# taz.de -- Kolumne Sternenflimmern: Brüssel ist ein schwarzes Loch
       
       > Über alles, was dorthin geht, wird nie wieder gelacht: Brüssel
       > verschlingt nicht Licht, sondern Humor. Das sagt was aus, über EU-Europa.
       
 (IMG) Bild: Verschlingt alles, was ihm in die Quere kommt: das Schwarze Loch aka Brüssel
       
       Jean-Claude Juncker stirbt und erwacht im Jenseits vor einer großen Pforte.
       Darauf steht in allen 24 Amtssprachen der Europäischen Union: Eingang zum
       Himmel. Juncker ist nackt, nur ein Brustbeutel baumelt um seinen Hals,
       darin findet er drei Dinge: eine Amazon-Prime-Mitgliedschaft, einen
       ranzigen Pommfritt und ein Autogramm von Jean-Claude Van Damme. Die Pforte
       öffnet sich, Maggie Thatcher kommt heraus und sagt: …
       
       Tja, was sagt sie wohl? Versuche jetzt seit Wochen, einen Witz über
       Jean-Claude Juncker zu erfinden, gar über die Europäische Union selbst.
       Aber mir fallen keine Pointen ein. Brüssel ist nämlich ein schwarzes Loch.
       Es verschlingt nicht Licht, sondern Humor. Über alles, was nach Brüssel
       kommt, wird nie wieder gelacht.
       
       Nehmen wir Günther Oettinger. Günther Oettinger war der witzigste Politiker
       Deutschlands. Er hatte einfach alles, einen luschdigen Akzent, einen
       ordentlichen Zinken (wichtig für Karikaturisten) und er sagte saudummes
       Zeug wie: Der ehemalige NS-Marinerichter [1][Hans Filbinger war
       Widerstandskämpfer gegen die Nazis].
       
       Aber seit der Mann EU-Kommissar in Brüssel ist, dringt kein Witz mehr von
       oder über ihn über den Ereignishorizont der Langeweile in unsere Realität
       hinaus. Ähnlich grausam war das Schicksal von Edmund Stoiber.
       Ex-EU-Sonderbeauftragter für Bürokratieabbau. Der Mann hatte so viel
       Potenzial.
       
       Das sagt was aus, über EU-Europa. Was man nicht kennt, über das lacht man
       auch nicht. Will sich die EU reformieren, dann sollte das Witzprinzip,
       nicht das Demokratieprinzip oberste Leitlinie sein. Und sollte diese
       Kolumne jemanden in Brüssel inspirieren, wird sicherlich bald ein
       Fördertopf zur Förderung von Witzen über die EU ins Leben gerufen. 150
       Millionen Euro bis 2030.
       
       ## „Fuck you, European Union!“
       
       Dann werden mehrere Universitäten Forschungsprogramme darüber auflegen,
       warum niemand über die EU lacht und am Ende, im Jahr 2030, wird es einen
       offiziellen EU-Witz geben, vom Rat der Mitgliedsstaaten der EU bei der
       EU-Kommission in Auftrag gegeben.
       
       Der Witz wird 145 Änderungsanträge im ITRE (dem Ausschusses für Industrie,
       Forschung und Energie des EU-Parlaments) überleben und anschließend im
       Trilog zwischen Parlament, Rat und Kommission beschlossen werden, begleitet
       von Massendemonstrationen irgendwelcher YouTube-Kids und ein paar
       analytischen Pressemitteilungen von Sven Giegold.
       
       Was Europäer können, sind Witze über ihre Nachbarn. Humor wird in Europa
       nach dem Subsidiaritätsprinzip nach unten delegiert. Subsidiari-was? Ich
       hab das eben in Wien sitzend gegoogelt: „Das Prinzip der Subsidiarität
       besagt, dass die Europäische Gemeinschaft nur dann in nationalen – also
       etwa in österreichischen – Angelegenheiten tätig werden kann, wenn
       Österreich selbst diese nicht ausreichend lösen kann.“
       
       Ja! Der geniale britische Komiker John Oliver hat das in seiner
       Anti-Brexit-EU-Hymne so ausgedrückt: „Fuck you, European Union! Tally-ho,
       you fucking pricks!“
       
       Sagt dann vielleicht auch Maggie Thatcher zu Jean-Claude Juncker.
       
       20 May 2019
       
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