# taz.de -- Linke und Klimaschutz: Fraktion sucht Klimakonsens
       
       > Die Linke hat lange über ihren Klimaaktionsplan diskutiert. Heute will
       > die Fraktion auch die strittigen Punkte ausräumen: Energie und Verkehr.
       
 (IMG) Bild: Kurzstrecke verbieten? Die Linke will nun doch lieber erst mal die Bahn attraktiver machen
       
       Sollen Kurzstreckenflüge verboten werden? Und Verbrennungsmotoren
       ebenfalls? Seit November ringt die Linke im Bundestag um ihre Haltung zum
       Thema Klimaschutz. Diese ist einem über 80-seitigen Klimaaktionsplan
       detailliert niedergeschrieben. Den Großteil des Plans hatte die Fraktion
       bereits [1][auf ihrer Klausur Anfang Januar] beschlossen. Doch zwei Kapitel
       blieben offen: Jene zum Verkehr und zur Energie. Die beiden strittigen
       Kapitel wollen die GenossInnen nun auf ihrer Sitzung am Dienstagnachmittag
       abschließend beraten und verabschieden. Wie die taz erfuhr, stehen die
       Chancen dafür gut.
       
       In der Fraktion standen sich zwei Gruppen zunächst diametral gegenüber: Die
       ÖkopolitikerInnen um Lorenz Gösta Beutin und Sabine Leidig, die einen
       radikalen Umstieg auf Nahverkehr und klimafreundliche Energie fordern. Auf
       der anderen Seite die ArbeitnehmervertreterInnen, repräsentiert durch den
       wirtschaftspolitischen Sprecher und IG-Metaller Klaus Ernst. Sie warnten
       vor einem Verlust von gutbezahlten Arbeitsplätzen in der
       Automobilindustrie. Keine triviale Auseinandersetzung für die Linke, spielt
       sie doch vor der strategischen Frage, welche WählerInnen die Linke künftig
       noch anspricht: Dieselfahrer mit Faible für Nackensteaks oder vegan lebende
       GroßstädterInnen mit Lastenrad.
       
       Wie aus den der taz vorliegenden Kompromissvorschlägen hervorgeht, haben
       sich die streitenden Gruppen in der Fraktion, intern auch als Dinos und
       Ökos gelabelt, offenbar angenähert. So ist im Kompromisspapier nicht mehr
       von einem „Verbot von Kurzstreckenflügen“ die Rede. Stattdessen heißt es,
       die Bahn solle so attraktiv werden, dass Kurzstreckenflüge nicht mehr
       notwendig würden. Damit hätte sich Ernst durchgesetzt, der in der taz
       Anfang Januar davon gesprochen hatte, er wolle [2][beim Fliegen keine
       Verbote], sondern bessere Alternativen.
       
       Vom totalen Aus für Verbrennungsmotoren ab 2030 wollen die Linken ebenfalls
       ein Stückchen abrücken. Im Kompromisspapier heißt es stattdessen, man
       fordere ein Verbot der Erstzulassung von „fossilen“ Verbrennungsmotoren.
       Ebenfalls ab 2030, doch das lässt die Möglichkeit offen, dass man einen
       Umstieg auf synthetische Kraftstoffe für Verbrennungsmotoren, wie ihn die
       Industrie propagiert, künftig hinnimmt.
       
       ## Weiter Zoff um Nord Stream 2
       
       Vollständig gestrichen sind Passagen im Kompromisspapier, in denen die
       Linke fordert, auf jegliche Förderung des Autobesitzes zu verzichten, seien
       es Boni für die Anschaffung von Elektroautos oder eine öffentliche
       Ladeinfrastruktur.
       
       Beim Thema Energie ist man sich zwar einig, dass Deutschland bis 2030 aus
       der Kohle aussteigen sollte. Strittig ist immer noch die Frage, wie man
       diesen Ausstieg energetisch überbrückt und welche Rolle dabei Erdgas aus
       Russland spielen sollte. Die traditionell russlandfreundlichen Teile der
       Linken stehen zur fast vollendeten Erdgastrasse Nord Stream 2. Die
       KlimapolitikerInnen argumentieren, wolle man die Klimaschutzziele erfüllen,
       werde das Gas nicht gebraucht.
       
       Trotz dieses Knackpunkts stehen die Zeichen jedoch auf Konsens.
       Energiepolitiker Beutin lobte bereits die Debatte: „Wird der Klimaplan
       beschlossen, kann die Linksfraktion wirklich stolz auf diesen Klimakonsens
       sein, der durch eine breite interne Debatte möglich wurde und an dem sich
       eine große Mehrheit der Fraktionsmitglieder aktiv beteiligt hat“, so Beutin
       zur taz. Es sei bemerkenswert, wenn sich die Gesamtfraktion auf einen
       90-Seiten-Katalog zu Klima-Forderungen in allen Bereichen der Gesellschaft
       einige.
       
       ## Internes Lob für Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali
       
       In den Wochen zuvor gab es in der Fraktion durchaus Befürchtungen, die
       Klimadebatte könnte sich zu einem neuen Migrationsstreit innerhalb der
       Linken entwickeln. Die Auseinandersetzungen um dieses Thema hatte Partei
       und Fraktion seit 2017 gelähmt und ihr Spitzenpersonal beschädigt. Der
       Streit war nämlich zunehmend auch als Machtkampf zwischen der ehemaligen
       Fraktionsvorsitzenden [3][Sahra Wagenknecht] und der Parteivorsitzenden
       Katja Kipping ausgetragen worden.
       
       Dass die Linke beim Klima nun auf einen Konsens zusteuert, dürfte daher
       auch als Verdienst der neuen Fraktionsvorsitzenden Amira Mohamed Ali
       gelten. Aus der Fraktion hieß es jedenfalls, sie habe die Debatte gut
       moderiert und die Lager zusammengebracht.
       
       28 Jan 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Lehmann
       
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