# taz.de -- Jährliches Tannensterben: Baumleiche im Wohnzimmer
       
       > Für Weihnachtsromantik müssen allein in Deutschland jedes Jahr 27
       > Millionen Bäume sterben. Ein barbarischer Akt.
       
 (IMG) Bild: Zwei Wochen lang siecht ein Baum im überhitzten Weihnachtszimmer seinem Ende entgegen
       
       Weihnachten ohne Baum? Ist für die meisten Deutschen nicht vorstellbar. 27
       Millionen Weihnachtsbäume werden [1][nach Angaben des Bundesverbands der
       Weihnachtsbaumerzeuger] jährlich allein in Deutschland gefällt und für zwei
       Wochen in Wohnzimmer gestellt. Und dann wandern sie auf den Müll. Einfach
       so. Job erledigt. Tot.
       
       Es ist ein arborischer Weihnachtshorror, der viel zu wenig Aufmerksamkeit
       findet. Statt dessen vernebeln und übertünchen Politik, Verbände und Medien
       diese Barbarei mit einer groß angelegten Greenwashing-Kampagne: Der
       Massenmord an Bäumen sei nachhaltig und ökologisch verträglich, es sei im
       Gegenteil ein naturnahes Erlebnis für die ganze Familie. Es kommen
       weihnachtsbaumapologetische Infos, die sogar eingefleischte
       Konsumkritiker_innen weich werden lassen – aber tatsächlich in die Irre
       führen.
       
       „Weihnachtsbaum geht doch auch in Bio!“ – Ja, [2][Marktanteil derzeit 0,5
       Prozent]. „Man kann auch einen lebendigen Baum mieten.“ – Kann man, aber es
       ist [3][ökologisch auch bedenklich], weil das überheizte Weihnachtszimmer
       den Baum sehr irritiert. „Dann nehme ich halt einen Plastikbaum!“ – Das
       rechnet sich ökologisch je nach Quelle erst [4][nach acht Jahren] oder
       [5][nach 20 Jahren].
       
       Dabei sollte man sich allein mal die Zahl klarmachen. 27 Millionen,
       siebenundzwanzig Millionen, 27.000.000 Bäume werden acht bis zwölf Jahre
       herangezüchtet, meist in Monokulturen und mit Pestiziden besprüht, um dann
       zwei Wochen lang in muckelig warmen Buden ihrem endgültigen Ende entgegen
       zu siechen. Eine Baumleiche im Wohnzimmer, beladen mit Kerzen, Tand und
       Lametta.
       
       ## Das nächste Weihnachten kommt bestimmt
       
       27 Millionen Bäume, das ist Wald in einer Fläche von ca. 400
       Quadratkilometern, also 56.000 Fußballfelder, ungefähr halb so groß wie die
       Stadt Hamburg. Das ist natürlich sehr wenig im Vergleich zu der Zerstörung
       des Amazonas, angeblich wurden allein im Juli 2019 rund 2.500
       Quadratkilometer zerstört – und es ist im Gegensatz zum Regenwald auch kein
       verlorenes Gebiet, sondern wird brav wieder aufgeforstet (das nächste
       Weihnachten kommt bestimmt).
       
       Doch dieser Vergleich führt sowieso in die Irre: Anstatt mit dem Finger auf
       Brasilien oder Indonesien zu zeigen, sollten die Deutschen selbst
       nachdenken, wie sie diese Untat verhindern können, dieses nahezu sinnfreie
       Massaker an wehrlosen Lebewesen, die keiner Fliege etwas zuleide tun.
       
       Denn es geht auch anders! Bereits im vergangenen Jahr erörterte die taz am
       Wochenende [6][sechs umweltschonende Weihnachtsbaum-Alternativen], vom
       patenten Kleiderbügel-Drahtbaum bis zur pfiffigen Leitervariante. Und warum
       muss es ein sterbender Nadelbaum sein, der mit Lichtern behängt wird? In
       deutschen Haushalten stehen genug Grünpflanzen rum, denen sich ein
       Weihnachtsengel aufstecken ließe. Dafür müssen wirklich keine Tannen
       sterben.
       
       21 Dec 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.bvwe.de/aktuelles/weihnachtsbaumsaison-2018/
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malte Göbel
       
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