# taz.de -- Pestizid Thiacloprid schädigt Föten: Deutschland will Verbot
       
       > Landwirtschaftsministerin Klöckner kündigt an, bei der EU gegen ein
       > Insektengift der Bayer AG zu kämpfen. Die EU-Kommission findet das nun
       > gut.
       
 (IMG) Bild: Die Landwirtschaftsministerin beim Besuch der Natur
       
       BERLIN taz | Bundesagrarministerin Julia Klöckner will, dass die EU das
       Pestizid Thiacloprid verbietet, das wahrscheinlich Föten und die
       Fruchtbarkeit schädigen kann. „Der Wirkstoff Thiacloprid gilt nach neuesten
       wissenschaftlichen und technischen Erkenntnissen als gesundheitlich
       bedenklich und schädlich für den Naturhaushalt, unter anderem auch für
       Bestäuber“, teilte die CDU-Politikerin mit.
       
       Deshalb werde sie sich dafür einsetzen, dass der vom Chemiekonzern Bayer AG
       hergestellte Stoff aus der Pestizid-Gruppe der Neonikotinoide keine
       Genehmigung mehr erhält. Auch die EU-Kommission schlägt nun vor, die im
       April 2020 auslaufende Zulassung nicht zu verlängern. Das geht aus der
       [1][Tagesordnung] für die Sitzung des zuständigen Expertenausschusses aus
       Vertretern der EU-Staaten und der Kommission vom vergangenen Montag hervor.
       
       Die [2][taz hatte am 29. März] unter Berufung auf ein Schreiben der
       EU-Kommission berichtet, dass die Behörde das Insektengift damals doch
       wiederzulassen wolle. Dagegen protestierten zum Beispiel die
       Internet-Kampagnenorganisation SumofUs sowie die Grünen-Politiker Martin
       Häusling und Harald Ebner.
       
       Die EU-Kommission hat Thiacloprid als „wahrscheinlich reproduktionstoxisch“
       eingestuft, weil es in Versuchen eindeutig die Fortpflanzung von Tieren
       beeinträchtigt hat und so offenbar auch bei Menschen wirkt. Solche
       Substanzen dürfen gemäß EU-Pestizidverordnung nicht mehr erlaubt werden –
       es sei denn, sie kommen nicht mit Menschen in Kontakt oder sie sind
       unbedingt nötig für die Landwirtschaft.
       
       Genau auf diese Ausnahmen beruft sich die Bayer AG. Ohne
       Thiacloprid-Pestizide wie „Calypso“ könne man in Deutschland beispielsweise
       einen der wichtigsten Schädlinge im Obstbau, den Apfelwickler, kaum
       bekämpfen. Die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit dagegen kam zu dem
       Schluss, dass es sehr wohl Alternativen gebe. Sie lieferte auch Belege
       dafür, dass der Wirkstoff doch mit Menschen in Kontakt kommt, zum Beispiel
       in Saatgut-Fabriken.
       
       „Es liegt der Verdacht nahe, dass sich Klöckner immer dann, wenn sich eine
       Entscheidung gar nicht mehr aufhalten lässt, blitzschnell von der
       Blockiererin zur Vorreiterin wandelt“, sagte der
       Grünen-Bundestagsabgeordnete Ebner der taz. Erst Ende vergangenen Jahres
       hatte die Ministerin noch für eine weitere Verlängerung von Thiacloprid
       bis April 2020 gestimmt. Klöckner positionierte sich erst öffentlich gegen
       das Insektizid, als die Kehrtwende der EU-Kommission bekannt wurde. Zuvor
       hatte sie erklärt, die wissenschaftliche Bewertung des Mittels sei noch
       nicht abgeschlossen, obwohl bereits alle Fakten auf dem Tisch lagen.
       
       „Offenbar wird die EU Thiacloprid doch verbieten“, sagt Umweltschützerin
       Franziska Achterberg von Greenpeace. Denn Deutschland hat bei der
       entscheidenden Abstimmung EU-Staaten großes Gewicht. Frankreich hat
       Pestizide mit Thiacloprid bereits verboten.
       
       23 May 2019
       
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 (DIR) [1] https://ec.europa.eu/food/sites/food/files/plant/docs/sc_phyto_20190520_ppl_agenda.pdf
 (DIR) [2] /EU-plant-Zulassung-von-Bayer-Insektengift/!5582725/
       
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       Doch eigentlich sind Pestizide verboten, die wahrscheinlich die
       Fruchtbarkeit schädigen.