# taz.de -- Flugzeugabsturz im Iran: Versehentlicher Raketenbeschuss?
       
       > Westliche Dienste gehen inzwischen fest davon aus, dass die ukrainische
       > Passagiermaschine im Iran abgeschossen wurde. Absicht unterstellt
       > niemand.
       
 (IMG) Bild: Kanada: Trauerwache für die Toten in Ottawa, Ontario, am Donnerstag
       
       TORONTO ap | Das im Iran abgestürzte ukrainische Passagierflugzeug ist nach
       Einschätzung von Kanadas Premierminister Justin Trudeau vermutlich
       abgeschossen worden. Es gebe Beweise, die auf eine iranische Rakete
       hindeuteten, sagte Trudeau am Donnerstag auf einer Pressekonferenz.
       Erkenntnisse kanadischer und anderer Geheimdienste stützen diese These.
       Möglicherweise sei der Abschuss ein Versehen gewesen.
       
       Ähnlich äußerten sich der britische Premier Boris Johnson und dessen
       australischer Kollege Scott Morrison. Im Weißen Haus ging auch US-Präsident
       Donald Trump von einer möglichen Verantwortung Irans aus. „Jemand auf der
       anderen Seite könnte einen Fehler gemacht haben“, sagte Trump. Das Flugzeug
       sei in einer „ziemlich rauen Umgebung“ unterwegs gewesen. Vier
       US-Regierungsvertreter vermuteten, dass der Passagierjet fälschlicherweise
       für eine Bedrohung gehalten worden sei.
       
       Beim [1][Absturz] der Maschine der Ukraine International Airlines nahe
       Teheran kamen in der Nacht zum Mittwoch alle 176 Insassen um, unter den
       Toten waren mindestens 63 Kanadier.
       
       Am Donnerstag [2][postete die New York Times ein Video] vom mutmaßlichen
       Raketeneinschlag an der Boing 737-800, das die Zeitung nach eigenen Angaben
       verifiziert hat. Zu sehen ist ein Objekt, das mit hohem Tempo aufsteigt,
       ehe es zu einer heftigen Explosion kommt. Ein Objekt, das offenbar Feuer
       gefangen hat, bewegt sich dann in eine andere Richtung.
       
       ## Iran lädt internationale Experten und Gutachter ein
       
       Iranische Stellen sprachen zunächst von einem technischen Defekt an der
       Maschine. Der Chef der Unfalluntersuchungsbehörde für die Zivilluftfahrt,
       Hassan Resaeifa, sagte nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Irna
       zudem, dass eine Rakete, Lenkwaffe oder ein Luftabwehrsystem als Ursache
       auszuschließen seien.
       
       In einem vorläufigen Bericht der ukrainischen Behörde für zivile Luftfahrt
       hieß es am Donnerstag unter Berufung auf iranische Ermittler, die Besatzung
       habe keinen Notruf abgesetzt. Augenzeugen, darunter die Crew eines anderen
       Flugzeugs, das in der Nähe geflogen sei, hätten berichtet, dass die Boeing
       vor dem Absturz von Feuer umhüllt gewesen sei.
       
       Der Flugdatenschreiber und der Stimmrekorder mit Aufnahmen der im Cockpit
       geführten Gespräche seien gefunden worden. Sie seien allerdings beschädigt
       und ihre Daten teilweise zerstört.
       
       Inzwischen läuft eine internationale Untersuchung zum Absturz an. Der Iran
       will neben US-amerikanischen, kanadischen und ukrainischen Experten auch
       Gutachter von Flugzeugbauer Boeing einbinden. Auch Fachleute aus anderen
       Ländern, deren Staatsbürger umkamen, dürften sich beteiligen, berichtete
       die amtliche Nachrichtenagentur Irna unter Berufung auf Außenamtssprecher
       Abbas Musawi.
       
       ## Zurückhaltung auf allen Seiten
       
       Die US-Behörde für Transportsicherheit NTSB reagierte verhalten auf die
       Einladung aus Teheran. Man wolle zunächst den Umfang einer Einbindung in
       die Untersuchung prüfen, teilte sie mit. Hintergrund sind offenbar die
       US-Sanktionen gegen den Iran, die die Rolle der NTSB einschränken dürften.
       
       Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenski sagte, sein iranischer Kollege
       Hassan Rohani habe ihm versichert, dass Teheran ukrainischen Ermittlern
       Zugang zu allen nötigen Daten verschaffen werde.
       
       Sollten sich die Hinweise auf einen Abschuss erhärten, könnte dies einen
       weiteren Schatten auf den Konflikt zwischen den USA und dem Iran werfen.
       Kurz vor der Katastrophe hatte Teheran zwei auch von US-amerikanischen
       Truppen genutzte Stützpunkte im Irak mit Raketen beschossen, um die
       gezielte Tötung des Generals Qasim Soleimani durch einen US-Drohnenangriff
       zu rächen. Für die USA gingen die iranischen Raketenangriffe nach Angaben
       des Pentagons glimpflich aus, Opfer gab es demnach nicht zu beklagen.
       
       Kanadas Premier Trudeau schreckte davor zurück, den Flugzeugabsturz als
       Folge der US-Militäraktion gegen Soleimani zu werten. Es sei noch zu früh
       für Schlussfolgerungen oder Schuldzuweisungen, sagte er vor Reportern. Doch
       würde ein versehentlicher Abschuss durch eine Rakete die Trauer vieler
       Menschen verschlimmern.
       
       10 Jan 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Flugzeugabsturz-in-Iran/!5651370
 (DIR) [2] https://www.nytimes.com/2020/01/09/video/iran-plane-missile.html
       
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