# taz.de -- Neuer Lucky-Luke-Band: Große Überfahrt mit Lady Liberty
       
       > Zeichner Achdé und Autor Jul lassen Lucky Luke nach Paris reisen. Der
       > Cowboy soll den Transport der Freiheitsstatue nach New York sichern.
       
 (IMG) Bild: Lucky Luke verlässt seinen geliebten Wilden Westen nur ungern. Doch jetzt muss er gar nach Europa
       
       Es sollte ein ganz normaler Spaziergang werden – Lucky Luke trabt
       gemächlich auf Jolly Jumper durch die Wüste, wie so oft die frisch
       gefangenen Daltons an der Leine, die er nun „nach Hause“, ins Gefängnis
       bringt. Da erblickt Averell eine riesige Eistüte! Der vermeintliche Eismann
       wird bereits von einem Indianerstamm bedroht, doch Lucky Luke kann ihn
       souverän vor dem Skalpieren retten. Zu Averells und dessen Brüder
       Enttäuschung handelt der mit Akzent sprechende Mann nicht mit Eis, sondern
       schleppt zu Werbezwecken eine Statue mit sich herum – eine riesige Fackel!
       Es ist ein Teil der Freiheitsstatue, für die dessen Erbauer persönlich, der
       Franzose Auguste Bartholdi, noch Spenden sammelt und dafür zahlreiche Orte
       im Westen aufsucht.
       
       Der neue Lucky-Luke-Band wird wieder von dem Nachfolger des großen Morris,
       Achdé (Hervé Darmenton) gezeichnet und ist der zweite, für den Jul (Julien
       Berjeaut) das Szenario schrieb. Dessen Erstling „Das gelobte Land“ von 2017
       thematisierte sehr differenziert und geistreich-satirisch [1][das Thema
       Migration am Beispiel einer jüdischen Einwandererfamilie]. Nun muss Lucky
       Luke einem Franzosen helfen, dass dessen amerikanisch-französisches
       Freundschaftssymbol, „Lady Liberty“, im Hafen von New York tatsächlich
       errichtet wird. Denn es gibt einen erbitterten Gegner dieser Freiheitsidee,
       der eine Anschlagsserie in Auftrag gibt. Es ist der Gefängnisdirektor der
       Daltons, Abraham Locker, der einen anderen Traum träumt: den von der
       absoluten Überwachung! Der Mann, der selbst „Papillon“, seinen
       Kanarienvogel, ankettet und in einen Safe einschließt, möchte die „perfekte
       Strafanstalt“ errichten – auf einer Insel vor New York.
       
       Also muss Lucky Luke verhindern, dass dem sensiblen Künstler oder seinem
       Werk etwas zustößt, obwohl die Genehmigung zu der Errichtung auf Bedloe’s
       Island bereits erteilt wurde. Doch die Statue ist noch in Arbeit, sie
       befindet sich in Paris. Lucky Luke, der seinen geliebten Wilden Westen nur
       ungern verlässt, muss wohl oder übel Bartholdi nach Paris begleiten, um die
       Überführung in die Staaten zu sichern.
       
       Hier beginnt der amüsanteste, da anspielungsreiche Teil des neuen
       Abenteuers. Während Jolly Jumper die Schiffsfahrt mit allem Komfort
       genießt, ist sein Cowboy leider gar nicht seefest. Angekommen in Rouen und
       kurz darauf in Paris, lernt der Cowboy nicht nur ein harmonisches Ehepaar
       im Zug kennen – die Bovarys –, sondern auch die einheimische Streikkultur
       sowie impressionistische Künstler, Schriftsteller (Victor Hugo und ein
       Billy-the-Kid-ähnlicher Arthur Rimbaud) sowie einen befreundeten Ingenieur
       Bartholdis, der an der Freiheitsstatue mitarbeitet: Gustave Eiffel, der
       kurze Zeit später ein weiteres Monument errichten wird.
       
       ## Eine unverhohlene Metapher für die Trump-Ära
       
       Jolly Jumper wiederum erschrickt angesichts einer Pferdemetzgerei mitten in
       der Stadt, deren Betreiber den Leichenbestattern in anderen Geschichten
       ähnelt. Natürlich taucht ein amerikanischer Saboteur in Paris auf, den
       Lucky Luke auf Jolly Jumper über die Rennbahn von Longchamp verfolgt. Ein
       echter Showdown folgt dann auf der Großbaustelle von Lady Liberty selbst.
       
       Achdé hat seinem Helden eine dezente Verjüngungskur verpasst, indem er
       dessen Augen wieder – wie in frühen Abenteuern – als kleine schwarze Balken
       zeichnet. Ihm gelingen vor allem in der Paris-Episode inspirierte,
       detailreiche Bilder, die in den Action-Szenen auch viel Dynamik enthalten.
       So ist ein vergnügliches, frei mit der Historie der Freiheitsstatue
       spielendes Abenteuer entstanden, das den Cowboy zurück zu seinen Wurzeln
       führt. Denn erdacht wurde der Westernheld in Brüssel von dem belgischen
       Zeichner Morris (alias Maurice de Bévère, 1923–2001). Kurioserweise hat
       sich der Ruhm seines Helden Lucky Luke weltweit herumgesprochen, nur in den
       USA ist er kaum bekannt.
       
       Doch auch im Paris dieses Abenteuers wird er zum Vergnügen der Leser immer
       wieder falsch eingeschätzt: Manche Dame glaubt, er sei Buffalo Bill, der
       Geliebte von Sarah Bernhardt; seine schwarz-gelb-rote Kluft erinnert manch
       Franzosen aber auch an die belgische Flagge und führt sie zu der Vermutung,
       dass er ein belgischer Provinzler sei. Und Jolly Jumpers Name klingt für
       die Einheimischen nach „Joli Jean-Pierre“ (hübscher Jean-Pierre) …
       
       Nicht zuletzt ist „Ein Cowboy in Paris“ eine unverhohlene Metapher für die
       Trump-Ära. Gefängnisdirektor Locker symbolisiert die Abschottungspolitik
       des Rüpels aus dem Weißen Haus, will wie dieser seinen Willen um jeden
       Preis, auch auf Kosten der Freiheit (und ihrer Symbole) durchsetzen. Am
       Ende wird sein Traum-Gefängnis doch gebaut, jedoch in einer anderen Bucht …
       
       Zeit für den Cowboy, nach Hause zurückzukehren, diesmal mit französischen
       Zeilen auf den Lippen.
       
       23 Nov 2018
       
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