# taz.de -- Olli Dittrichs Persiflage auf das Fernsehen: Tiefer geht’s kaum
       
       > Olli Dittrich setzt seinen Fernsehzyklus fort und belebt den Schlagerstar
       > Trixie Dörfel wieder – mit einer Persiflage auf die Abgründe des
       > Boulevards.
       
 (IMG) Bild: Trixie Dörfel: Filmstar, Schlagersternchen, Schönheit, Diva, It-Girl, everyone’s darling
       
       Wie tief Trixie Dörfel gesunken ist, wird gleich in der ersten Szene klar.
       Da steht sie auf einem Balkon, Plattenbau, mitten im Industriegebiet und
       singt einen ihrer uralten Hits, „Li-la-Luftballon fliegt mit meiner Liebe
       davon“. Bis vor Kurzem residierte sie noch in einer mondänen Münchner
       Villa, jetzt umgibt sie eine Wüste aus Grau. „Ein Betonklotz im Stil des
       Brutalismus der 70er Jahre“, wird eine Stimme aus dem Off später Dörfels
       neuen Wohnort kommentieren. „Hier soll die Dörfel wohnen, der Filmstar?“
       
       Filmstar, das wird der Dörfel natürlich nicht gerecht. Sie war mehr als
       das, Schlagersternchen, Schönheit, Diva, It-Girl, everyone’s darling seit
       ihrem 15. Lebensjahr. Jetzt ist sie 62 und steht vor den Scherben ihrer
       Existenz. In einer Ausgabe von „Promi-Spezial“ spricht sie exklusiv über
       ihren Absturz – und ihren ungebrochenen Glauben an die Liebe. Müde sieht
       sie aus, aufgewühlt und abgekämpft. Schon im Vorspann dieses „Promi
       Spezials“ sieht man, wo sich Trixie nun einreiht: in die lange Liste der
       gefallenen und strauchelnden Stars, Jan Ullrich, [1][Daniel Küblböck],
       Kevin Spacey, Naddel.
       
       „Der tiefe Fall der Trixie Dörfel“ ist die achte Folge von Olli Dittrichs
       Persiflage auf das Fernsehen. Seit 2013 nimmt er sich ein- bis zweimal im
       Jahr jeweils ein anderes Fernsehgenre vor, und das mit so viel
       Menschenkenntnis, so viel subtilem Witz und so viel Detailversessenheit wie
       man sie im deutschen Fernsehen selten sieht.
       
       Dittrich begann 2013 mit dem „Frühstücksfernsehen“, spielte im
       „TalkGespräch“ alle Talk-Gäste selbst, auch die Trixie Dörfel, und in der
       Dokumentation „Schorsch Aigner“ Franz Beckenbauers Doppelgänger. „Der
       Sandro-Report“ war eine Livereportage mit chaotischem Außenreporter,
       „Selbstgespräche – mit Konstantin Pfau“ und „Der Meisterreporter“
       Persiflagen auf gockelnde Journalisten.
       
       Diesmal nimmt Dittrich den Boulevard auseinander und nutzt dafür jene
       Figur, der er vor einem Jahr schon einmal einen Film widmete. Damals, in
       „Trixie Wonderland“, ging es Trixie noch blendend. Sie hatte gerade ein
       Weihnachts-Album aufgenommen („Heidschi Bumbeidschi“), hatte ihre
       Kosmetik-Linie „Trixiebzehn“ gestartet, engagierte sich für Waschbären und
       empfing in ihrer Villa, bei Tee und Waschbärbraten, Schlagersängerin
       Stefanie Hertel. Die spricht auch in der aktuellen Folge wieder über ihre
       Freundin Trixie. Sie ist voller Mitleid: Trixie sei es schwer gefallen,
       Hertel „ihr Herz auszuschütten“. Hertel habe schließlich aus der Zeitung
       von Trixies Problemen erfahren müssen.
       
       ## Peter Pudel ist schuld
       
       Schuld an Trixies Elend ist Peter Pudel, Trixies 2. und 4. Ehemann und bis
       heute ihre große Liebe. Er hat sie aus seiner Villa geschmissen und damit
       eine öffentliche Schlammschlacht gestartet, die die beiden über die
       üblichen Wege – Bild, Bunte – ausfochten. Schließlich sitzt die Dörfel
       besoffen im „Frühstücksfernsehen“, [2][so ähnlich wie Jenny Elvers es vor
       ein paar Jahren wirklich tat.]
       
       Dittrich spielt sowohl den Pudel als auch die Dörfel. Im Stil sind sie sich
       ähnlich – zwei großbürgerliche Möchte-Gern-High Society-Leute mit Hang zu
       Glamour und Pathos. Sie, die vornehme Österreicherin, die sich an ihre
       längst vergangenen Erfolge klammert: ein bronzener Bravo-Otto von 1973, den
       Goldenen Löffel der Stadt Bad Hersfeld. Er, der etwas neben sich stehende
       Großregisseur, der sich eine junge Schauspielerin angelacht hat.
       
       Beide sind der maximale Gegensatz zu Dittsche, dem leicht debilen Hartz
       IV-Empfänger, den Dittrich mittlerweile seit 14 Jahren im WDR spielt. Damit
       zeigt Olli Dittrich einmal mehr, dass er nicht nur ein feiner Beobachter
       der Macken des Fernsehens ist, sondern auch ein herausragender
       Schauspieler.
       
       Am Ende bleibt kaum Hoffnung für Trixie Dörfel, sie ist zu tief gesunken.
       Olli Dittrich schwingt sich mit diesem Film dafür mal wieder in die Höhen
       der deutschen Fernsehkunst.
       
       20 Dec 2018
       
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