# taz.de -- Anschlag in Straßburg: Gelbwesten wittern Verschwörung
       
       > Das Attentat trifft Frankreich in einer äußerst angespannten politischen
       > Lage. Jetzt machen Verschwörungstheorien die Runde.
       
 (IMG) Bild: Anti-Terror-Spezialisten ermitteln nach dem Anschlag in Straßburg
       
       PARIS taz | Am Morgen nach [1][dem Attentat in Straßburg] beginnt in Paris
       bereits das politische Scharmützel. Wie bei vergangenen Attentaten nutzen
       vor allem Vertreter der rechten Parteien die Situation, um die
       Sicherheitspolitik der Regierung unter Emmanuel Macron zu kritisieren. Die
       Präsidentin des Rassemblement national (ehemals Front National) Marine Le
       Pen ließ in einem Interview mit dem französischen Fernsehsender France 2
       den Satz fallen, dass nicht alles getan werde, um den radikalen Islamismus
       zu bekämpfen.
       
       Damit spielt sie auf den Status der Personen an, die in Frankreich einen
       sogenannten fichier S haben. So wie der Attentäter in Straßburg. Gemeint
       sind Personen, die bei den Geheimdiensten in einer Akte gelistet sind, weil
       sie in der Vergangenheit mit radikalen Vereinigungen oder extremistischem
       Gedankengut in Verbindung gebracht wurden. In der Akte werden Informationen
       gesammelt, aber es gibt keine dauerhafte Überwachung. Solange
       radikalisierte Personen nicht auffällig werden, dürfen sie weder
       festgenommen noch des Landes verwiesen werden.
       
       Der rechtskonservative Politiker [2][Nicolas Dupont-Aignan] äußerte sich
       noch deutlicher als Marine Le Pen. Per Twitter forderte er die Regierung
       auf, alle Ausländer, die sich eines Verbrechens schuldig machen, des Landes
       zu verweisen. Er kritisierte zudem, dass den Geheimdiensten bekannte
       Personen, die eine Akte besitzen, sich frei bewegen dürfen, da sie wie das
       Attentat in Straßburg gezeigt hätte, bereit wären jederzeit zuzuschlagen.
       
       Gegen Vorwürfe dieser Art wehrt sich [3][Cédric Villani], Abgeordneter von
       Emmanuel Macrons Partei La République En Marche (LREM) der Region Essonne.
       Er warf im französischen Fernsehen Marine Le Pen vor, die Situation
       politisch auszunutzen, während es noch Verletzte im kritischen Zustand
       gibt. Er warnte davor, voreilig Schlüsse zu ziehen. Villani wies daraufhin,
       dass auch soziale Netzwerke in dieser Situation einen „Manipulationsraum“
       darstellen.
       
       ## Gelbwesten wittern ein Ablenkungsmanöver
       
       Das Attentat trifft Frankreich in einer äußerst angespannten politischen
       Lage. Montagabend hielt Präsident Macron eine Rede, um auf die anhaltenden
       Proteste der Gelbwesten zu reagieren. Diese hatten weitere Proteste
       angekündigt. Auf verschiedenen Facebook-Seiten, sowie außerhalb der
       politischen Bewegung, häufen sich Kommentare, in denen das Attentat als
       Ablenkung der Regierung für den bevorstehenden fünften Demonstrationsakt am
       kommenden Samstag beschrieben wird.
       
       Besonders viel Aufmerksamkeit erhält [4][Maxime Nicolle]. Nicolle, auch
       bekannt unter seinem Pseudonym Fly Rider, tritt seit Beginn der Bewegung in
       den Medien auf, um die Forderungen der Gelbwesten zu verteidigen. Er war
       auch zu einem der ersten Treffen mit der Regierung eingeladen.
       
       Auf seinem Facebook-Kanal veröffentlichte Nicolle ein Video, in dem er
       sagt: „Der Typ, der ein Attentat machen will, der wartet doch nicht auf
       drei Personen abends um 20 Uhr in den Straßen….“ So jemand würde auf die
       Champs-Elysées gehen und sich inmitten von Tausenden von Menschen in die
       Luft sprengen. Sein umstrittenes Video wurde von dem Twitter Account
       [5][Conspiracy Watch] geteilt, die auf Verschwörungstheorien aufmerksam
       machen.
       
       Darüber finden sich [6][weitere Stimmen aus den sozialen Netzwerken,] die
       der Regierung oder Emmanuel Macron vorwerfen, das Attentat selbst
       organisiert zu haben, um von den Forderungen der Gelbwesten abzulenken. Vor
       allem auf der Facebook-Gruppe „La France en colère“ aber auch auf anderen
       Gelbwesten-Seiten sah man schon am Abend des Attentates viele Kommentare
       dieser Art. Mittlerweile wurden sie von den Gruppenverwaltern wieder
       gelöscht, wohl aus Respekt vor den Opfern des Anschlages. Laurent Nunez,
       Staatssekretär für Inneres, reagierte prompt auf diese Aussagen. Er zeigte
       sich empört über die Anschuldigungen. Für ihn handelt es sich eindeutig im
       Verschwörungstheorien.
       
       ## Demonstrationsrecht in Straßburg eingeschränkt
       
       Wie geht es nun weiter mit den Gelbwesten? Staatssekretär Nunez sagte dem
       französischen Radiosender France Inter, dass es für die Sicherheitskräfte
       schwierig werde, an zwei Fronten gleichzeitig aktiv zu sein. Bekannt ist
       bisher, dass Militäreinheiten der Operation Sentinelle die Polizeieinheiten
       aufstocken. Demonstrationen der Gelbwesten sind am Tag des Attentats in
       Straßburg verboten, um die Suche nach dem Täter nicht zu behindern. Im Rest
       des Landes sind sie jedoch weiterhin erlaubt. Auch die Demonstrationen am
       kommenden Samstag sollen stattfinden dürfen.
       
       12 Dec 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Mutmasslicher-Strassburg-Angreifer/!5558512
 (DIR) [2] http://www.debout-la-france.fr/
 (DIR) [3] https://cedricvillani.org/
 (DIR) [4] https://www.facebook.com/groups/113011902965556/?hc_ref=ARQiJ6k9IRroTWPfXn-cpglEh0F4UityE1rwv3buiXpcp4BEwWOvgUpaE9djdzWYN4U&__xts__%5B0%5D=68.ARCJYXNXxAjrRNJLW-tAAV0s0RjT38DaCPZgL01qQrxxv9oiuht787IM6Q1_w08yiFrCwI53lMyjw2usXzKgGMULk41RKiwcTWLydOP5xsvxcQbkOb-wHrRbwBss1PUCpjE0_nA-Guj6VTUpWEk5c-X3NE3F5smt8-bY3zHj9-RE14i9A1cr__FOjTUAAuKlbHpEtelyMZgOg9nPCmLkm1wAaB0UhZMOHNboRf52b3TlHkvQuKznJYmwKUHnWFqe8dbz8r453BqyuHZGY9ykdjZDeOsVId_DiWAUlO2c9nlOcsbmeCJAiao_6_hjt5Id_90K&__tn__=C-R
 (DIR) [5] https://www.conspiracywatch.info/
 (DIR) [6] https://www.francetvinfo.fr/faits-divers/terrorisme/fusillade-a-strasbourg/strasbourg-les-theories-du-complot-se-multiplient-sur-des-groupes-facebook-des-gilets-jaunes_3096507.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klara Fröhlich
       
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