# taz.de -- US-HipHop-Weirdo Edan auf Tour: Aufs Aufräumen keine Lust
       
       > Produzent Edan Portnoy und Rapper Homeboy Sandman machen HipHop für
       > Slacker und Möchtegern-Influencer. Nun kommt das Duo auf Tour.
       
 (IMG) Bild: Edan (links) produziert Beats und diggt Samples, Homeboy Sandman (rechts) ersinnt abstrakte Reime
       
       Es gibt nicht viele Musikproduzenten, die von sich behaupten können, ein
       Genre geprägt zu haben. Edan Portnoy darf das – auch wenn es ihn nicht im
       Geringsten beeindruckt. Sein Kühlschrank sei voll und er könne die Miete
       bezahlen, das würde reichen, meint er. Der Grund dafür ist „Beauty and the
       Beat“ aus dem Jahr 2005, sein zweites Album überhaupt.
       
       Es ist ein „Sergeant Pepper’s“ für die Generation Sampling. Bis heute
       bekommt sein Schöpfer Mails, die ihn nach den obskuren Quellen für sein
       Album fragen. Edan diggte sich durch die Hochphase des
       60er-Jahre-Psychedelic-Pops und stellte dessen entrückte Stimmfetzen neben
       Hallfahnen und Jazz-Samples, bei denen er den angesammelten Staub in der
       Plattenritze als Klangquelle gleich mitnutzte.
       
       Wie seine großen Vorbilder, die Alte-Schule-Produzenten Afrika Bambataa und
       Prince Paul, ist HipHop für Edan eine Kunstform, die es erlaubt, mit Formen
       und Rollen zu brechen. Auf „Beauty and the Beat“ gestattete er gestandenen
       Polit-MCs, auch Spielzeuginstrumente zu spielen, und baute ihnen dafür ein
       Beatgerüst, das nicht am HipHop-Kanon aus Funk und Soul interessiert war
       und gerade deshalb so viele Fans fand.
       
       HipHop habe viel Gutes bewirkt, sagt Edan heute im Interview mit der
       Website Stereogum, weil es Leute mit unterschiedlichen sozialen
       Hintergründen zusammengebracht habe. Aber genau dies ist im HipHop nicht
       mehr viel wert. Sampledelia ist durch minimalistische, elektronische
       Trap-Beats abgelöst und Wortkaskaden durch Autotune – Musik, die klingt,
       als habe Marie Kondo einmal akustisch für Ordnung gesorgt.
       
       Aufs Aufräumen hat Edan aber keine Lust. Auf „Humble Pi“, seinem neuen
       Album mit dem Rapper Homeboy Sandman, ist seine Soundauswahl so eklektisch
       wie vor 14 Jahren. Gesamplete Synthesizer blubbern über einer alten
       Soundtrack-Aufnahme, die irgendwann in einen schluffigen Beat münden. Aber
       immer wenn sich Edan in den verrauschten Klangschnipseln seiner
       Samplebibliothek zu verlieren droht, holt ihn die kräftige Stimme von
       Homeboy Sandman wieder zurück. Der New Yorker Rapper meißelt seine Reime
       taktgenau und droppt die Alliterationen im Versmaß: „I’m Papa San, bopping
       to the Bach and Brahms.“
       
       Gemeinsam schlängeln sich die beiden durch einen Parcours voller
       Gegensätze. In einem Moment zollen sie Rockmusikern wie Jimi Hendrix, die
       von den Native Americans abstammen, mit übersteuerten Gitarren Tribut. An
       anderer Stelle betten sie Gitarrensamples in ein kosmisch-weiches Bett aus
       Feedbacks, über dem Homeboy Sandman über eine Nacht voller Selbstzweifel
       und verpasster Gelegenheiten philosophiert. Und dann gibt es noch
       „#NeverUseTheInternetAgain“, ihre Stadionhymne für alle gefrusteten B-Boys,
       die keinen Spaß an der permanenten Online-Selbstvermarktung haben und
       lieber wieder im Plattenladen rumhängen würden, als könnte es für immer so
       sein wie 2005.
       
       Denn „Humble Pi“ ist letztlich ein aus der Zeit gefallenes Album: eine
       Nische für die Lo-Fi-Influencer und Slacker, die eigentlich auf nichts so
       richtig Lust haben, außer Musik aus ihren Plattensammlungen
       zusammenzubauen. Schön, dass es sie gibt – auch wenn sie nur 22 Minuten
       lang ist.
       
       13 Feb 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Werthschulte
       
       ## TAGS
       
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