# taz.de -- Immobilien-Firma enttarnt: Ein Hai namens Gabriel
       
       > Neuer Kandidat für Enteignungen: Der bislang unbekannte britische
       > Immobilienriese Gabriel International besitzt offenbar 3.000 Wohnungen in
       > Berlin.
       
 (IMG) Bild: Neues Raubtier der Gattung öffentlichkeitsscheuer Großvermieter entdeckt: Gabriel International
       
       BERLIN taz | Neue Raubtierart im [1][Berliner Haifischbecken] entdeckt:
       Nach Informationen der taz liegt ein weiteres Immobilienunternehmen über
       der [2][Enteignungsgrenze] von 3.000 Wohnungen. Sein Name: Gabriel
       International. Recherchen der taz bestätigen Hinweise eines Mieters, der
       nach missbräuchlicher Praxis und fragwürdigen Vertragskonditionen seiner
       Hausverwaltung Stadthaus hinterherforschte und schließlich im englischen
       Handelsregister Belege für dessen umfassenden Immobilienbesitz von 300
       Häusern in Berlin gefunden hat.
       
       Die aktuellen Geschäftsberichte dreier offenkundig zusammenhängender
       Unternehmen liegen der taz vor. Sie tragen alle „Gabriel International“ im
       Namen, firmieren unter derselben Adresse in London und agieren mit
       denselben Geschäftsführer:innen. Laut Dokumenten aus dem englischen
       Handelsregister beträgt der Gesamtwert der Häuser knapp eine Milliarde Euro
       – was einen erheblichen Einfluss auf den [3][Berliner Immobilienmarkt]
       nahelegen würde. Der operative Gewinn im Jahr 2018 betrug laut
       Geschäftsberichten über 10 Millionen Euro und ergibt sich aus Gewerbe- und
       Wohnungsvermietungen in Berlin.
       
       Bei vorsichtiger Schätzung könnte man davon ausgehen, dass Gabriel
       International mindestens 3.000 Wohnungen in Berlin besitzt, vermutlich
       sogar mehr. Das ergibt sich aus den der taz vorliegenden
       Grundschuldeintragungen zur Kreditaufnahme von Gabriel International. In
       den Dokumenten aus den Jahren 2016 bis 2019 finden sich Auszüge von
       ansonsten nicht öffentlichen Grundbucheintragungen: Dort tauchen rund 300
       Berliner Adressen als Eigentum von Gabriel International auf. Die
       Immobilien liegen überwiegend in Gegenden mit Mehrfamilienhäusern. Geht man
       von zehn Wohnungen pro Adresse aus, landet man bei 3.000 Wohnungen – wobei
       die meisten Mehrfamilienhäuser deutlich mehr Wohnungen aufweisen.
       
       Damit läge das Unternehmen über der Grenze des mietenpolitischen
       [4][Volksbegehrens Deutsche Wohnen und Co. enteignen]. Das fordert nach
       Mietsteigerungen und Verdrängungsprozessen die Vergesellschaftung von
       großen Wohnungsunternehmen. Das Anliegen der Initiative hat die erste Hürde
       auf dem Weg zum Volksentscheid mit 77.000 Unterschriften [5][souverän
       genommen] und liegt zur Rechtsprüfung bei der Innenverwaltung. Bisher
       kommen neben Berlins größtem Vermieter, der Deutschen Wohnen, neun weitere
       Unternehmen über der im Begehren formulierten Grenze von 3.000 Wohnungen.
       
       ## Für Abzocke berüchtigt
       
       Nicht unwahrscheinlich ist, dass viele Berliner:innen Gabriel International
       bereits unter anderem Namen kennen gelernt haben: Um die Hausverwaltung des
       Eigentümers kümmert sich die [6][als rein profitorientierte
       vermieterberüchtigte] Stadthaus Verwaltungsgesellschaft mbH. Hinweise auf
       den richtigen Eigentümer finden sich erst auf Kautionsbelegen des
       Hausverwalters. Ein entsprechendes Standardformular liegt der taz vor. Dort
       tritt als Eigentümer Gabriel International auf.
       
       Auch die für Abzocke berüchtigte Hausverwaltung GMRE (Gabriel Management
       GmbH) ist in Stadthaus aufgegangen: Im Handelsregister war für GMRE zuletzt
       als einziger vollberechtigter Prokurist ein [7][Peter-Dany Atieh]
       eingetragen – der ist laut Handelsregisterauszug ebenfalls alleiniger
       Geschäftsführer von Stadthaus. Auch tritt Atieh als Prokurist und
       Geschäftsführer für drei Firmen für Handwerker- und Hausmeistertätigkeiten
       auf. Alle diese Firmen teilen sich zudem eine Adresse: die Franklinstraße
       28/29 in Charlottenburg.
       
       Durch eine mögliche Umbenennung von GMRE in Stadthaus haben die
       [8][Probleme von Mieter:innen] nicht nachgelassen, wie auch erschreckend
       schlechte Google-Bewertungen nahelegen. Tenor: hohe Staffelmiete,
       fragwürdige Mietverträge, schlechte bis keine Instandhaltungen und
       Reparaturen sowie zu hohe Betriebskostenabrechnungen.
       
       Während GMRE selbst 2008 noch angegeben hat, 3.000 Wohnungen in Berlin zu
       verwalten, dürfte die Anzahl der verwalteten Wohnungen seitdem also nicht
       gerade gesunken sein. Aktuell hat Stadthaus 64 Angebote auf dem
       Wohnungsportal Immoscout gelistet. Die Adressen finden sich auch auf den
       Listen im englischen Handelsregister – diese dürften also authentisch und
       aktuell sein. Zum Verkauf bietet Stadthaus auf seiner Website derzeit keine
       Immobilien an. Schriftliche und telefonische Anfragen an Stadthaus zum
       Umfang des Immobilienbestands blieben unbeantwortet.
       
       Der Fall zeigt, wie intransparent und wildwüchsig der Berliner
       Wohnungsmarkt ist. Welche Firmen eigentlich wie viele Wohnungen besitzen,
       kaufen oder mit Flächen spekulieren, ist unklar. Grundbucheinträge sind
       nicht öffentlich und können dabei sogar in die Irre führen. Einige Firmen
       gründen etwa für wenige Häuser eine eigene GmbH, um die Zusammengehörigkeit
       größerer Bestände zu verschleiern und Grunderwerbsteuern zu sparen.
       
       Auch der Senat weiß nicht genau, wem eigentlich die Häuser gehören, in
       denen alle wohnen. So ploppte vor anderthalb Jahren etwa plötzlich der
       Großvermieter Pears Global auf, nachdem [9][das Kneipenkollektiv Syndikat]
       nach einem gekündigten Mietvertrag auf der Suche nach ihrem wahren
       Eigentümer ein [10][kompliziertes Immobilien- und Firmengeflecht] mit Sitz
       auf den Jungferninseln und Eigentümern in Großbritannien enttarnte. Gabriel
       International ist nun der nächste Player, der durch einen engagierten
       Mieter enttarnt wird.
       
       Das Volksbegehren Deutschen Wohnen und Co enteignen fordert deshalb mehr
       Transparenz für Grundbesitz. Sprecherin Susanna Raab sagt: „Das bisherige
       Grundbuchsystem ist unzureichend und intransparent. Wir brauchen endlich
       ein öffentliches Kataster, in dem verzeichnet ist, wem die Häuser und
       Grundstücke gehören.“ So entstünde auch eine Übersicht, welche Bestände
       vergesellschaftet werden würden. Der Mieter, der die taz auf Gabriel
       International hinwies, sagt: „Ab heute heißt es auch: Gabriel International
       enteignen!“
       
       17 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [4] /Berliner-Mietmarkt/!5583189
 (DIR) [5] /Volksbegehren-zur-Deutsche-Wohnen/!5600293
 (DIR) [6] https://www.google.com/search?client=firefox-b-e&q=stadhaus+verwaltungs+mbh#lrd=0x47a851c11c89e463
 (DIR) [7] https://www.northdata.de/Atieh,+Peter-Dany,+Berlin/a2w
 (DIR) [8] /Wohnungsmarkt-in-Berlin/!5302706
 (DIR) [9] /Linke-Kneipe-enttarnt-Immobilienriesen/!5548679
 (DIR) [10] https://correctiv.org/aktuelles/wem-gehoert-berlin/2019/05/31/pears-recherche-immobilien-berlin
       
       ## AUTOREN
       
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