# taz.de -- Rechtspopulistische Volksabstimmung: Schweizer Rechte über alles?
       
       > Soll die Schweizer Verfassung über dem Völkerrecht stehen? Auf Betreiben
       > der nationalkonservativen SVP stimmen die Eidgenossen darüber ab.
       
 (IMG) Bild: Schweiz first, Vereinte Nationen second? Ein merkwürdiges Zeichen für den UN-Standort Genf
       
       GENF taz | Soll die nationale Verfassung der Schweiz künftig immer Vorrang
       haben vor dem Völkerrecht und vor internationalen Verträgen? Über diese
       brisante Frage entscheiden die wahlberechtigten Eidgenossen am Sonntag in
       einer Volksabstimmung. Durchgesetzt wurde die Abstimmung durch eine
       Volksinitiative „Schweizer Recht statt fremde Richter“, die die
       rechtspopulistische Schweizer Volkspartei (SVP) vor zwei Jahren lanciert
       hatte. Alle anderen Parteien lehnen die Initiative ab, die von der SVP als
       „Initiative zur Selbstbestimmung der Schweiz“ verkauft wird.
       
       Die SVP verlangt, dass die eidgenössische Bundesverfassung durch Artikel
       ergänzt wird, in denen festgeschrieben wird, dass sie grundsätzlich vor dem
       Völkerrecht und vor internationalen Verträgen der Schweiz mit anderen
       Staaten Vorrang hat. Ausgenommen werden sollen lediglich sogenannte
       „zwingende Bestimmungen des Völkerrechts“ wie etwa das Verbot des
       Völkermordes, der Folter und der Sklaverei oder das Recht, nicht zweimal
       wegen derselben Sache bestraft zu werden.
       
       Die neuen Artikel sollen die Schweizer Gerichte und Verwaltungsbehörden
       verpflichten, Bestimmungen des Völkerrechts oder einen von der Schweiz
       unterzeichneten internationalen Vertrag nicht mehr anzuwenden, wenn diese
       „verfassungswidrig“ sind. Davon ausgenommen werden sollen lediglich
       Bestimmungen und Verträge, denen nicht nur Regierung und Parlament, sondern
       auch das Volk in einem Referendum zugestimmt haben.
       
       Im Fall eines festgestellten „Widerspruchs“ muss der Bundesrat dafür
       sorgen, dass die völkerrechtlichen Verpflichtungen oder die von der Schweiz
       unterzeichneten internationalen Verträge an die Vorgaben der
       Bundesverfassung angepasst werden. Gelingt dies in Verhandlungen mit den
       anderen Vertragsstaaten nicht, so muss der Vertrag „nötigenfalls“ gekündigt
       werden. Und: Das Prozedere soll auch rückwirkend auf alle seit 1945
       bestehenden völkerrechtlichen Verpflichtungen und internationalen Verträge
       der Schweiz angewendet werden müssen.
       
       ## „Fake News à la Trump und Putin“
       
       Vater der „Selbstbestimmungsinitiative“ ist der milliardenschwere
       Chemieunternehmer Christoph Blocher. Der frühere Vorsitzende der SVP
       fungiert nach wie vor als Chefstratege seiner Partei. Und er ist der
       wesentliche Financier ihrer rechtspopulistischen Kampagnen der letzten
       Jahrzehnte gegen „Massenimmigration“, Ausländer, Muslime, die EU, die UNO
       oder andere angebliche Feinde und Bedrohungen der Schweiz.
       
       Ein Ja zu dieser Initiative sei notwendig, um das Schweizer Volk vor der
       „Abschaffung der direkten Demokratie zu retten“, behauptet Blocher in einem
       Aufruf, den er in einer von ihm bezahlten und unterschriebenen
       Anzeigenserie in allen Schweizer Sonntagszeitungen sowie auf Plakatwänden
       veröffentlichte. Ohne eine Annahme der „Selbstbestimmungsinitiative“
       drohten eine „Zwangsaufnahme“ der Schweiz in die EU, das Ende „unserer
       eigenständigen Frankenwährung“ und eine Bevormundung durch die „fremden
       Richter“ des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes. Zudem bekämen in der
       Schweiz lebende Ausländer dann „automatisch das Stimmrecht“, würde die
       „Staatsverschuldung ins Uferlose“ steigen, und gäbe es künftig eine „freie
       Zuwanderung für alle“ in die Schweiz.
       
       Die Gegner der Initiative kritisieren Blochers Aufruf als „pure Demagogie“
       und als „Fake News und Verdrehungen à la Trump und Putin“. Die am 14.
       November veröffentlichte letzte Meinungsumfrage vor der Abstimmung am
       Sonntag ergab eine Mehrheit von 61 Prozent gegen die Initiative.
       
       24 Nov 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Zumach
       
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