# taz.de -- Box-WM im Schwergewicht: Der glückliche Schlag
       
       > Schwergewichts-Weltmeister Deontay Wilder verteidigt durch K. o. seinen
       > Titel gegen Luis Ortiz. Übersichtlich wird das Profiboxen dadurch aber
       > nicht.
       
 (IMG) Bild: Anschreien bis zehn: Ringrichter Kenny Bayless zählt Luis Ortiz aus
       
       Deontay Wilder gehört weiter zum kleinen Kreis der Herren, die sich
       Schwergewichtsweltmeister im Profiboxen nennen dürfen. Der 34-jährige
       US-Amerikaner, der den Gürtel des Verbandes WBC trägt, hat nämlich in der
       Nacht zum Sonntag in Las Vegas Luis Ortiz durch K. o. besiegt.
       
       Und zwar wie. Die ersten sechs Runden lag nämlich der 40-jährige Ortiz
       vorne. Jede hatte der Kubaner, der in Florida lebt, klar gewonnen, und es
       sah sehr danach aus, als müsste Wilder seinen Titel, den er seit 2015
       innehat, abgeben. Doch in der siebten Runde kam Wilders rechte Gerade,
       Ortiz fiel in die Seile, ging in die Knie, konnte nur noch kriechen, stand
       zwar kurz, bevor der Ringrichter Kenny Bayless bis zehn gezählt hatte, auf,
       doch der schaute dem Kämpfer in die verwirrten Augen und brach den Kampf
       ab.
       
       Es war schon der zweite Sieg [1][Wilders über Ortiz] in diesem Jahr, und
       für Wilder war gerade dieser bedeutend. „Da habt ihr gesehen, warum kein
       anderer Schwergewichtler gegen Ortiz kämpfen will“, sagte er nachher.
       Tatsächlich gehen die meisten Weltklasseboxer dieser Gewichtsklasse – auch
       die diversen Weltmeister der anderen Verbände – dem erfahrenen Ortiz aus
       dem Weg. „Er ist sehr geschickt und er bewegt sich im Ring strategisch
       klug“, lobte Wilder den Gegner, und dann lobte er auch sich: „Mein
       Intellekt ist sehr hoch, obwohl ich keine Anerkennung dafür bekomme. Ich
       habe endlich mein Maß gefunden und den entscheidenden Schlag gesetzt.“
       
       Wilders Selbstlob galt auch seinem Mut. Denn der Ortiz-Kampf war keine
       Pflichtverteidigung, er hätte dem schweren und unberechenbaren Gegner auch
       aus dem Weg gehen können.
       
       Schon vor dem Kampf – und erst recht nach den sechs von Ortiz gewonnenen
       ersten Runden – war klar gewesen, dass es ein Kampf auf höchstem Niveau
       wird. Mit hohem Risiko für den Titelhalter. Für die New York Times war
       vorab klar, dass der Kampf zeigen wird, „dass das Schwergewichtsboxen
       wieder Bedeutung besitzt“.
       
       ## Das Chaos im Profiboxen geht weiter
       
       So war es tatsächlich: Ortiz schaffte es in den ersten Runden, Wilders Jab
       wirkungslos zu machen, drängte den Weltmeister in die Ecke und kam oft mit
       seiner starken Linken durch. Es war tatsächlich nur das, worauf jeder
       zurückliegende Boxer immer vertraut, was Wilder geholfen hat: der Lucky
       Punch in der 7. Runde.
       
       „Das ist Boxen“, wusste der geschlagene Ortiz im Anschluss nur noch zu
       sagen. Und auf den Sieger Wilder wartet nun der immer noch als große Nummer
       geltende britische Ex-Weltmeister Tyson Fury. Vermutlich am 22. Februar
       treten die beiden gegeneinander an – zum zweiten Mal. Im Dezember 2018
       lieferten sich Wilder und Fury schon einmal einen spektakulären Kampf, der
       unentschieden gewertet wurde.
       
       So sieht es nämlich derzeit im Profischwergewichtsboxen aus: Es gibt mit
       Deontay Wilder (WBC), Andy Ruiz (IBF und WBO) und dem in Köln lebenden
       Manuel Charr (WBA) derzeit drei Boxer, die sich leidlich seriös Weltmeister
       nennen. (Ruiz, so viel Komplikation bringt das Profiboxen immer mit sich,
       nennt sich auch noch Super-Champ der WBA, was so viel bedeutet wie: von der
       WBA etwas besser eingeschätzt als der WBA-Weltmeister Charr.) Dann gibt es
       aber noch mit Tyson Fury und Anthony Joshua mindestens zwei weiteren
       Kämpfer, die Anspruch auf diesen Titel erheben.
       
       Das sympathische Ziel, endlich für ein bisschen Übersichtlichkeit zu
       sorgen, verkündete Wilder noch am Abend seines Triumphs: „Wir brauchen nur
       einen Weltmeister.“ Das will er sein, aber dafür muss er nicht nur Fury,
       sondern auch irgendwann Ruiz besiegen. Und Ruiz wiederum muss am 7.
       Dezember erst den mit viel Getöse in Saudi-Arabien anstehenden Rückkampf
       gegen Anthony Joshua gewinnen.
       
       24 Nov 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.youtube.com/watch?v=jQGR71nrva8
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Krauss
       
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