# taz.de -- Deutsche Bahn spart bei Entschädigungen: Fahrgäste haben das Nachsehen
       
       > Die EU-Verkehrsminister haben sich darauf geeinigt, dass Zugverspätungen
       > in Fällen von höherer Gewalt keinen Entschädigungsgrund mehr darstellen.
       
 (IMG) Bild: Extreme Wetterlage oder malerische Winterlandschaft? Der Bahn dürfte es egal sein
       
       Sind [1][Stürme oder andere extreme Wetterlagen] schuld an [2][Verspätungen
       bei der Bahn], müssen die zuständigen Unternehmen betroffene Reisende
       künftig nicht mehr entschädigen. So sehen es zumindest die
       EU-Verkehrsminister. Sie haben sich am Montag bei einem Treffen in Brüssel
       darauf geeinigt, dass Bahnunternehmen in Fällen von Verspätungen wegen
       höherer Gewalt, wie etwa extremer Wetterlagen, keine Entschädigungen an
       Reisende mehr zahlen müssen.
       
       Die EU-Kommission hatte bereits vor zwei Jahren vorgeschlagen, dass
       Bahnunternehmen – ähnlich wie etwa Fluggesellschaften – bei Verspätungen
       oder Ausfällen nicht zahlen müssen, wenn sie die dafür verantwortlichen
       Umstände nicht hätten vermeiden können. Der Deutschen Bahn kommt dieser
       Vorschlag äußerst gelegen. Denn die Entschädigungszahlungen an ihre
       Fahrgäste haben sich in den vergangenen fünf Jahren für den Konzern mehr
       als verdoppelt.
       
       Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der
       FDP-Fraktion vom August hervorgeht, musste das Unternehmen 2018 infolge von
       Verspätungen und Zugausfällen rund 54,5 Millionen Euro an ihre Fahrgäste
       erstatten. 2014 waren es noch 27 Millionen Euro.
       
       Der Entschädigungsrekord ist vor allem auf die mangelnde Pünktlichkeit im
       Fernverkehr zurückzuführen. 2018 kamen nach einem Bericht der Frankfurter
       Allgemeinen Zeitung 25,1 Prozent der ICE- und IC-Züge unpünktlich am
       Zielbahnhof an, das heißt mit mehr als sechs Minuten Verspätung. 2017 waren
       noch 21,5 Prozent der Fernzüge unpünktlich. Der Anteil der Störungen durch
       „höhere Gewalt“ ist aber ebenfalls deutlich gestiegen. Und zwar auf 13,5
       Prozent im Jahr 2018 – nach 11,4 Prozent 2017 und 9,4 Prozent 2016.
       
       Im Europaparlament ist eine Mehrheit der Abgeordneten gegen eine solche
       Regelung. Vor einem Jahr hatte es eine entsprechende Reform bereits
       mehrheitlich zurückgewiesen. Mehr noch forderte das EU-Parlament sogar
       deutlich höhere Entschädigungen für Bahnreisende bei Verspätungen. Auch
       Verbraucherschützer kritisieren den Beschluss der EU-Verkehrsminister.
       Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hingegen findet, es sei
       richtig, „einen Ausgleich zwischen den Interessen der Fahrgäste und der
       Eisenbahnunternehmen“ zu schaffen.
       
       Sollte der Beschluss der EU-Verkehrsminister umgesetzt werden, dürften
       Bahnfahrende bei Verspätungen nur noch selten auf Entschädigungen setzen
       können. Denn zumindest die Deutsche Bahn zählt zur höheren Gewalt nicht nur
       extremes Wetter, Unfälle und Streik, sondern auch „plötzlich auftretende
       Fahrzeugmängel“. Bevor die Änderungen aber tatsächlich in Kraft treten
       können, muss es noch eine Verständigung auf eine gemeinsame Position mit
       dem Europaparlament geben. Und dazu wird sicherlich auch gehören, die
       Bezeichnung „höhere Gewalt“ zu präzisieren.
       
       3 Dec 2019
       
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