# taz.de -- Fans und Fußballer trotzen Corona: Der ausgefallene Ball
       
       > Der Spielbetrieb ist ausgesetzt, in Zeiten des C-Worts ist Kompensation
       > angesagt. Die Fanszene im Fußball zeigt sich aktiv und kreativ.
       
 (IMG) Bild: So sieht er aus, der Fußball der Gegenwart (Stand vom Sonntag, 22. März)
       
       So lange ist es noch gar nicht her, dass man dachte, es handele sich bei
       der jetzigen im Grunde genommen wieder bloß um eine dieser
       Bundesliga-Saisons, die mit einer Meisterschaft für Bayern München und dem
       Abstieg des einen oder anderen netten Vereins enden.
       
       Vielleicht liegt es an dieser relativen Nichtunterhaltsamkeit der Liga.
       Oder daran, dass Menschen, die sich Sorgen um ältere oder vorerkrankte
       Verwandte oder Freunde, Arbeitsplätze und die Bewältigung des Alltags in
       Zeiten von Corona machen, nicht mehr viel freien Kapazitäten für großen
       Gram über ausgefallene Fußballspiele haben: Dass nun bis auf Weiteres kein
       Ligabetrieb mehr stattfinden wird und niemand weiß, wann und ob die
       Spielzeit 2019/20 fortgeführt wird, bereitet den Vereinen offenkundig mehr
       Sorgen als den Fans.
       
       „Unsere Kurve“, ein Zusammenschluss von Fans verschiedener Erst- und
       Zweitligaklubs, veröffentlichte jedenfalls schon am 13. März ein Statement,
       in dem das „Festhalten am Spielbetrieb“ als „verantwortungslos“ bezeichnet
       wurde. Man hoffe vielmehr „auf ein Einsehen der Offiziellen, Rechteinhaber,
       weiterer beteiligter Interessensgruppen und der zuständigen Behörden, dass
       eine sofortige Absetzung des Spielbetriebs alternativlos ist“. Auch „Baff“,
       das Bündnis aktiver Fußballfans, war nicht fürs Weiterspielen; auf Facebook
       verbreitete man zudem eine Mitteilung des FSE, in der die Verschiebung der
       Europameisterschaft auf den Sommer 2021 ausdrücklich begrüßt wurde.
       
       Fans des SV Darmstadt 98 entwarfen Soli-Transparente, die sie an
       Supermärkten und Pflegeeinrichtungen präsentierten, der SV Wehen Wiesbaden
       und die Fangruppe „Supremus Dilectico“ bieten Einkaufshilfe für Menschen,
       die Risikogruppen angehören. Frankfurter Ultras bitten um Spenden für die
       Frankfurter Tafel – und die Anhänger des finanziell bedrohten Klubs Kickers
       Offenbach helfen ihrem Verein, indem sie Geistertickets für ein Spiel, das
       nicht gespielt wird, kaufen. Das Bündnis „Südtribüne Dortmund“ versucht,
       Hilfebedürftige nicht nur im Internet zu erreichen, sondern verteilt Flyer
       mit Unterstützungsangeboten auch in Supermärkten, Arztpraxen und Apotheken
       – mit Kevin Großkreutz macht bei dem Projekt sogar ein Ex-Nationalspieler
       mit.
       
       ## Kick out Corona
       
       „Kumpelkisten“ werden dagegen in Gelsenkirchen angeboten, sie sollen
       Menschen in Quarantäne, aber auch medizinischem Personal eine
       Grundversorgung mit Lebensmitteln ermöglichen.
       
       In fast jeder Stadt gibt es solche Angebote von Fußballfans mittlerweile.
       Unter dem Motto „Kick out Corona“ versucht „[1][BBAG e. V. – KickIn!]“, die
       in Bielefeld ansässige Beratungsstelle Inklusion im Fußball, die
       Hilfsangebote der Anhänger zu bündeln. So ganz ohne Fußball geht es aber
       natürlich nicht, zur üblichen Anpfiffszeit am Samstag versammelten sich auf
       Twitter und ähnlichen sozialen Plattformen wehmütige Fans, die wild darüber
       spekulierten, wie großartig ihr Verein an diesem Tag doch ganz bestimmt
       gewonnen hätte.
       
       Oder virtuell Fußball spielen und sich dabei fast so sehr aufregen wie zu
       den Zeiten, als noch im wirklichen Leben gekickt wurde. Besonders beliebt
       ist derzeit [2][Pongis], ein vorbildlich simples Fußballspiel, bei dem
       niedliche kleine Knubbels gegeneinander kicken und der eigene natürlich
       immer alles falsch macht.
       
       Bei manchen Fußballfans liegen die sprichwörtlichen Nerven aber auch
       einfach bloß blank, wie bei einem Twitter-User, der eine Frau, die ein
       zurzeit in der nichtkickeraffinen Community sehr beliebtes populistisches
       Meme gepostet hatte, grob beschimpfte. In dem Meme heißt es auf Englisch
       und faktisch nicht zutreffend, Fußballer würden monatlich 1 Million Euro
       bekommen, Wissenschaftler dagegen nur 1.800 Euro. Nun, wo die Welt auf der
       Suche nach einem Mittel gegen Corona sei, bleibe da nur ein Rat: „Tja, dann
       geht halt zu Cristiano Ronaldo oder Messi.“ Sie sei eine „empathielose
       F****“, schrieb der User, der von anderen, zweifellos ebenfalls unter einem
       massiven Mangel an Fußball und Manieren leidenden Männern überraschend
       wenig Gegenwind bekam.
       
       23 Mar 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://inklusion-fussball.de/
 (DIR) [2] http://www.pongis.com
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Elke Wittich
       
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