# taz.de -- Neue Technik gegen Kükenschreddern: Nur ein paar weniger Hähne getötet
       
       > Erste Supermärkte verkaufen Eier, für die dank neuer Technik keine
       > männlichen Hühner sterben. Immer noch werden 44 Millionen weitere
       > getötet.
       
 (IMG) Bild: Hoffentlich ist es weiblich, sonst stehen die Chancen schlecht
       
       BERLIN taz | In Deutschland werden jährlich 45 Millionen Hühnerküken von
       Legehennen-Rassen kurz nach dem Schlüpfen getötet, weil sie männlich sind.
       Ihr Fehler: Sie legen keine Eier und für die übliche Express-Mast wachsen
       sie zu langsam. Schließlich wurden die heute üblichen Hühnerrassen extrem
       spezialisiert gezüchtet. Deshalb landen die meisten männlichen Küken am
       ersten Lebenstag in Behältern, wo sie mit Kohlendioxid erstickt werden.
       
       Das von der CSU und jetzt der CDU geführte Bundesagrarministerium versucht
       seit Jahren weitgehend erfolglos, diese Grausamkeit zu beenden. Doch am
       Donnerstag hat Ministerin Julia Klöckner einen „[1][Durchbruch]“ verkündet.
       Eine mit Geld des Ministeriums entwickelte Anlage kann nun das Geschlecht
       der Küken schon vor dem Schlüpfen bestimmen. Die männlichen Eier können
       dann zum Beispiel an Ferkel verfüttert werden.
       
       Das System der Kölner Firma Seleggt ist jetzt so ausgereift, dass ab diesem
       Monat in 223 Berliner Filialen der Supermarktkette Rewe und ihrer
       Discounttochter Penny einige Eier von Legehennen verkauft werden können,
       die als Bruteier das Verfahren durchlaufen haben. Bis Ende 2019 sollen alle
       rund 5.500 Märkte solche Eier anbieten.
       
       „Das ist ein großer Tag für das Tierwohl in Deutschland!“ jubelte Klöckner.
       Aber Rewe-Sprecher Andreas Krämer sagte der taz: „Wenn alle Rewe- und
       Penny-Märkte umgestellt sind, werden jährlich ungefähr eine Million
       männliche Küken nicht ausgebrütet, um sie danach zu töten.“ Bisher seien es
       sogar nur 20.000. Es werden also weiter bundesweit 44 Millionen Hähne nach
       dem Schlupf erstickt.
       
       Das wird noch lange so weitergehen. Denn serienreif sei das Verfahren
       bislang nicht, räumte Klöckner ein. Seleggt rechnet damit, dass es erst „ab
       2020“ sein patentrechtlich geschütztes Verfahren „ersten Brütereien“ zur
       Verfügung stellen wird – wahrscheinlich als Dienstleistung gegen eine
       Lizenzgebühr.
       
       Bis dahin will die Firma das Geschlecht schon am 5./6. Tag nach dem Legen
       der Eier bestimmen. Bislang tut sie das zum Entsetzen von Tierschützern am
       8./9., an dem der Embryo schon ein Schmerzempfinden entwickelt. Es ist auch
       nicht abzusehen, dass andere Projekte zur Geschlechtsbestimmung bald
       serienreif werden. Deshalb wird die große Koalition nach jetzigem Stand ihr
       Ziel verfehlen, [2][bis 2019 das Kükentöten zu beenden]. Der Frage nach
       einem neuen Termin wich Klöckner am Donnerstag aus.
       
       Seleggt-Geschäftsführer Ludger Breloh berichtete, dass sich mit seiner
       Methode 3.500 Eier pro Stunde und an einem Tag mit zwei Schichten à 6
       Stunden 50.000 Stück untersuchen ließen. Der Zentralverband der Deutschen
       Geflügelwirtschaft hält aber eine Sortierkapazität von rund 100.000 Eiern
       täglich für ökonomisch nötig.
       
       [3][Seleggt] ist so langsam, weil es aufwendig ist: Zunächst wird das Ei
       aus dem Brutschrank genommen und in eine bestimmte Position gebracht. Dann
       brennt ein Laser ein höchstens 0,3 Millimeter großes Loch in die Schale.
       Durch minimalen Druck wird etwas Flüssigkeit herausgepresst, die auf
       Geschlechtshormone getestet wird. Immerhin zieht sich die innere Ei-Membran
       selbst zusammen und verschließt das Loch von innen. Aber das ganze dauert
       eben 1 Sekunde pro Ei – bei den riesigen Stückzahlen in der Agrarindustrie
       summiert sich das. Zudem: Nach Firmenangaben irrt das System in etwa 2
       Prozent der Fälle.
       
       Bezahlen lässt sich Rewe die Geschlechtsbestimmung von den Verbrauchern:
       Die 6er-Packung Freilandeier mit dem gelben, herzförmigen Logo „Ohne
       Kükentöten“ soll 1,69 statt 1,59 Euro kosten, jedes Ei ist also etwa 1,7
       Cent teurer.
       
       8 Nov 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/2018/171-BMEL_Seleggt-Methode.html
 (DIR) [2] https://www.cdu.de/koalitionsvertrag-2018
 (DIR) [3] http://www.seleggt.de/seleggt-verfahren-technologie-2/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
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       werden.