# taz.de -- Weltweite Klimaproteste: „Schlimmer als Hausaufgaben“
       
       > Von Bangkok bis Wien, am Nord- und am Südpol: Auf der ganzen Welt wird
       > für eine bessere Klimapolitik demonstriert.
       
 (IMG) Bild: Klimaaktivistin in Rom
       
       Mehr Kameras als Demonstranten 
       
       „Klimawandel ist schlimmer als Hausaufgaben.“ „Die Planet wird heißer als
       ich.“ Und: „Ihr sterbt an Altersschwäche. Ich durch den Klimawandel.“ Die
       Jungs von der privaten alternativen Roong Aroon Schule lassen bei der
       Fridays-For-Future-Aktion in Bangkok ihrem Zorn über den Klimawandel und
       die Untätigkeit der älteren Generation freien Lauf. Die Zahl der
       FFF-Demonstranten am Denkmal für König Rama VI. am Eingang zum Lumpini Park
       ist mit rund 80 meist jungen Leuten überschaubar – und geht fast im Heer
       der Kameras und Journalisten thailändischer und internationaler Medien
       unter.
       
       Bangkok ist an diesem Freitag [1][einer von etwa 3.000 Orten auf der ganzen
       Welt], in denen für mehr Klimaschutz demonstriert wird. Die Proteste sind
       offenbar nicht ganz so groß wie beim [2][letzten Weltklimastreik am 20.
       September,] als Millionen auf allen Kontinenten auf die Straßen gingen –
       aber immer noch gewaltig.
       
       Mit 12 Jahren ist Khun Prin, abgesehen von ein paar Kleinkindern westlicher
       Expats, wohl der jüngste Demonstrant in Bangkok. Seine auf ein Stück
       brauner Pappe geschriebene Botschaft: „Zerstört nicht die Welt.“ Mit der
       Weltrettung könne jeder zu Hause anfangen, betont Khun Prin und findet,
       seine Landsleute sollten endlich weniger Plastik benutzen. Harald Bach,
       Bangkok
       
       Flughafen Schwechat nicht vergrößern 
       
       In Wien begannen die Proteste bereits am Donnerstag Mittag am
       Ballhausplatz, wo Studierende vor dem Bundeskanzleramt aus Berichten des
       Weltklimarates vorlasen. Trotz Dauernieselregens hielten sie bis
       Mitternacht durch. Am Freitag sammelten sich Zehntausende fünf Minuten vor
       12 vor der Zentrale der Österreichischen Mineralölverwaltung OMV, die vom
       niederösterreichischen Weinviertel bis Neuseeland unter teils höchst
       umstrittenen Umständen nach Öl bohrt.
       
       Unterrichtsministerin Iris Rauskala hatte den Schulen freigestellt, im
       Rahmen eines Projekts die Teilnahme zu erlauben, wenn Lehrpersonen dabei
       sind. Deswegen erschienen ganze Schulklassen zur Demo. Eine zentrale
       Forderung lautete, man müsse die Wissenschaft ernst nehmen. Eines der
       Anliegen der Protestler richtete sich gegen den Plan, den Flughafen Wien
       Schwechat durch eine dritte Piste zu vergrößern: Das sei eine riesige
       Öko-Sünde. Auch die Wiener Verkehrsbetriebe warben: „Öffis nützen, Klima
       schützen!“ Ralf Leonhard, Wien
       
       75.000 Ukrainer in Küstennähe bedroht 
       
       Bei Dauerregen scharten sich auch in Kiew über hundert Menschen vor dem
       Gebäude des Ministerrates um das Skelett eines Dinosauriers, der aus
       Plastikmüll angefertigt worden war. Die vorwiegend jugendlichen
       Kundgebungsteilnehmer kamen von „Fridays for Future“, „Extinction
       Rebellion“ und veganen TierschützerInnen-Gruppen. In Sprechchören forderten
       sie „Ukraine, fang bei dir selbst an“, „Wir haben keinen Planet B und
       deswegen müssen wir umsteigen auf 100 % erneuerbare Energiequellen“,
       „Ändere das System, nicht das Klima!“.
       
       Sprecher Artur Sarkisjan warnte vor einem Weiter So. „Denn das heißt, dass
       die Temperatur auf der Erde bis zur Jahrhundertwende um 4 Prozent ansteigen
       wird. Und das bedeutet Umweltflüchtlinge und Hunger.“
       
       Es werde weltweit Millionen Opfer der Umweltkatastrophe geben. In der
       Ukraine würden mindestens 75.000 Menschen, die in Küstennähe wohnen, ihre
       Häuser vor den anrückenden Fluten verlassen müssen. Immer wieder wurde in
       Redebeiträgen und Sprechchören der Kapitalismus angegriffen.“ „Enteignet
       DTEK“, stand auf einem Plakat. DTEK ist die größte Energieholding des
       Landes. Gerade an diesem Tag, dem „schwarzen Freitag“, sei es wichtig,
       Konsumverzicht zu üben, Kleidung nur Second Hand zu kaufen, meinte ein
       Redner. Auch in Odessa, Iwano-Frankiwsk und Charkiw wurde gestreikt.
       Bernhard Clasen, Kiew
       
       ## Angst um den Stadtwald
       
       „Wir fordern den Klimanotstand“, steht auf dem Plakat, das die Studentin
       Pratiksha hochhält. Der Klimawandel beschäftigt hier in Mumbai viele.
       Jüngst sind die Gemüsepreise explodiert, da ein Großteil der Ernte durch
       die viel zu lange Regenzeit verendet ist. Für die normale Bevölkerung ist
       der Markt zu teuer geworden. Doch die meisten der 150 Menschen, die an
       diesem Freitag an die Strandpromenade im Stadtteil Bandra gekommen sind,
       treibt etwas Anderes rum: Sie setzen sich für den Erhalt des Stadtwaldes
       Aarey ein. Zwar hatte die neue Regierung keine weitere Abholzung
       versprochen, doch darauf verlassen will sich hier keiner. Ein älterer Mann
       mit Aarey-Poster ist skeptisch. „Die Politiker sind alle gleich“, sagt er.
       Dazwischen rufen sie auf der Bühne „Power to the people“, und alle stimmen
       ein. Laut Extinction Rebellion haben in über 23 indischen Städten Proteste
       stattgefunden. Auf der Fridays For Future-Webseite wurden landesweit über
       280 Aktionen gemeldet. Natalie Mayroth, Mumbai
       
       Polarforscher danken FFF 
       
       Und selbst in den abgeschiedenen Weltregionen der Arktis und Antarktis
       wurde gestreikt. Sowohl auf dem arktischen Eis vor dem deutschen
       Forschungsschiff „Polarstern“ als auch vor der deutschen
       Neumayer-Forschungsstation in der Antarktis demonstrierten Wissenschaftler
       am Freitag für mehr Klimaschutz. Das zeigten Bilder, die eine
       Wissenschaftlerin des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in Bremerhaven,
       Melanie Bergmann, [3][auf Twitter teilte].
       
       „Polarforscher vom Süden bis zum Norden danken Fridays for Future dafür,
       Aufmerksamkeit auf unsere Wissenschaft zu richten!“, schrieb Bergmann dazu.
       Die Fotos zeigten, wie jeweils ein knappes Dutzend Wissenschaftler vor dem
       Schiff und der Station Schilder und Plakate hochhielten. Auf dem Plakat der
       Forscher vor der „Polarstern“ stand: „Wir liefern die Fakten. Es ist Zeit
       zum Handeln!“
       
       Die „Polarstern“ treibt im Rahmen der „Mosaic“-Forschungsexpedition
       festgefroren an einer Eisscholle durch die Arktis. Auf dem Eis der Scholle
       haben die Wissenschaftler ein Forschungscamp erreicht, mit verschiedenen
       Messungen soll von dort aus das Klimasystem in der Zentralarktis erforscht
       werden. Ein Jahr lang soll das Schiff mit dem Meereis durch das
       Nordpolarmeer driften. dpa
       
       29 Nov 2019
       
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