt es einfach nur? Die Meinungen gehen
       > auseinander.
       
 (IMG) Bild: „Warum soll ich dich denn anrufen? Ich kann doch auch einfach vorbeikommen und so mit dir reden“
       
       Der Herbst macht vieles anders bei der taz. Wir haben ein neues Haus
       ([1][habt] [2][ihr] [3][mitbekommen], [4][oder]? [5][Ein] [6][neues]
       [7][Haus]!), in dem sich die Jalousien automatisch schließen, wenn zu viel
       Sonne reinscheint, in dem es aber so gut wie keine Papierkörbe gibt. Und
       wir probieren ein neues „zentrales Kommunikationstool“ aus. Es heißt
       „Riot“, was ein bisschen lustig ist im Kontext der taz-Ursprünge, aber
       reiner Zufall.
       
       Riot ist ein Instant Messenger, also im Prinzip so was wie WhatsApp, IRC
       oder Skype. Man trifft sich in „Räumen“, wo dann themenspezifisch
       kommuniziert a.k.a. gechattet wird. Ein Raum für die Planung der
       Frauentags-taz ist genauso denkbar wie einer für Blattkritiken oder eine
       Tischtennis-Verabredungsgruppe. Die Idee: Weniger Mails, weniger
       Mehrfachabsprachen, weniger Aneinandervorbeigerede. Alle haben immer alle
       Infos kompakt. Schlankeres, optimierteres Arbeiten also. Schöne neue Welt.
       
       Eine gute Idee, so in der Theorie. Nur gibt es da halt auch noch die
       Mitarbeiter. Und da finden Riot gar nicht alle soooooo geil. Das liegt zum
       Teil daran, dass die Einführung taz-typisch ein wenig verhühnert wurde (ich
       erspare mir Details, die Kollegen können ja hier mitlesen), und zum Teil
       daran, dass es etwas Neues ist.
       
       Denn Neues macht Arbeit, egal, ob es langfristig welche einspart. Über
       Jahre und Jahrzehnte eingeschliffene Routinen werden geändert, das nervt,
       und es wird Stimmung gemacht. Schnell nach dem Start von Riot etablierte
       sich das nölige Narrativ, dass man jetzt „ja erst mal jeden Morgen 30
       Chaträume lesen muss“ (Kurzfassung: nein, muss man nicht).
       
       Die Sache ist ja: Egal, was man ändert, es steht immer unter besonders
       kritischer Beobachtung. An die meisten Umständlichkeiten des Bestehenden
       haben sich alle so sehr gewöhnt, dass sie nicht mal mehr auffallen. Würde
       jetzt jemand kommen und sagen: „Hey, wir führen ein Kommunikationstool ein,
       das nur im 1:1-Gespräch gut funktioniert, das eure Absprachen nicht
       automatisch zum späteren Nachvollziehen speichert und für das wir
       spezialisierte, ortsgebundene Endgeräte brauchen“ – ich bin mir sicher, die
       meisten Leute würden diesem Ding sehr kritisch gegenüberstehen. Dabei ist
       es ein Festnetztelefon.
       
       Die Ablehnung ist zugleich verständlich, denn Menschen sind sehr
       verschieden. Manche empfinden zwölf ungelesene Mails in ihrem Postfach als
       komplette Überforderung, wieder andere sind gestresst von Telefonaten. Für
       einige mag Riot anstrengend sein – dass es anderen Leuten in ihrer
       Arbeitsstruktur hilft und sie zu mehr befähigt, wird gern übersehen. Es
       geht hier auch um Privilegien und Besitzstandswahrung, wie so oft.
       
       Wenig aber hilft gegen die Skepsis, wenn die Riot-Befürworter immer nur
       betonen, dass damit „alles besser und einfacher“ werde. Denn natürlich ist
       Riot nicht für alles ideal. Wir sprechen ja auch nach wie vor miteinander,
       obwohl es Mails gibt. Die optimalen Einsatzgebiete für Riot, sie müssen
       sich erst finden. Die Papierkörbe im neuen taz-Haus übrigens auch.
       
       21 Nov 2018
       
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