# taz.de -- Halbfinale der Handball-WM: Schnell, schneller, Norwegen
       
       > Beton gegen Tempospiel: Beim WM-Halbfinale zwischen Deutschland und
       > Norwegen ist ein Kampf der Systeme zu erwarten.
       
 (IMG) Bild: Auf ihn wird es wieder ankommen: Sander Sagosen (l.) im Spiel gegen Ungarn
       
       HAMBURG taz | Es ist gar nicht lange her, da standen sich die Handballer
       aus Deutschland und Norwegen ebenfalls in einem Halbfinale gegenüber. Beide
       Teams waren damals bei der Europameisterschaft in Polen vor drei Jahren
       überraschend so weit gekommen. Nach einem dramatischen Spiel gewannen die
       Deutschen in der Verlängerung mit 34:33 und holten zwei Tage später den
       Titel.
       
       Am Freitagabend (20.30 Uhr/ARD) soll sich die Geschichte aus Sicht des
       Deutschen Handballbundes (DHB) wiederholen, wenn die Skandinavier erneut
       auf dem Weg ins Finale ein möglicher Stolperstein sind – eine Überraschung
       ist es aber längst nicht mehr, dass die Mannschaft von Christian Berge die
       Medaillenrunde erreicht hat.
       
       Nach dem Einzug ins EM-Halbfinale 2016, das den Norwegern am Ende den
       vierten Platz bescherte, bestätigten die Schützlinge von Berge ihre
       Qualität ein Jahr später bei der Weltmeisterschaft in Frankreich, als sie
       erst im Endspiel vom Gastgeber gestoppt wurden. Für die WM 2013 und 2015
       hatten sich die Norweger nicht qualifiziert, nutzten die Zeit des fehlenden
       Erfolgs aber, um einen Neuaufbau unter Berge zu starten. Der übernahm die
       Mannschaft 2014 und setzte seine Idee vom Handballspiel konsequent und mit
       vielen jungen Spielern um.
       
       Dabei profitierte der Trainer nicht zuletzt davon, dass einer der größten
       Spieler des Handballs einen norwegischen Pass besitzt. Obwohl Sander
       Sagosen gerade einmal 23 Jahre alt ist, gehört er bereits zu der Riege der
       Superstars. Der Spielmacher vereint alle Eigenschaften in sich, die man auf
       seiner Position für die Weltklasse benötigt. Er ist schnell, unheimlich
       durchsetzungsfähig in direkten Zweikämpfen, hat einen harten und präzisen
       Wurf und eine glänzende Übersicht – eigentlich ist Sagosen viel zu gut für
       sein Alter.
       
       ## Die „Schnelle Mitte“ verfeinert
       
       Zuletzt gab es in Nikola Karabatić, der den Handball seit einer Dekade
       entscheidend prägt, einen Spieler, der im Alter von 23 Jahren ähnlich
       komplett war. „Sander hat kein Limit, er kann alles erreichen“, sagt sein
       früherer Klubtrainer „Noka“ Serdarušić. Es ist zwangsläufig so, dass
       Sagosen bei Paris Saint Germain spielt, einer Weltauswahl, in der auch
       Karabatić, Mikkel Hansen (Dänemark) oder der deutsche Linksaußen Uwe
       Gensheier unter Vertrag stehen.
       
       Es geht aber nicht nur um Sagosen, sondern es wird ein spannender Kampf der
       Systeme sein, der darüber entscheidet, wer den Sprung ins Finale nach
       Herning schafft und wer ein paar Stunden davor versuchen muss, zumindest
       die Bronzemedaille zu sichern. Es geht darum, ob sich das von der eigenen
       Beton-Abwehr [1][dominierte Spiel der Deutschen] durchsetzt, oder das Lauf-
       und Tempospiel die Oberhand behält, mit der die Norweger die Handball-Welt
       beeindrucken. „Wenn wir die Gegentore in der ersten, zweiten und dritten
       Welle verhindern können, haben wir eine gute Chance“, sagt der deutsche
       Abwehrchef Hendrik Pekeler.
       
       Der Kreisläufer vom THW Kiel hat großen Respekt vor der Geschwindigkeit,
       mit der die Norweger versuchen, ihre Kontrahenten zu überrennen. Der Plan
       dabei ist, nach einem Ballgewinn oder einem Gegentreffer so schnell wie
       möglich vor das gegnerische Tor zu kommen, um die Abwehr zu düpieren, ehe
       die Zeit hatte, sich zu formieren. Im Grunde haben die Norweger [2][die
       „Schnelle Mitte“] verfeinert und weiterentwickelt, die 1997 nach einer
       Regeländerung den Handball revolutioniert hatte. Die Skandinavier nutzen
       perfekt aus, dass das Spiel sofort fortgesetzt werden kann, sobald der Ball
       nach einem Tor wieder an der Mittellinie ist.
       
       ## Das Tempospiel zum Erliegen bringen
       
       „Es gibt keine Mannschaft auf der Welt, die so schnell ins Tempospiel kommt
       wie die Norweger“, sagt Didier Dinart, der Trainer der französischen
       Mannschaft. Vor zwei Jahren besiegten die Franzosen im WM-Finale in der
       eigenen Halle in Paris den Emporkömmling aus dem Norden und machte vor, was
       Deutschland nun nachmachen will – das Tempospiel der Norweger zum Erliegen
       bringen.
       
       Es gilt, Ballverluste im Angriff zu vermeiden und – viel wichtiger noch –,
       sehr aufmerksam im Rückzugsverhalten zu sein. „Wir hatten heute den Plan,
       viel zu laufen. Während des Matches habe ich die Spieler motiviert, noch
       mehr zu laufen. Es hat geklappt“, sagte Berge nach dem letzten
       Hauptrundenmatch gegen Ungarn (35:26) am Mittwoch. Nicht viel anders wird
       die taktische Ausrichtung gegen die Deutschen sein, um die DHB-Auswahl
       ihrer größten Stärke zu berauben, der beinahe unüberwindbaren Betonabwehr
       im Positionsspiel.
       
       25 Jan 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Halbfinale-der-Handball-WM/!5564197
 (DIR) [2] https://www.handballecke.de/board45-aktive/board46-training/11595-varianten-der-schnellen-mitte/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Wilkening
       
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