# taz.de -- Doppelflug zum UN-Klimagipfel: Desaströse Symbolik
       
       > Die Kritik am Doppelflug der Bundesregierung ist hohl. Und die Botschaft
       > der deutschen Klimapolitik ist so verheerend, weil sie so ehrlich ist.
       
 (IMG) Bild: Sieht irgendwie cool aus, ist aber unsexy. Wer kein Geld zum Fliegen hat, liegt zumindest im Trend
       
       Für die Atmosphäre sind es weniger als Peanuts, ob die deutsche Regierung
       mit einem oder zwei Flugzeugen [1][in die USA] unterwegs ist. Kanzlerinnen,
       Präsidenten und Minister bekommen zu Recht ein Upgrade in ihre eigene
       Business- beziehungsweise Politics-Class. Kein vernünftiger Mensch wird
       Angela Merkel vorhalten, dass sie über 300.000 Kilometer im Jahr fliegt.
       
       Deshalb ist die [2][Kritik am Doppelflug] auch hohl. Für jedes
       zweitklassige Champions-League-Spiel wird die Atmosphäre mehr belastet als
       für den wichtigen Auftritt der deutschen Kanzlerin vor den Vereinten
       Nationen. Aber Politik ist eben zu einem großen Teil auch Symbolpolitik.
       Und da fehlen offenbar die Sensibilität und die koordinierte Planung in der
       Regierung. Wie ihr Verhalten auf ihr Volk und den Rest der Welt wirkt, ist
       offenbar zweitrangig.
       
       [3][Die Symbolik ist so desaströs], weil sie so ehrlich ist. Denn auch die
       deutsche Klimapolitik, die sich in einem mutlos vermurksten Klimapaket
       manifestiert, beruht in weiten Teilen darauf, einfach so weiterzumachen wie
       bisher und nicht wirklich nachzudenken. Sie folgt dem Grundsatz: Niemandem
       irgendetwas zumuten! Ob Autofahrer, Hausbesitzer, Industriebetrieb oder
       Kohlekumpel – jeder wird behütet und mit Geld überhäuft, damit das
       klimapolitische Klein-Klein bloß nicht zu politischem Schluckauf führt.
       
       Das ist nicht nur für die Debatte in Deutschland ärgerlich. Es ist vor
       allem eine niederschmetternde Botschaft an viele der Länder, die in New
       York auf Merkel warten. Denn im viertgrößten Industrieland der Welt, das
       aus einem Jahrzehnt der Hochkonjunktur kommt, können wir es uns leisten, in
       den nächsten vier Jahren 54 Milliarden Euro auszugeben, ohne dafür viel
       Klimaschutz zu bekommen.
       
       ## Klimaschutz? Nur für die Reichen!
       
       Aber die Botschaft an Länder, die es nicht so dicke haben, ist fatal:
       Klimaschutz? Nur für die Reichen! Das war schon so beim Kohleausstieg, den
       man sich mit 40 Milliarden auch erst mal leisten können muss. Dem dringend
       nötigen Kohleausstieg in China oder Indien wäre mit ein paar innovativen
       Ideen aus Germany aber besser geholfen als mit der Botschaft: Kauft euch
       frei, wenn ihr es könnt!
       
       Es geht nicht darum, dass am deutschen Wesen die Welt genesen soll. Es geht
       um die globale Verantwortung dieses Landes für effektiven Klimaschutz. Da
       sind internationale Auftritte viel wert. Noch besser wäre es, die Kanzlerin
       käme auch mit einem ehrgeizigen und schlüssigen Konzept für den Umbau der
       fossilen Wirtschaft in eine nachhaltige Zukunft.
       
       Also mit etwas, woraus sich andere Länder und Unternehmen Ideen und
       Inspiration holen könnten. Wenn die deutsche Regierung einen solchen Plan
       hätte, wäre es auch egal, ob die Ministerinnen und Minister mit eigenem Jet
       oder als Fluggemeinschaft durch die Welt reisen.
       
       23 Sep 2019
       
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