# taz.de -- Marathon in Frankfurt: Rennen mit viel Wissen
       
       > Katharina Steinruck läuft die zehntbeste deutsche Marathonzeit. Nun hat
       > die 30-Jährige gute Chancen, bei den Olympischen Spielen zu starten.
       
 (IMG) Bild: Familiär vorbelastet: Steinruck läuft auch wegen des Einflusses ihrer Eltern so schnell
       
       FRANKFURT taz | Am Tag danach ist es nach einem Marathon immer dasselbe.
       „Der bekannte Tag, wo man die Treppe rückwärts runtergeht“, hat es
       Katharina Steinruck einmal beschrieben. Insofern traf es sich gut, dass das
       Athletenhotel an der Frankfurter Messe mit genügend funktionierenden
       Fahrstühlen ausgestattet ist.
       
       „Wenn nicht alles wehtun würde, wäre es nicht normal, denn dann hätte ich
       nicht alles gegeben. Ich bin immer noch total happy. Es wird ein bisschen
       brauchen, bis ich das realisiert habe, was ich da geleistet habe“, sagte
       die 30-Jährige am Montag, die beim Frankfurt Marathon eins der seltener
       gewordenen Ausrufezeichen aus deutscher Sicht bei solch einer
       Großveranstaltung gesetzt hatte.
       
       Mit ihren 2:27:26 Stunden unterbot „Katha“, besser bekannt unter ihrem
       Mädchennamen Heinig, beim zweitbesten und -größten deutschen Marathon nicht
       nur locker ihre Bestzeit um mehr als eine Minute, sondern lief auch zwei
       Minuten schneller als die vom Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV)
       geforderte Olympia-Norm (2:29:30). „Mit meiner Zeit habe ich natürlich ein
       Brett vorgelegt, meine Chancen sind erheblich gestiegen, dass ich dabei
       bin. Ich hoffe natürlich nicht, dass noch zwei Mädels schneller laufen
       werden.“
       
       Sicher ist der Startplatz der gebürtigen Äthiopierin Melat Kejeta vom
       Laufteam Kassel, die in Berlin mit 2:23:57 in der deutschen Bestenliste auf
       Platz zwei gestürmt war. Katharina Steinruck lief am Sonntag nun die
       zehntbeste Zeit einer deutschen Frau insgesamt über 42,195 Kilometer.Die
       Vorleistungen über zehn Kilometer und im Halbmarathon hatten bei der
       ausdauernden Polizistin, die in ihrer Dienststelle im 16. Polizeirevier in
       Frankfurt-Griesheim regelmäßig noch in der Ermittlungsgruppe eingebunden
       ist, auf ihren Coup in der Mainmetropole hingedeutet. „Aber Theorie und
       Praxis sind ein großer Unterschied“, gab Steinruck zu bedenken.
       
       ## Mutter als Trainerin
       
       Gerade ihr war ja oft vorgehalten worden, nicht genügend Zutrauen in die
       eigenen Fähigkeiten zu besitzen, wobei sie oft auch ihre vielen
       Verletzungen hemmten: 2015 bedrohte eine erste Operation an der Ferse ihre
       Karriere, im vergangenen Jahr kam ein zweiter Eingriff dazu. Aber kaum
       jemand kann sich über alternative Trainingsmethoden vom Skiroller bis zum
       Aquajogging so ein breites Fundament zulegen wie die gebürtige Leipzigerin,
       der das Lauftalent in die Wiege gelegt wurde.
       
       [1][Mutter Katrin Dörre-Heinig] gehörte in den 80er und 90er Jahren zu den
       besten Marathonläuferinnen der Welt, gewann Bronze bei den Olympischen
       Spielen 1988 in Seoul, wichtige Stadtmarathons von London, Osaka oder
       Frankfurt. Bestzeit: 2:24:35. Heute arbeitet die 58-Jährige als
       Marathon-Bundestrainerin und als Heimtrainerin ihrer Tochter.
       
       Der Stil der beiden ist ähnlich, aber ansonsten mag die Tochter derlei
       Vergleiche gar nicht. Sie erklärt: „Wir leben in einer völlig anderen Zeit.
       Es ist nicht realistisch, dass ich ihre Erfolge wiederhole.“Sie weiß, dass
       ihr Mädchenname vor allem wegen ihres Vaters Wolfgang Heinig, der unter
       anderem die mit ihr bestens befreundete 3.000-Meter-Hindernisläuferin Gesa
       Felicitas Krause trainiert, polarisiert. „Er ist halt ehrlich und direkt.
       Das kommt nicht immer gut an.“ Der Vater hatte sie bis 2013 trainiert, ehe
       innerhalb der Familie die Zuständigkeiten wechselten. Seitdem hat die
       Mutter das Sagen, „und mein Papa hält sich raus“.
       
       Sie sei froh, einen guten Topf an Wissen zu haben, aus dem sie schöpfen
       könne. Die Olympischen Spiele 2020 sind wegen der unglücklich verpassten
       Rio-Teilnahme 2016 ein lohnendes Ziel. Die wegen der Hitze avisierte
       Verlegung der Marathonläufe von Tokio nach Sapporo kann Katharina Steinruck
       nur begrüßen. „Das ist eine gute Entscheidung, denn die Spiele sind für die
       Athleten.“ Bilder von kollabierenden Athletinnen wie jüngst bei der
       [2][Leichtathletik-WM in Doha] brauche niemand.
       
       28 Oct 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Katrin_D%C3%B6rre-Heinig
 (DIR) [2] /Hitze-bei-Leichtathletik-WM/!5627994
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Hellmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Marathon
 (DIR) Frankfurt/Main
 (DIR) Schwerpunkt Olympische Spiele 2021
 (DIR) Olympische Spiele
 (DIR) Laufen
 (DIR) Laufen
 (DIR) Ironman
 (DIR) Marathon
 (DIR) Katar
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Marathonläuferin über Olympia: „Die Straße ist attraktiv geworden“
       
       Katharina Steinruck läuft so schnell wie nie. Ein Gespräch über die
       Leistungsexplosion beim Marathon, ihren Olympiatraum – und einen
       Wunderschuh.
       
 (DIR) London-Marathon 2020: Rennen im Regen
       
       Ein Überraschungssieg bei den Männern, ein erwarteter Erfolg bei den
       Frauen, viele neue Laufrouten. Das war der London-Marathon 2020.
       
 (DIR) Petition der Woche: Läuft so gar nicht im Jahr 2020
       
       Reihenweise fallen dieses Jahr Straßenläufe aus, Laufveranstalter wissen
       nicht weiter. Eine Petition fordert einen Finanz-Hilfsfonds für
       Organisatoren.
       
 (DIR) Frauenwettbewerb des Iron Man: Die beste Triathletin der Welt singt
       
       Anne Haug ist die erste Deutsche, die den Frauenwettbewerb des Iron Man in
       Hawaii gewinnt. Nur kann sie es selbst kaum glauben.
       
 (DIR) Marathon in unter zwei Stunden: „Bester Moment in meinem Leben“
       
       Eliud Kipchoge durchbricht die Marathon-Schallmauer: Der Kenianer läuft die
       42,195 Kilometer in weniger als zwei Stunden. Doch es ist kein Weltrekord.
       
 (DIR) Zusammenbrüche bei Katar-Marathon: Augenhöhe statt Käuflichkeit, bitte
       
       Kollabierende Läuferinnen – der Marathon in Doha hätte so nicht stattfinden
       dürfen. Ihn Katar zu verweigern wäre nicht paternalistisch, sondern
       progressiv.