# taz.de -- SPD-Spitze, AfD und Dienstpflicht: Neues Balancekonzept
       
       > Die Sozialdemokraten entscheiden sich in der Vorsitzfrage für ein
       > Gleichgewicht: Es balanciert zwischen Links–Links, West–West,
       > Basis–Basis.
       
 (IMG) Bild: Annegret Kramp-Karrenbauer, CDU-Vorsitzende und Verteidigungsministerin
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Die SPD legt die Verkündung ihrer neuen
       Vorsitzenden auf die Sekunde genau auf den Start der Bundesliga in der
       „Sportschau“.
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       Neuer SPD-Claim „Arbeiterpartei war gestern“.
       
       Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sind nun die [1][neue Doppelspitze]
       der SPD. Sind Sie überrascht von der Wahl? 
       
       Viele tauften noch in der Nacht ihre Neugeborenen Norbertwalter. Das Modell
       „Doppelspitze“, bei den Grünen entwickelt, diente der Balance. Links –
       Rechts, Ost – West, Promi – Basis, Mann – Frau. Die SPD versucht’s erst mal
       mit Links – Links, West – West, Basis – Basis. Wenn sie es sehr geschickt
       anstellen, machen sie eine Außen-Balance draus. Zwischen dieser neuen
       Parteiführung und den Etablierten. Also Scholz und Dreyer mit Esken und
       Walter-Borjans. Macht einen Vierer ohne Steuermann. Das kann hübsch
       scheitern, denn für ein Gelingen spricht derzeit nur gemeinsamer Horror vor
       Neuwahlen. „Die SPD schafft sich ab“ und „staatspolitische Verantwortung
       ist nicht erkennbar“, näselt die FAZ wie über ihren unartigen Hund. „Das
       Ergebnis bestätigt meine Skepsis“, ergänzt der Berufsehemalige Gerhard
       Schröder. Da fühlen sich doch mal die Richtigen angegriffen. Kevin Kühnert
       könnte den Schwung seiner Protegees mitnehmen und auf einem
       Parteivizeposten für die Ära nach der Ära parken.
       
       Auch die AfD hat neben Jörg Meuthen einen neuen Parteivorsitzenden:
       [2][Tino Chrupalla]. Was kommt da auf uns zu? 
       
       Ausländer? Dem Namen nach ein italienisch-schlesischer Bastard, das macht
       einen leicht untervölkischen Eindruck. Chrupalla hat Vorstrafen bei der
       „Jungen Union“ sowie einemrechtsextremistischen YouTube-Kanal, er
       beleidigte Journalisten als „getarnte Zersetzungsagenten“. Der Neue hatte
       bei der Bundestagswahl Sachsens Ministerpräsident Kretschmer im Wahlkreis
       geschlagen und steht inhaltlich für hm, tja, Dingens. Die Perspektive
       seines Mentors Gauland: Eines Tages werde die AfD die einzige
       Koalitionsoption für die CDU sein. Parole Kreidespeise, die AfD will nach
       „bürgerlicher Mitte“ aussehen und klingen.
       
       Während am Freitag alle mit den weltweiten Klimaprotesten beschäftigt
       waren, wurde im Bundestag über den Haushalt fürs kommende Jahr abgestimmt.
       Was haben wir da verpasst? 
       
       Die siebte schwarze Null. Gut möglich: die letzte. Die Groko gab im „Black
       Friday“-Groove ordentlich Geld aus. In Österreich wurden gleich zwei
       Haushalte beschlossen, als die Regierung ihr Zerbröseln absah.
       
       Eine schwedische Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Frauen die besseren
       Chefs sind. Wer ist Ihre Lieblingschefin? 
       
       Die Studie fragte nicht nach Geschlechtern, sondern nach
       Führungseigenschaften. Wollen MitarbeiterInnen lieber „autoritäre“ und
       „kämpferische“ Führung oder „umsichtige“ und „teamfähige“? Überraschung:
       Letzteres. Diese Eigenschaften wurden dann den Geschlechtern zugeordnet.
       Und schon wieder Überraschung: das Bossige den Jungs, das Soziale den
       Mädchen – und plumps fertig. Nachdem wir noch nie an so vielen
       Kriegseinsätzen beteiligt waren wie unter Merkel, AKK und von der Leyen,
       sehe ich die Feminismusdividende für uns Jungs behutsamer. Als Chef bin ich
       selbst weder dies noch das so richtig, sondern sitze autistisch im Büro,
       schreibe die Kolumne fertig, krieg nix mit und freu mich, wie schlau meine
       Chefkollegin die Themen wegräumt.
       
       Angela Merkel hat bei einer [3][Debatte im Bundestag] wütend auf den
       medialen Eiertanz um die scheinbar eingeschränkte Meinungsfreiheit
       reagiert. Sie sagt, die Meinungsfreiheit sei in Deutschland gegeben, aber
       man müsse eben mit Widerspruch leben. Die Bundeskanzlerin hat es also
       verstanden, wo liegt bei den anderen das Problem? 
       
       Es liegt am ersten Satz der Unabhängigkeitserklärung: Alle Menschen sind ab
       Geburt beleidigt.
       
       In einem Werkstattgespräch hat die CDU über die Einführung einer
       allgemeinen Dienstpflicht diskutiert. Annegret Kramp-Karrenbauer sucht
       darin nach dem „Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält“. Wird sie den da
       finden? 
       
       Ja. Mit der Wehrpflicht wurde der Zivildienst ausgesetzt – eine heillos
       unterschätzte Errungenschaft, die Millionen junger Männer eine Idee gab von
       Gemeinwohl. Und einigen einen Einstieg in einen bis dahin „weiblichen“
       Beruf. AKKs Konzept zielt zeitgemäß auf Männer und Frauen und heimlich auch
       auf die Unzufriedenen in der Union, die der Wehrpflicht nachtrauern. Darin
       liegt die Krux: Über die Wehrpflicht lässt das Grundgesetz nur die
       Einberufung von Männern zu, und als sonstigen Zwangsdienst erlaubt es
       ausschließlich „herkömmliche, allgemeine, für alle gleiche
       Dienstpflichten“. Und „herkömmlich“ wäre ein Pflichtjahr nicht. Karitative
       Institutionen wie „Bethel“ oder, nun ja, Roland Koch, forderten den Dienst
       schon früher, doch ohne Grundgesetzänderung wird’s nicht gehen.
       
       „Respektrente“ ist das Wort des Jahres 2019. Warum? 
       
       Weil „Starke Familien-“, „Gute Kita-“, „Terminservice- und
       Versorgungs-“Gesetz noch fadenscheinigerer Neusprech sind.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       Retten vorerst den Trainer. Fragen: hdl
       
       1 Dec 2019
       
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