# taz.de -- Rapperin in Saudi-Arabien: „Mecca-Girl“ soll ins Gefängnis
       
       > Die Künstlerin Asayel rappt am heiligen Pilgerort und wird dafür
       > angefeindet. Die Debatte offenbart auch die Heuchelei des saudischen
       > Regimes.
       
 (IMG) Bild: Asayel rappt in dem Musikvideo „Mecca Girl“
       
       KAIRO taz | „Mecca Girl“ ist der Titel eines Musikvideos, das derzeit in
       Saudi-Arabien Furore macht. Denn die saudische Rapperin namens Asayel, die
       es produziert hat, soll verhaftet werden. Eine junge Frau, die am
       heiligsten Pilgerort der Muslime rappt, das gehört sich scheinbar nicht –
       auch wenn sich der eigentliche Regent und Kronprinz Mohammed bin Salman mit
       seinen gesellschaftlichen Reformen brüstet, etwa der [1][Aufhebung des
       Fahrverbotes für Frauen].
       
       „Alles was du brauchst, ist ein Mecca-Girl. Verärgere sie nicht, denn sie
       kann dir wehtun“, rappt Asayel. „Wir respektieren andere Mädchen, aber das
       Mecca-Girl ist so süß wie ein Bonbon“. Im Hintergrund tanzen ein paar
       lächelnde Jugendliche und Kinder. Das Ganze ist in einer Cafeteria
       aufgenommen und wirkt ziemlich unschuldig.
       
       Für den Gouverneur von Mekka, Prinz Khalid Bin Faisal, stellt das Video
       allerdings eine Ungehörigkeit dar. Er erklärte in einem Tweet, dass er die
       Verhaftung von Asayel und allen, die hinter dem Musikvideo stecken,
       angeordnet hat. Dieses Lied verletze die Traditionen und Gefühle der
       Menschen in Mekka.
       
       Daraufhin brach auf den sozialen Medien in Saudi-Arabien eine Debatte über
       das Lied und Sinn und Unsinn dieses Haftbefehls aus. Über den Hashtag
       [2][#You_Are_Not_Mecca's_Girls] lassen sich die Gegner der Rapperin aus.
       „Dieses Lied ist eine Provokation und am schlimmsten sind die nutzlosen
       Tanzszenen“, schreibt eine Nutzerin.
       
       ## Heuchelei der saudischen Behörden
       
       Dabei geht es nicht nur darum, dass der Rap-Song nicht ins heilige Mekka
       passe. Rassistische Tweets kommentieren die dunkle Hautfarbe der Rapperin.
       Ein Twitter-Nutzer spöttelt über die rassistischen Töne: „Einige sagen,
       dass sie schwarz ist und daher nicht aus Mekka stammen kann, als ob die
       Frauen aus Mekka für ihre blonden Haare und blauen Augen bekannt wären“.
       
       Unter dem Hashtag [3][#Mecca_Girl_Represents_me] verteidigen viele Tweets
       die Rapperin vehement: „Es ist nur ein Rap-Song, er beinhaltet keine
       Obszönität und keine pornografische Szene. Es wird kein Haschisch geraucht
       und die Rapperin trägt ein Kopftuch.“
       
       Viele greifen auch die Heuchelei der saudischen Behörden an. „Das ist so
       typisch für die saudische Regierung, sie lädt westliche Prominente ein, um
       das Regime künstlich reinzuwaschen, und greift dann die eigene Frauen an,
       die versuchen, ihre kulturelle Identität zum Ausdruck zu bringen“,
       [4][twittert Amani Al-Ahmadi], die sich als [5][saudisch-amerikanische
       Feministin] beschreibt.
       
       Damit legt sie den Finger direkt in eine Wunde. Denn tatsächlich hat der
       Kronprinz bin Salman kürzlich ausländische Künstler wie Mariah Carey, Nicki
       Minaj und BTS eingeladen, in Saudi-Arabien aufzutreten. Nicky Minaj nahm
       die Einladung allerdings nicht an, mit dem Argument, dass das nicht mit
       ihrer Unterstützung für Frauen- und LGBTI-Rechte einhergehe.
       
       ## „Jidda Girl“ rächt „Mecca Girl“
       
       Übrigens existieren durchaus viele andere in Mekka gedrehte [6][Musikvideos
       von saudischen, männlichen Rappern]. Auch der Clip einer Frau hatte sich
       2018 wie ein Lauffeuer im Land verbreitet. Darin besingt eine Rapperin
       namens Leesa die Aufhebung des Fahrverbots für Frauen und damit eine der
       Reformen bin Salmans – offenbar ohne mit den Behörden in Konflikt zu
       geraten.
       
       Die wohl frechste Antwort auf die angekündigte Verhaftung Asayels kam nicht
       weit von Mekka entfernt aus der größten saudischen Hafenstadt Jidda am
       Roten Meer. Dort hat eine andere saudische Rapperin namens Bayan Omar auf
       Twitter jetzt ihren eigenen Song veröffentlicht, mit dem Titel
       „Jidda-Girl“.
       
       24 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Frauenrechtler-in-Saudi-Arabien/!5510226
 (DIR) [2] https://twitter.com/search?q=%23You_Are_Not_Mecca%27s_Girls&src=typed_query
 (DIR) [3] https://twitter.com/search?q=%23Mecca_Girl_Represents_me&src=typed_query
 (DIR) [4] https://twitter.com/amani_aal/status/1231696170310762496
 (DIR) [5] /metoo-auf-Arabisch/!5643549
 (DIR) [6] /HipHop-in-Saudi-Arabien/!5229159
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karim El-Gawhary
       
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