# taz.de -- Umweltbeschwerde bei der Unicef: Junge AktivistInnen wollen mehr
       
       > Wegen Umweltverschmutzung reichen Jugendliche bei der Unicef eine
       > Sammelbeschwerde gegen fünf Länder ein. Deutschland gehört dazu.
       
 (IMG) Bild: Klimastreik in Berlin: Kinder erleben den Klimawandel längst als persönliche Katastrophen
       
       NEW YORK taz | „Die Erwachsenen hatten doch auch ein Recht auf ihre
       Zukunft“, sagt Catarina Lorenzo, „warum sollen wir das nicht haben?“ Die
       12-Jährige aus dem brasilianischen Salvador steht mit 15 anderen Teenagern
       aus aller Welt – darunter die 16-jährige Schwedin Greta Thunberg sowie
       Jugendliche aus Küstengebieten, die längst Zerstörungen durch den
       Klimawandel erleiden – vor ReporterInnen aus aller Welt bei der Unicef in
       New York.
       
       Mit Unterstützung eines Anwaltsbüros haben die Teenager an diesem Montag
       eine Sammelbeschwerde eingereicht. Sie wollen rechtlich gegen fünf Länder –
       darunter auch Deutschland – vorgehen, die trotz seit Jahrzehnten bekannten
       Risiken nicht das Nötige unternommen haben, um die Kohlenstoffemissionen zu
       begrenzen. Damit, so heißt es in der Beschwerde, verletzen sie die Rechte
       der Kinder.
       
       Rechtliche Basis für das Vorgehen der Teenager ist die
       Kinderrechtskonvention der UN. Alle Mitglieder der UN außer den USA haben
       diese Konvention ratifiziert, seit sie vor 30 Jahren in Kraft getreten ist.
       Das macht sie zu der Konvention mit der größten Unterstützung in der
       Geschichte der UN. 45 Länder haben darüber hinaus ein Zusatzprotokoll
       unterzeichnet, das Beschwerden zulässt, wenn sie die Kinderrechtskonvention
       verletzen.
       
       Nur gegen diese Länder ist ein rechtliches Vorgehen möglich. Unter ihnen
       hat der auf internationale Fälle spezialisierte Anwalt Michael Hausfeld,
       der die Teenager vertritt, die fünf größten Klimaverschmutzer ausgewählt:
       Argentinien, Brasilien, Frankreich, Deutschland und die Türkei.
       
       ## „Wir stehen komplett hinter den Kindern“
       
       Ein solches Vorgehen ist nie zuvor erprobt worden. Der Anwalt stellt sich
       darauf ein, dass es ein langes und kompliziertes Verfahren wird. Die
       Jugendlichen sind in Eile. Sie erleben den Klimawandel längst als
       persönliche Katastrophen. „Er nimmt uns unser Land und die Tiere“, sagt der
       17-jährige Carl Smith vom Stamm der Yupiaq in Alaska. „Der Ozean schluckt
       unsere Häuser“, sagt der 17-jährige Carlos Manuel aus Palau. Und der
       16-jährige Litokne Kabua von den Marshallinseln beschreibt, dass sein
       Garten im Meer verschwunden ist. Jene, die es nicht glauben, lädt er ein,
       zu den Marshallinseln zu kommen, um sich den zerstörerischen Klimawandel
       anzuschauen.
       
       „Das ist besser als Statistiken“, fügt er hinzu. Die Pressekonferenz findet
       am New Yorker Sitz der Unicef, des Kinderhilfswerks der UN, statt, wo
       Vizedirektorin Charlotte Petri sagt: „Wir stehen komplett hinter den
       Kindern, die ihre Rechte verteidigen. Der Klimawandel wird jeden Einzelnen
       von ihnen betreffen.“ Eine halbe Stunde zuvor hat Greta Thunberg eine
       emotionale Rede vor dem UN-Gipfel gehalten, bei der sie ihre Enttäuschung
       über das zögerliche und halbherzige Vorgehen der Länder gezeigt hat.
       
       Jetzt wollen viele ReporterInnen wieder vor allem von ihr hören. Aber sie
       bleibt wortkarg. Sie will, dass die anderen Jugendlichen zur Sprache
       kommen. Eine Frage nach ihren Gefühlen weist sie von sich: „Ich glaube
       nicht, dass das hierhergehört.“ Und über Donald Trump, auf den sie bei
       jeder Pressekonferenz in den USA angesprochen wird, verliert sie auch an
       diesem Tag kein Wort. Trump ist dem Klimagipfel demonstrativ ferngeblieben.
       Nur während Angela Merkel sprach, kam er für ein paar Minuten in den Saal.
       
       ## Eine ganze Woche Zeichen setzen
       
       Die Jugendlichen fühlen sich von den Erwachsenen im Stich gelassen. Sie
       sind ungehalten über das Zögern und Auf-der-Stelle-Treten. Denn sie wissen,
       dass es alle treffen wird. „Im Ozean gibt es keine Mauer, der Klimawandel
       betrifft uns alle“, sagt die Argentinierin Chiarra Sacchi (17). Aber die
       Jugendlichen glauben zugleich, dass sie notfalls auch ohne die Mächtigen
       vorgehen können.
       
       Der Erfolg der Klimademonstration vom Freitag, an der sie alle teilgenommen
       haben, hat sie beflügelt. Die 15-jährige Hamburgerin Raina Ivanova, die am
       Freitag ein Transparent „Climate Change is Scheiße“ durch New York getragen
       hat, sagt am Montag bei der Pressekonferenz: „Wenn jeder einen kleinen
       Schritt tut, können wir es weit bringen.“ Um den Druck aufrechtzuerhalten,
       warten die KlimaaktivistInnen dieses Mal nicht bis zum nächsten Freitag und
       damit zum nächsten „Schulstreik“.
       
       Stattdessen haben sie die ganze Woche unter die Fahne der Klimaproteste
       gestellt. Die Aktionen sind kleiner und oft auch radikaler. Das Spektrum
       reicht von Demonstrationen an Ölpipelines und Fracking-Bohrstellen bis zu
       Walk-ins bei Investmentgesellschaften, die Geld mit der Zerstörung des
       Amazonaswalds machen.
       
       In der Hauptstadt Washington blockieren am Montagfrüh KlimaaktivistInnen 20
       zentrale Straßenkreuzungen sowie einen Highway. Es geht darum, die
       Erwachsenen zu „erziehen“. „Planet vor Profiten“ und „Wie wollt ihr
       erinnert werden“, steht auf den Transparenten. Auf dem Weg zum „American
       Petroleum Institute“, der Lobby der Branche, diskutieren KlimaaktivistInnen
       mit AutofahrerInnen, die im Stau stehen.
       
       Bei der nächsten „direkten Aktion“ in New York geht es um die Waldbrände am
       Amazonas. Der Protest richtet sich nicht gegen die politische Verantwortung
       des Präsidenten Jair Bolsonaro, der wegen der UN-Vollversammlung in New
       York ist, sondern gegen den größten Vermögensverwalter der Welt, BlackRock.
       Für KlimaaktivistInnen ist es der „größte Investor in die Zerstörung des
       Regenwalds“, der die „schlimmsten Akteure in Brasilien“ finanziert.
       
       24 Sep 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
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