# taz.de -- Forscher über Gefühle von Trainern: „Nicht jeder verträgt Emotionalität“
       
       > Wenn Fußballtrainer ihre Emotionen im Griff haben, sind sie laut einer
       > Studie erfolgreicher. Der Forscher Darko Jekauc erläutert die Gründe.
       
 (IMG) Bild: Wenn manche Männer nicht so emotional wären, wären sie viel erfolgreicher
       
       taz: Herr Jekauc, Sie haben in einer Studie den Einfluss des Gefühlslebens
       von Fußballtrainern untersucht. Was haben Sie herausgefunden? 
       
       Darko Jekauc: Häufigster Auslöser von Emotionen bei Fußballtrainern ist
       Erfolg oder Misserfolg. Wenn eine Mannschaft verliert und der Trainer nicht
       mit der aufkommenden Negativstimmung zurechtkommt, wird er emotional
       instabil.
       
       Was bedeutet das für das Team? 
       
       Darüber wird die Konzentration beeinflusst, weil man sich so viel mit dem
       erlebten Negativerlebnis beschäftigt, dass man die nächste, bereits
       anstehende Aufgabe aus den Augen verliert. Und es erhöht sich wiederum
       dadurch die Wahrscheinlichkeit, dass auch das nächste Spiel verloren geht.
       
       Können sich auch positive Gefühle negativ auswirken? 
       
       Klar. Wenn man sich zu sicher fühlt und deshalb nicht mehr bei der Sache
       ist. Letztendlich geht es darum, die Waage zu halten. Die Gefühle dürfen
       nicht zu negativ werden, aber auch nicht zu positiv. Deshalb ist emotionale
       Ausgeglichenheit der Optimalzustand.
       
       Wie findet man das richtige Gefühls-Maß? 
       
       Man kann das trainieren, zum Beispiel durch Entspannungs-, Meditations- und
       Konzentrationsübungen. Dabei geht es vereinfacht gesagt darum, ein
       Bewusstsein zu schaffen für das, was gerade in einem vorgeht. Ziel ist es,
       sich ganz auf den Moment zu konzentrieren und nicht in Gedanken abzudriften
       wie zum Beispiel jenem, was passieren wird, wenn man das Spiel verliert. Es
       geht um das Sein im Hier und Jetzt – und das kann man sich antrainieren.
       
       Von Trainern wird oft gefordert, dass sie am Spielfeldrand Emotionen zeigen
       sollen, um die Mannschaft mitzureißen. 
       
       Wichtig ist, dass ein Trainer an der Seitenlinie immer eine positive
       Ausstrahlung hat, die die Mannschaft zu besserer Leistung anstachelt. Es
       ist ganz schlimm, wenn ein Trainer sich nach einer vergebenen Torchance an
       den Kopf fasst und dem entsprechenden Spieler damit signalisiert: Junge,
       was soll denn das? Besser wäre es, er würde den Spieler dafür loben, dass
       er sich überhaupt eine Chance erarbeitet hat.
       
       Können Sie Beispiele ausgeglichener Trainer nennen? 
       
       Jupp Heynckes hat nie wild gestikuliert. Er saß immer ruhig auf der Bank.
       Was er der Mannschaft zu sagen hatte, hat er ihr in der Kabine gesagt. Das
       Gegenteil davon ist Diego Simeone, der Trainer von Atlético Madrid. Er
       gestikuliert sehr viel und versucht, die Mannschaft auch im Spiel emotional
       auszurichten.
       
       Was ist besser? 
       
       Das kann man nicht so einfach sagen. Es sind einfach zwei verschiedene
       Typen – und beide sind erfolgreich. Wenn ein Trainer an der Seitenlinie das
       richtige Maß trifft, kann er mit seinen Emotionen die Mannschaft durchaus
       positiv beeinflussen. Wenn er aber selbst von Emotionen erfasst und
       mitgerissen wird, kann er die Mannschaft damit auch runterziehen. Außerdem
       verträgt nicht jede Mannschaft die Emotionalität, wie Simeone sie manchmal
       an den Tag legt.
       
       Gibt es Bundesligatrainer, bei denen Sie manchmal denken: Mensch, Junge,
       jetzt mach mal halblang? 
       
       Aktuell fällt mir da keiner ein. Die machen ihren Job alle relativ gut.
       Früher war es Christoph Daum, bei dem ich den Eindruck hatte, dass er
       manchmal über das Ziel hinausschießt.
       
       Wie viel von alledem ist Charaktersache, und wie viel lässt sich erlernen? 
       
       Charakter spielt in der Tat eine große Rolle. Es gibt Menschen, die ihre
       [1][Emotionen nicht verbergen können], und solche, die sie nicht zeigen
       können. Beides kann man erlernen – und lernt es während des Trainerlebens
       auch mehr oder weniger automatisch. Man muss da seinen eigenen Stil finden,
       der zur Persönlichkeit passt. Wichtig ist, dass man dabei authentisch
       bleibt und wirkt. Manchmal wäre da ein Feedback von außen gar nicht
       schlecht, ein Coach für den Coach quasi, der den Trainer begleitet und ihm
       Rückmeldung gibt.
       
       Finden Ihre Erkenntnisse schon Anwendung? 
       
       Das Thema sozial-emotionale Kompetenz spielt in der Trainerausbildung noch
       eine eher untergeordnete Rolle. Man muss aber auch sagen, dass dieses
       Studienfeld noch absolut neu ist und wir mit der Erforschung erst begonnen
       haben. Man hat die Trainer bislang mehr oder weniger sich selbst
       überlassen. Jeder musste seine eigenen Erfahrungen auf diesem Gebiet
       sammeln.
       
       Könnten die Ergebnisse Ihrer Studie denn auch missbraucht werden? 
       
       Das wäre definitiv möglich – und es passiert ja auch jetzt schon, dass
       Trainer gegnerische Spieler provozieren, und sei es nur durch die Anweisung
       an die Balljungen, bei Einwürfen der gegnerischen Mannschaft die Bälle
       langsamer zuzuwerfen. Ein Spiel ist immer auch ein Spiel gegen die Gefühle
       der anderen. Das gehört dazu.
       
       Im Moment spielt sich das aber noch eher intuitiv ab. Dank Ihrer Hilfe
       könnte bald schon wissenschaftlich fundiert provoziert werden, oder? 
       
       Theoretisch wäre das möglich. Aber es wäre nicht in unserem Sinne.
       
       26 Nov 2018
       
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