# taz.de -- Wenige Visa für Familiennachzug: Regierung lässt Familien warten
       
       > Geflüchtete, die Kinder oder Partner zu sich nach Deutschland holen
       > wollen, brauchen Geduld. Nicht mal 1.000 Anträge pro Monat werden
       > bearbeitet​.
       
 (IMG) Bild: In Lagern wie diesem auf Lesbos warten Tausende Geflüchtete, unter ihnen viele Minderjährige
       
       BERLIN taz | Die Bundesregierung schöpft ihre eigenen Vorgaben beim
       Familiennachzug von Flüchtlingen nicht aus. Im August 2019 haben die
       Visastellen der deutschen Botschaften nur 779 entsprechende Anträge zum
       Familiennachzug an die Ausländerbehörden übermittelt. Das geht aus zwei
       Anfragen der Linken-Abgeordneten Ulla Jelpke hervor, die der taz vorliegen.
       Schon im April und Juni sowie in allen Monaten seit August wurden demnach
       deutlich weniger als die versprochenen 1.000 Visa erteilt. Im Oktober waren
       es 834, im November 889.
       
       Ein zwischen Union und SPD ausgehandelter Kompromiss sah vor, dass nach
       zweijähriger Pause seit August 2018 [1][wieder monatlich bis zu 1.000
       Genehmigungen] zum Nachzug von Angehörigen von Flüchtlingen mit subsidiärem
       Schutz erteilt werden können. Die Regelung war vor allem für SyrerInnen in
       Griechenland gedacht, deren Eltern, Kinder oder Ehepartner in Deutschland
       sind. Dafür müssen die Angehörigen zunächst bei deutschen
       Auslandsvertretungen Anträge stellen, die erst dort und dann von den
       Ausländerbehörden in Deutschland geprüft werden.
       
       Die Entscheidung über die Visavergabe trifft schließlich das
       Bundesverwaltungsamt, die Botschaften und Konsulaten in den
       Herkunftsregionen setzen diese dann um. Das komplizierte Verfahren war nur
       schleppend angelaufen. Die Visastellen müssten eigentlich deutlich mehr als
       1.000 Anträge monatlich übermitteln, damit am Ende des komplexen Prozesses
       wenigstens die versprochenen 1.000 Visa erteilt werden können.
       
       Schon die „Kontingentierung des Menschenrechts auf Familienleben“ auf 1.000
       Visa pro Monat sei „inakzeptabel“ sagte Jelpke. Die SPD und das von ihr
       geführte Außenministerium stünden jetzt aber in der Pflicht, wenigstens das
       politisch Beschlossene in der Praxis auch umzusetzen. Wenn zuletzt weniger
       als 800 Anträge von den Visastellen übermittelt wurden, sei absehbar, dass
       die 1.000er Grenze auch künftig nicht erreicht werde, so Jelpke.
       
       Derweil mehren sich Stimmen, die eine Aufnahme unbegleiteter minderjähriger
       Flüchtlinge [2][aus den überfüllten Lagern in der Ägäis] fordern. Die
       Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD),
       forderte die neue EU-Kommission auf, „schnell einen neuen Anlauf zu einer
       fairen Verteilung“ der Flüchtlinge auf die EU-Staaten zu unternehmen. „Die
       griechische Regierung schlägt Alarm, die Flüchtlingszahlen auf den Inseln
       steigen“, sagte Kofler.
       
       Grünen-Chef Robert Habeck rief dazu auf, Menschen von dort nach Deutschland
       zu bringen. „Holt als erstes die Kinder raus“, sagte Habeck der Frankfurter
       Allgemeinen Sonntagszeitung. Auf den griechischen Inseln vor der türkischen
       Küste drängten sich etwa 4.000 Kinder, darunter „viele Mädchen, viele
       zerbrechliche kleine Menschen“. Da sei schnelle Hilfe ein Gebot der
       Humanität.
       
       Bundesländer wie Berlin und Thüringen hätten schon erklärt, dass sie zu
       einer Aufnahme bereit seien, ebenso die grüne Seite der Regierung von
       Baden-Württemberg und der niedersächsische SPD-Innenminister Boris
       Pistorius. Deutschland müsse auch handeln, wenn andere in der EU nicht
       mitmachten, betonte Habeck. „Es ziehen sowieso nie alle mit.“
       
       22 Dec 2019
       
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