# taz.de -- Zulassung für die Europawahl: Rechte dürfen alle gewählt werden
       
       > Der Bundeswahlausschuss lässt 42 Parteien für die Europawahl zu. Darunter
       > auch die drei rechtsextremen, die sich beworben haben.
       
 (IMG) Bild: Die EU-Bürger sind im Mai aufgerufen ein neues Parlament zu wählen. Deutschland hat 96 Sitze
       
       BERLIN taz | Als der Bundeswahlausschuss am Freitag über die Zulassung von
       Parteien und politischen Vereinigungen zur Europawahl abstimmte, saßen sie
       selbstbewusst in der ersten Reihe: Drei Vertreter der Partei „Die Rechte“
       in T-Shirts mit dem Konterfei von Ursula Haverbeck. Die mehrfach wegen
       Volksverhetzung verurteilte 89-jährige Holocaustleugnerin ist
       Spitzenkandidatin der Partei für die Europawahl. Lachend kommentierten sie
       immer wieder die Abstimmungen und Ergebnisse darüber, welche Parteien am
       26. Mai 2019 auf den Wahllisten zum EU-Parlament stehen werden.
       
       „Der Wahlvorschlag der SPD wird wegen Volksfeindlichkeit abgewiesen“
       spotteten sie beispielsweise über die Wahlliste der Sozialdemokraten – und
       provozierten damit erfolgreich einen größeren Tumult.
       
       In öffentlicher Sitzung hatte der Bundeswahlausschuss über die Zulassung
       der Listen von insgesamt 59 Parteien und politischen Vereinigungen zu
       entscheiden. 54 davon reichten Listen für alle Bundesländer ein. Fünf
       weitere politische Vereinigungen, auch die CSU, wollenen für einzelne
       Bundesländer ins EU-Parlament einziehen. Zugelassen werden Parteien, die
       0,1 Prozent der Wahlberechtigten repräsentieren und dies durch
       entsprechende Unterschriften nachweisen. Parteien, die bereits im
       EU-Parlament vertreten sind, müssen diesen Nachweis nicht erbringen.
       
       Die Konflikte zwischen Parteien des rechten und des linken Spektrums zogen
       sich durch die gesamte Sitzung. Bérangère Bultheel, Kandidatin der
       Hamburger Sozialliberalen Demokratischen Partei rief den Männern von „Die
       Rechte“ empört entgegen: „Sie nutzen die Demokratie, um dann die Demokratie
       abzuschaffen!“ Sie war der Partei vor, JüdInnen und MigrantInnen aus
       Deutschland vertreiben zu wollen.
       
       Vertreter der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD)
       meldeten sich ebenfalls zu Wort und forderten den Ausschuss auf, die
       Wahlvorschläge der Parteien NPD, Der Dritte Weg und Die Rechte auf Grund
       ihrer rechten und neonazistischen Profile abzuweisen.
       
       ## 18 Parteien raus
       
       Bundeswahlleiter Georg Thiel wies die Aufforderung mit den Worten zurück,
       dass in der Sitzung nur eine Überprüfung der formal korrekten Einreichung
       der Wahlvorschläge überprüft werde – nicht die inhaltliche Linie der
       einzelnen Parteien.
       
       Bei insgesamt 15 Parteien wies der Ausschuss die Wahlvorschläge zurück –
       viele von ihnen hatten nicht die geforderte Anzahl von
       Unterstützungsunterschriften erreicht. Drei Parteien hatten außerdem im
       Vorfeld ihre Anträge zurückgezogen, darunter auch „Die Blaue Partei“ der
       ehemaligen AfD-Abgeordneten Frauke Petry.
       
       Damit [1][bleiben 41 Parteien übrig], die in Deutschland um Mandate für das
       europäische Parlament kämpfen. So viele wie nie zuvor. Denn seit einem
       Urteil vom 26. Februar 2014 des Bundesverfassungsgerichts gilt die
       sogenannte Drei-Prozent-Sperrklausel als Verfassungswidrig. Sie war erst im
       Oktober 2013 in Kraft getreten und mit der Begründung wieder ausgesetzt
       worden, dass die Hürde von drei Prozent für den Einzug von Parteien ins
       Europaparlament gegen die Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und der
       Chancengleichheit der Parteien verstößt. Jede abgegebene Stimme der
       WählerInnen müsse die gleiche Erfolgschance haben, hieß es damals bei der
       Urteilsverkündung.
       
       ## Brexit sorgt für Verwirrung
       
       Wie viele Parteien letztendlich wirklich einziehen, wird sich im Mai
       zeigen. Für Deutschland werden auch zukünftig 96 Abgeordnete im
       Europaparlament vertreten sein. Die Gesamtzahl der Abgeordneten wird sich
       voraussichtlich von aktuell 751 auf 705 verringern, weil Großbritannien die
       Europäische Union verlässt.
       
       Der angekündigte und möglicherweise verschobene Brexit sorgte auch in den
       Reihen des Bundeswahlausschuss für Verwirrung: Länger diskutierten die elf
       Mitglieder über eine Kandidatin der proeuropäischen Partei Volt Deutschland
       , die nur die britische Staatsangehörigkeit besitzt.
       
       Normalerweise dürfen sich UnionsbürgerInnen auch in anderen Ländern zur
       Wahl stehen. Derzeit ist jedoch unklar, ob Großbritannien am 26. Mai noch
       Mitglied der EU ist oder nicht. Dementsprechend konnte der Ausschluss auch
       nicht klären, ob die Kandidatin dann weiterhin wählbar sein wird – sie
       wurde vorerst zugelassen und könnte nun im weiteren Verlauf ihre Zulassung
       verlieren.
       
       Zugelassen wurde auch die Liste der Partei „Die Rechte“, sowie zwei weitere
       rechtsextreme Parteien: Der „Dritte Weg“ und die NPD. Nicht zugelassen
       wurde die Sozialliberale Partei, sie erreichte nicht das erforderliche
       Quorum. Die MLPD wird dagegen antreten.
       
       Für die Europawahl sind rund 60,8 Millionen Deutsche und rund 3,9 Millionen
       in Deutschland lebenden EU-Bürger wahlberechtigt.
       
       15 Mar 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bundeswahlleiter.de/info/presse/mitteilungen/europawahl-2019/08_19_1sitzung-bwa-zulassung.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Leonie Schöler
       
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