# taz.de -- Weltbevölkerungsbericht der UN: Verheerende Kluft bei Geburtenzahlen
       
       > Der Bericht der Vereinten Nationen offenbart einen fatalen Kreislauf.
       > Familienplanung und Armut bedingen einander – in beide Richtungen.
       
 (IMG) Bild: Ein leichter Zugang zu ihnen dient auch der Armutsverhütung: Kondome
       
       In Eritrea bekommen Frauen durchschnittlich vier Kinder. Eine Frau im
       Südsudan wird Mutter von mindestens fünf Kindern, in Mali sind es sechs und
       in Niger fast sieben Kinder pro Frau. Weltweit beträgt die Geburtenrate
       laut [1][des Weltbevölkerungsberichts] der Vereinten Nationen, der am
       Mittwoch veröffentlicht wurde, allerdings nur 2,5. In Deutschland bekommen
       Frauen durchschnittlich 1,5 Kinder.
       
       Die Kluft bei den Geburtenzahlen zwischen westlichen und insbesondere
       afrikanischen Staaten ist verheerend. Vor allem in den armen und ärmsten
       Regionen der Welt bekommen Frauen viele Kinder, meist mehr, als sie wollen.
       Die Folge: Dort wächst die Armut, vor allem die der Frauen und ihrer
       Kinder.
       
       In armen und ärmeren Ländern sind vom Mangel an Verhütungsmitteln und an
       Wissen über Verhütung insbesondere Frauen betroffen. Sie kommen erst gar
       nicht an Kondome, Pille oder Spirale heran. Dem Bevölkerungsbericht
       zufolge betrifft das weltweit rund 214 Millionen Frauen und Mädchen und in
       den Entwicklungsländern jede vierte Frau im gebärfähigen Alter.
       
       Der Weltbevölkerungsbericht trägt nicht ohne Grund den Titel „Reproduktive
       Rechte und Entscheidungsfreiheit für alle“ und weist auf den Umstand hin,
       dass diese „politische, ökonomische und soziale“ Lücke auch die
       Gleichstellung von Frauen und Männern nicht nur behindert, sondern bremst.
       Dazu tragen zudem „kulturelle Normen“ bei: tradierte Rollen- und
       Familienbilder und eine überholte sowie falsch verstandene Sexualmoral.
       
       Das Fatale: All das ist seit Jahrzehnten bekannt. Schon die
       Weltbevölkerungskonferenz 1994 in Kairo hatte beschlossen, weltweit die
       hohe Säuglingssterblichkeit und Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu
       verringern sowie eine allumfassende Familienplanung und HIV-Prävention in
       den Vordergrund zu stellen.
       
       ## Bevölkerung in Afrika bis 2050 verdoppelt
       
       „Es ist höchste Zeit, die Themen von Kairo stärker in die aktuellen
       Entwicklungsstrategien zu integrieren“, sagte Renate Bähr,
       Geschäftsführerin der Deutschen Stiftung für Weltbevölkerung in Hannover.
       Dazu gehörten der „universelle Zugang zu Verhütungsmitteln, die Versorgung
       bei Schwangerschaft und Geburt sowie Aufklärung und Bildung für junge
       Menschen“.
       
       Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) warnte, dass sich die Bevölkerung in
       Afrika bis 2050 verdoppeln werde, wenn es keine Gegenmaßnahmen gebe.
       Nigeria werde dann das nach China und Indien drittgrößte Land der Welt
       sein, sagte der CSU-Politiker. Zudem betonte er, dass Familienplanung und
       Sexualaufklärung nicht länger tabuisiert werden dürfen.
       
       Minister Müller versicherte, diese Fragen würden bei Verhandlungen mit
       Entwicklungsländern stets thematisiert. Der Impuls dazu müsse jedoch von
       den Ländern selbst ausgehen. Das allerdings ist mehr als paradox.
       
       10 Apr 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.dsw.org/weltbevoelkerungsbericht
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schmollack
       
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