# taz.de -- Paul McCartney auf Welttournee: Hydraulisch rauf und runter
       
       > Heißlaufende Best-Ager-Smartphones: Die britische Popikone Paul McCartney
       > hat auf ihrer Welttournee Station in Kopenhagen gemacht.
       
 (IMG) Bild: McCartneys Stimme hat nachgelassen, aber seine Fans sind ja textsicher
       
       KOPENHAGEN taz | Dass Paul McCartney, der seinen frühen Ruhm in
       Westdeutschland begründet hat, genauer gesagt im Sankt Pauli der frühen
       Sechziger, das Land seiner Initialisierung auf der aktuellen Tour auslässt,
       ist keine Absicht. Von 26 Konzerten sind gerade acht in Europa.
       
       Tourstart war der 17. September, kurz nach Veröffentlichung des neuen
       Albums „Egypt Station“, der 76-Jährige lässt sich auf seiner Konzertreise
       viel Zeit. Nach Stationen in Kanada, den USA und Japan landete er am
       Mittwoch in Paris. Der zweite europäische Gig ist am Freitagabend in
       Kopenhagen. Die Bombast-Show stellt große Anforderungen an die
       Veranstaltungsorte. In Kopenhagen hat nur die neue Royal Arena die nötige
       Kapazität, eine Mehrzweckhalle, die sonst für Eishockeyturniere genutzt
       wird. Aus dem dichten Menschenstrom zur Venue tönen Fremdsprachen, darunter
       Englisch und Bayrisch. Man muss durch ein Spalier aus Hotdogständen, von
       McCartneys Veggie-Kampagne „Meatfree Monday“ ist erst drinnen etwas zu
       sehen.
       
       Die Riesenhalle ist eine Stunde vor Beginn voll mit Menschen reifen Alters,
       16.000 Zuschauer sollen es gewesen sein, eine Generalversammlung von Best
       Agern, überwiegend Paare Mitte 60, die Männer gern mit
       McCartney-Haarschnitten und Beatles-Fanshirts zu sonst gediegenen Outfits.
       Beim Warten wird teuresØlgeleert, untermalt von
       Beatles-Wings-McCartney-Medleys. Auf der Bühne leuchtet es blau. Kurz nach
       20.30 Uhr versinkt der DJ samt Pult in der Bühnentiefe, auf der nun
       Collagen alter McCartney-Fotos auf Makro-Smartphone-Screen-Formaten zu
       sehen sind. In Monty-Python-Ästhetik laufen collagenhaft animierte
       Fotoalben, begleitet von passenden Soundtracks.
       
       Das ist schön anzusehen, aber dauert schier endlos, klar bei 76
       karrierevollen Jahren. Urplötzlich gibt es dann doch einen Zeitsprung
       zwischen dem etwa 50-jährigen McCartney hinein in die Gegenwart. Und dann
       ertönte das orchestral-kakophone Crescendo von „A Day in Life“, auf den
       Screens der berühmte Höfner-Bass. In der Halle klingt es wie „Toooor!“ – es
       heißt aber „Paauuul!“. Tausende Arme recken ihre Smartphones in die Höhe.
       Schmal und vital stiefelt McCartney in Chelsea-Boots auf die Bühne, samt
       der bewährten Tour-Band, und stimmt sofort den Beatles-Klassiker „A Hard
       Days Night“ (1964) an, danach weiter im gut gelaunten Modus „Juniors Farm“
       von den Wings. Erst dann begrüßt er das Publikum – wie immer in der
       Landessprache: „God aften, København!“ Jubel. „I aften teller jeg dansk.“
       Mehr Jubel.
       
       ## Flinker Wechsel zwischen den Instrumenten
       
       Die Setliste besteht vorwiegend aus Evergreens der [1][Beatles], Hits der
       Wings und bekannten McCartney-Stücken. Sogar ein Titel der Quarrymen,
       Beatles-Vorgänger-Band von Lennon/McCartney, füllt den Abend. Es sind mehr
       als 30 Songs, darunter drei Stücke vom neuen Album, entsprechend der Titel
       der Show. Von „Egypt Station“ wählt er „Who Cares“, „Come On To Me“ und das
       wegen seiner deutlichen Worte respekteinflößende „Fuh You“.
       
       Flink wechselte er zwischen Saiten-Instrumenten wie seinem
       historischenBass, der akustischen Gitarre, huldigt George Harrison mit
       „Something“ auf dessen Ukulele, spielt Piano und Flügel, kongenial
       unterstützt durch eine super Band, bestehend aus den Gitarristen Brian Ray
       und für Gitarrensoli meist Rusty Anderson, für Percussion Keyboards und
       Akkordeon Paul Wickens. Drummer Abe Laboriel macht zwischendurch auch als
       tanzender Entertainer eine gute Figur. Nicht nur Macca bewegt sich
       sportlich über die turnhallengroße Bühne, auch die Bühne bewegte sich – auf
       Podesten geht sie hydraulisch rauf und runter.
       
       Auf den Screens wechseln die Ästhetiken. Das war meistens sehr gut
       abgestimmt. Flankiert von einer Bläsersektion, drei junge Musiker an
       Saxophon, Posaune und Trompete, die sich beim Spielen synchron bewegen. Die
       Show ist visuell und durch Effekte bombastisch: Zum James- Bond-Theme-Song
       „Live and Let Die“ schießen riesige Flammen empor, es wird sehr heiß und
       riecht etwas verkokelt.
       
       McCartney reibt sich die Ohren. Heiß ist diese Nummer, aber auch sehr laut,
       wer vorne steht, kann sich fühlen wie 007 auf geheimer Mission. Doch trotz
       Bombast tritt McCartney routiniert in direkte Kommunikation mit dem
       Publikum und wirkt dabei glaubwürdig. Einmal begrüßt er ein japanisches
       Paar im Publikum, das seine Tour begleitet, mehrmals reagiert er kurz auf
       dauerhaft nervige Gröler.
       
       Dass seine Stimme nicht mehr so kräftig ist wie einst, – geschenkt – und
       bei Songs, die alle kennen und die so geniale komponiert sind wie seine,
       ist das verzichtbar. Schließlich singt das Publikum auch mal selbst: Zum
       Finale übernimmt es das „Na-na-na …“ von „Hey Jude“, danach singt es zur
       Zugabe „Golden Slumbers“ weiter und will selbst dann nicht aufhören, als
       McCartney seine Schäfchen mit „Gud nat, nu skal wie alle hjem“
       verabschiedet: Trotzig vielstimmig erschallt „Nej!“.
       
       2 Dec 2018
       
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